Safran

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Die roten Fäden der violetten Krokusblüte gelten als das teuerste Gewürz der Welt. Um ein Gramm Safran zu ernten, arbeitet eine Pflückerin rund dreieinhalb Stunden. Für ein Kilo Safran benötigt es etwa zweihunderttausend Blüten. Das rote Gewürz, das beim Kontakt mit Wasser gelb wird und den unverwechselbaren, exotischen Geruch verbreitet, benötigt viel Pflege und noch mehr Arbeit.

Ein Safran-Tee unter dem Schattendach bei Christine Ferrari, danach eine Tajine - natürlich mit Safran - und ein Dessert; das sollte man sich nicht entgehen lassen. Die ausgewanderte Schweizerin hat auf einem Stück Land unweit von Marrakech, in Ourika, eine wahre Oase aufgebaut; mit Durchhaltevermögen und dem Glauben daran, dass sie es schaffen kann. 

Ihre spannende Geschichte hat sie in einem Buch aufgeschrieben, das sich zu lesen lohnt. Christine ist eine freundliche, lebensfrohe Frau, die uns liebevoll umsorgt. Wir können den Aufenthalt im Paradis du Safran mit allen Sinnen genießen. Zwei Pfaue schreien dann und wann, als ich durch den Garten schlendere; rieche und taste.

Der Barfußweg ist ein besonderes Erlebnis. Obwohl ich sehen kann, worauf ich gehe, bin ich dennoch oft überrascht, wie es sich unter meinen Füßen anfühlt. Kitzeln, stechen, kratzen, wärmen, kühlen, samtweich, steinhart - eine kleine Sinnesreise, die am Ende in einem Wechselbad der Blütenwasser endet. Wellness kann so schön sein.

Frisch erholt und geerdet setze ich mich dann an den Tisch, diskutiere mit Christine bei einem Glas Tee über ihre Plantage, die Schwierigkeiten und die Lösungen. Ich erfahre sehr viel über Safran, seine heilende Wirkung und wie man Fälschungen von echtem Safran unterscheiden kann. Weil Safran sehr teuer ist, gibt es logisch auch Betrug. Wenn man nicht aufpasst, kauft man unter Umständen sogar Papier, getrocknete Fleischfäden, Haare oder Plastik. Safran muss immer dunkel gelagert werden. Wenn ich ihn also an einem Marktstand, in der prallen Sonne ausgestellt sehe, dann handelt es sich entweder um eine sehr mindere Qualität oder um Fälschungen.

Ich kenne bisher nur Rezepte mit Reis oder Couscous. Eingelegte Zucchetti mit Safran kenne ich aus Italien. Dann ist aber schon bald fertig. Meine Geschmacksknospen jubeln, als der Tee an ihnen vorüberperlt. Würzig-süß, erfrischend und belebend. Auch beim Dessert hört man ausser dem Kratzen des Löffelchens und einem überzeugenden "Mmmh" nichts. Die Tajine ist ebenfalls herrlich ausgewogen gewürzt; die Köchinnen beherrschen ihr Fach. Hier muss man übrigens keine Angst haben, wenn man das servierte Essen nicht schafft. Nichts wird weggeworfen. Alles wird wiederverwertet; notfalls auch zu Tierfutter weiterverarbeitet - die Esel kriegen wohl nebst ihrem Heu auch sehr leckere Mahlzeiten.

Als ich Christine erzähle, dass ich Bücher schreibe, schlägt sie mir spontan einen Deal vor: Sie schenkt mir ihr Buch und ich schicke ihr meines, wenn ich wieder in der Schweiz bin. Das berührt mich sehr, ich bin gespannt auf ihr Feedback.

Das Paradis du Safran ist im Frühling eher ein brach wirkendes Stück Land, zumindest der Plantagen-Teil. Aber die Berge des Atlas am Horizont sind schon beeindruckend. Die violetten Blüten werden im Sommer sprießen und im Herbst wird dann geerntet. Jetzt sieht es aus wie ein Acker, auf welchem irgendwann eventuell etwas gepflanzt wird; doch die Knollen warten im Boden auf die richtige Zeit, um neue Blüten hervorzubringen. Safranknollen bleiben mehrere Jahre im Erdreich, bis sie dann zu schwächeln beginnen und ersetzt werden müssen. Rund sechshunderttausend davon sind auf dem Acker verteilt. Ich würde das sehr gerne einst im Herbst sehen.

Damit die Besucherinnen und Besucher auch im Rest des Jahres etwas erleben können, hat Christine einen Geruchs- und Geschmacksgarten angelegt. Dort findet man seltene Zitruspflanzen, allerlei Gewürze und sogar einen Arganbaum. Das erstaunt mich, denn ich habe mir sagen lassen, dass diese Bäume nicht verpflanzt und auch nicht vermehrt werden können. Sie wachsen, wo sie das wollen und basta. Dieser hier wäre schon echt zufällig genau da gewachsen - oder Christine hat die Anlage einfach um ihn herum gebaut; ich habe sie das nicht gefragt.

Argan-Öl ist ebenfalls sehr selten, sehr gesund und entsprechend teuer. Der Baum ist noch recht klein, wenn ich mit Bildern von alten Bäumen vergleiche. Es ist ein sehr schöner Baum mit lustig geformten Blättern, die aussehen wie kleine Zungen. Arganöl wird vor allem für die Hautpflege und die Kosmetik sehr geschätzt. Es kann aber auch in der Küche verwendet werden, wobei es dort deutlich weniger gesunde Eigenschaften hat als Olivenöl. Für Seifen und Massageöle allerdings eignet es sich sehr gut und hat eine hautreinigende Wirkung.

Unser Besuch im Safran-Paradies ist viel zu schnell vorüber. Wir verabschieden uns von Christine mit dem Versprechen, einander zu schreiben. Ich hoffe, euch hat der kleine Einblick hier gefallen.

 Ich hoffe, euch hat der kleine Einblick hier gefallen

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Der Tisch für das Safran-Menü; © Bruno Heter, 2024

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Safran; © paradis-du-safran.com

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