„Ich hoffe, es schmeckt.", grinste ich noch, ehe mir jeder seinen Teller hinhielt und ich eben jene mit Nudeln und Soße füllte.
„Schmeckt lecker.", lächelte Vivi mir zu und zerkaute die Nudeln in ihrem Mund.
„Danke.", ein wenig stolz grinste ich, weil ich sonst eine einzige Niete in Sachen Kochen war und das heute eine hoffentliche Ausnahme blieb.
„Wie alt bist du eigentlich?", schmatzte Bill mit vollem Mund, was mich sofort in meinem Essen innehalten und zu Tom gucken ließ; sofort erwiderte er meinen Blick. Ein wenig verschämt sah ich auf meinen Teller und stocherte in den Nudeln rum. Was Vivi jetzt von Bill denken musste? Dass er seine Nudeln nicht in Einzelteilen auf dem ganzen Tisch verteilt hatte, war nämlich echt ein Wunder.
„Ich bin 19.", antwortete sie ihm kurz und knapp mit einem leichten Grinsen auf den Lippen und steckte sich die nächste Gabel in den Mund.
Ich hatte das Gefühl, dass das Gespräch nicht wirklich ins Rollen kam, da die Schüchternheit dann doch von beiden Seiten mehr als siegte, und ausfragen, ob sie noch zur Schule ging, arbeitete, was ihre Hobbys waren und wo sie herkam, wollte ich sie auch nicht; da würde ich mir an ihrer Stelle wahrscheinlich selbst komisch vorkommen.
Ich wusste nicht wie, doch irgendwie überbrückten wir das Essen mit verhältnismäßig wenig Schweigen, da die Jungs kaum ihren Mund stillhalten konnten. Ab und an warfen Vivi und ich uns vielsagende Blicke zu, oder lachten über einige Sprüche oder Diskussionen der Zwillinge.
„Ich bin satt.", seufzte Tom und lehnte sich zurück in den Stuhl. Einen Arm legte er auf die Lehne von Vivis Stuhl und sah sie an. „Auch satt?"
„Und wie!", stöhnte sie und klopfte sich einmal auf den Bauch. „Ich fühle mich mindestens zehn Kilo schwerer."
„Man sieht's.", grinste Tom sie an und zwickte sie in die Seite. Grinsend besah ich mir das ganze, während ich aufstand und die Teller aufeinander packte.
„Warte, ich helfe dir.", mischte Vivi sich auch schon ein, schob ihren Stuhl zurück und kam mit den beiden Töpfen hinter mir her in die Küche.
„Es war echt wirklich lecker.", beteuerte sie mir nochmal, als sie die Töpfe auf der Anrichte abgestellt hatte und mir einen Teller nach dem anderen anreichte, damit ich sie in die Spülmaschine räumen konnte.
„Danke, danke, danke.", kicherte ich, worauf kurzes Schweigen herrschte. Man konnte unseren leisen Atem hören, da die Jungs sich auch nicht gerade laut unterhielten und sich schon längst im Wohnzimmer befanden, was noch um einiges weiter von der Küche entfernt war, sodass man auf jeden Fall seine Ruhe hatte, wenn man sich in den beiden Bereichen des großen Raumes befand.
„Du, kann ich dich mal was fragen?", durchbrach Vivi plötzlich die Stille, als ich den Geschirrspüler schloss und mich gegen die Arbeitsplatte lehnte.
„Klar.", nickte ich lächelnd.
„Seid du und Bill...also seid ihr zusammen?", die Frage ließ mich fast an meinem letzten Schluck Wasser ersticken, weswegen ich in einen fürchterlichen Hustenanfall verfiel.
„Ähm, sorry...", überfordert und entschuldigend sah sie mich an und klopfte mir sachte, aber bestimmt, auf meinen Rücken.
„Kein Problem, nur ein bisschen verschluckt.", beruhigte ich sie mit einer abwinkenden Geste und stellte mein Glas ab. „Also, ehrlich gesagt: Keine Ahnung.", ein wenig überrascht über meine eigene Antwort legte ich meine Stirn in Falten und blickte nachdenklich hinüber zu den beiden Jungs, die es sich auf dem Sofa bequem gemacht hatten und Fernseh sahen.
„Ach so, verstehe.", es war ein leichtes Kichern, welches ihre Stimme bedeckte. Doch als sie mir noch einen kurzen Blick zuwarf und mein nachdenkliches Gesicht zu sehen schien, verstummte sie. „Entschuldige, ich trete heute vermutlich nur noch in Fettnäpfchen."
„Nein, ist schon okay. Du kannst doch nichts dafür, wenn ich selber nicht mal weiß, ob ich nun mit ihm zusammen bin, oder nicht.", grinste ich sie an. Ich konnte nicht sagen, dass es ein aufgesetztes Grinsen war, doch echt war es auch irgendwie nicht. Ich wusste gerade selbst nicht, wo mir der Kopf stand, viel zu sehr nahm mich ihre Frage in meinen Gedanken in Beschlag und ließ mich nachdenken. „Vielleicht sollte ich das einfach mal klären. Aber komm, lass uns mal zurück zu den Jungs gehen. Bill und ich lassen euch auch gleich alleine.", lächelte ich sie an und deutete mit einer Geste, dass sie mir vorausgehen sollte. Ja, ich sollte mit Bill über unsere momentane Situation reden. Doch bekam ich dann auch den Mund auf, wenn es ernst wurde?
Keine Stunde später hatten Bill und ich uns auch schon von den beiden Turteltauben im Wohnzimmer verabschiedet. Es war recht niedlich mit anzusehen, wie sie sich schüchtern näher kamen und nicht wirklich wussten, wie sie mit dem anderen umgehen sollten. Allein von Tom kannte man dieses Verhalten nicht; wie es bei Vivi der Fall war und wie sie in solchen Situationen tickte, wusste ich ja nicht, dafür kannte ich sie schließlich zu wenig. Doch das Eis war zwischen Bill, mir und ihr, kurz nachdem wir aus der Küche zu den Jungs ins Wohnzimmer gegangen waren, auch gebrochen. Ich war erleichtert, als wir uns doch mehr oder weniger offen und amüsierend über das ein oder andere Thema unterhalten konnten, ohne irgendwie ein komisches Gefühl im Magen zu haben, dass Vivi die ganze Sache hier falsch aufnahm. Es war gut zu wissen, dass sie genau so tickte, wie wir.
„Endlich kuscheln.", brummte Bill, als er seine Hose in die Ecke warf und sich nur in Boxershort bekleidet, unter die Decke kuschelte. Als auch ich mich soweit umgezogen und mich im Badezimmer abgeschminkt hatte, tat ich es ihm nach und kroch sofort in seine Arme, welche er beschützend um mich legte. Sein Kinn legte er auf meinem Kopf ab.
„Sie passt zu ihm.", nuschelte er irgendwann gedankenverloren und ich spürte, wie er seufzte.
„Ja, das stimmt. Auch wenn sie anfangs wirklich schüchtern war, sie ergänzen sich wirklich prima. Ich hoffe, dass das was mit den beiden wird.", mein Blick verschwamm vor meinen Augen; nicht, weil ich weinte, sondern weil ich einfach zu lange und intensiv auf eine Stelle sah. Ich verlor mich komplett in meinen Gedanken und landete wieder bei der Frage, die Vivi mir vor knapp einer Stunde noch in der Küche gestellt hatte: Waren Bill und ich zusammen?
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Diagnose: Liebe - Mein erster Wunsch, der in Erfüllung geht
Fanfiction[2. Teil der Diagnose-Trilogie.] - »Sie hatten, seitdem sie im Krankenhaus aufgetaucht waren und meiner kleinen Schwester ihren letzten Wunsch erfüllt haben, so viel für mich getan, dass ich mich wahrscheinlich in meinem kompletten Leben nicht dafür...