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Den Vormittag mit Lucifer verbringen? Was hatte er sich nur dabei gedacht? Diese Idee war einfach nur bescheuert. Lucifer hatte so schon genug Macht über ihn, auch wenn dieser das nicht wusste. Wenn er noch mehr Zeit mit ihm verbrachte, würde er am Ende noch die Kontrolle verlieren und Alastor fürchtete sich vor dem, was er dann anstellen könnte.
Außerdem hatte er keine Ahnung, was er mit Lucifer machen sollte. Den ganzen Vormittag würden sie miteinander verbringen. Alastor wünschte sich, er könnte die Zeit zurückdrehen und seine Worte zurücknehmen.
Keine einzige Idee kam ihm in den Sinn, was sie zusammen machen könnten. Er hatte keine große Erfahrung, was Unternehmungen mit Freunden anging. Mit Rosie hatte er meistens bei Tee und ein paar knusprigen Fingern zusammen gesessen und über alles mögliche geplaudert. Und mit Zestial hatte er sich nie allzu lange getroffen. Manchmal hatten sie zusammen ihre Kontrollgänge erledigt, aber sonst hatten sie sich eigentlich nur bei den Overlord-Versammlungen getroffen. Und da Lucifer von Grund auf anders war als die  beiden, konnte er diese wenigen Erfahrungen auch nicht auf ihn übertragen.
Vielleicht hatte Lucifer selbst ja irgendwelche Ideen und würde sich nicht vollends sträuben etwas mit Alastor zu machen. Als erstes könnten sie ja etwas zusammen backen oder kochen oder so, überlegte Alastor. Er hatte Lucifer schließlich gesagt sie sollten sich in der Küche treffen, da konnten sie das ja gleich nutzen. Und dann würde er wohl improvisieren müssen. Er schaute auf die Uhr in seinem Zimmer. Noch zwei Minuten, dann musste er in der Küche sein. Alastor sprang in Hektik auf und suchte schnell seine Klamotten zusammen. Er hatte immernoch seine Schlafsachen an. Er hatte in Jogginghose und oberkörperfrei geschlafen und versuchte hektisch sich so schnell wie möglich anzuziehen. Dann beeilte er sich, um noch rechtzeitig in die Küche zu kommen. Zum Glück fand er die Tür gleich auf den ersten Anhieb, doch er hielt nocheinmal kurz inne, um Luft zu holen und nicht völlig außer Atem in den Raum zu stürzen. Dann betrat Alastor mit einem entspannten Lächeln, als wäre er nicht gerade durch das Anwesen gerannt, als würde seine Seele davon abhängen, die Küche. Lucifer war schon da, an die Theke gelehnt und nervös seine Finger knetend. Er sah auf, als Alastor auf ihn zukam. "Und Lucy? Worauf hast du Lust? Ich habe überlegt, dass wir etwas zusammen backen könnten oder so etwas in die Richtung. Was möchtest du gern machen?"
Lucifer sah ihn überrascht an. "Was-was ich machen will?" "Ja, das habe ich doch gerade gesagt." "Dich interessiert was ich will?" "Ja."antwortete Alastor kurz. Er wollte es nicht weiter ausführen, nicht preisgeben, wie wichtig der Herrscher der Hölle ihm schon war.
Lucifer warf Alastor einen misstrauischen Blick zu, aber meinte dann:"Apfelstrudel. Ich würde gerne einen Apfelstrudel backen." Er sagte es leise, fast ein bisschen beschämt. "Einen Apfelstrudel? Na dann, Lucy, lass uns einen Apfelstrudel backen. Hast du ein Rezept im Kopf oder hast du ein Backbuch?" "Hab eins im Kopf." Lucifer schien nun ein freudiger Eifer erfasst zu haben. Er stieß sich von der Theke ab und zählte die benötigten Zutaten auf.
Und dann machten sie sich ans Backen. Lucifer hatte durchgehend ein aufgeregt, freudiges Lächeln im Gesicht, hielt aber immer so gut es ging Abstand von Alastor und vermied Körperkontakt. Alastor gab sich Mühe zu helfen, doch letztendlich erledigte Lucifer alle Arbeit. Er schien sich etwas unangeschickt anzustellen. Sogar beim Teig Rühren schien er etwas falsch zu machen.
Lucifer schien seinen Entschluss Körperkontakt zu vermeiden vergessen zu haben, denn er legte seine Arme von hinten um Alastor und legte seine auf dessen Hand, um ihm die richtigen Rührbewegungen zu zeigen. Er ging Alastor nur bis zum mittleren Rücken und musste seine Arme etwas strecken, um überhaupt an den Teig heran zukommen. "Schau. So macht man das."erklärte Lucifer konzentriert. Alastor hielt überrascht inne. Er drehte seinen Kopf zur Seite und sah auf den blonden Schopf hinunter. Lucifer bemerkte erst jetzt wie nahe sie sich waren und schreckte zurück. Er lief puterrot an und schaute überall hin außer zu Alastor. Aber der grinste nur und fragte Lucifer wie es weitergehen würde.
Nach einer Weile waren sie vorerst fertig und schoben den Strudel in den Ofen.
Alastor merkte, etwas überrascht von sich selbst, dass es ihm Spaß gemacht hatte. Er, der gefürchtete Radiodämon, hatte Spaß beim Backen gehabt. Und Lucifers Gesichtsausdruck nach zu urteilen, war dieser geradezu begeistert bei der Sache. "Was verschafft dir so gute Laune, Lucy?" "Hm? Ach, ich mag einfach nur Apfelstrudel."
"Und, auf was hast du noch Lust? Möchtest du mir vielleicht irgendein besonderes Zimmer zeigen oder so? Ich kenne mich hier nicht wirklich aus." "Oh. Ja, ich hab da eine Idee, aber ich weiß nicht, ob das so Ihr Ding ist." "Wenn du das machen möchtest, mach ich mit. Du kannst alles machen, was du willst." "Wenn Sie meinen..." Lucifer schaute ihn zweifelnd an, ging aber voraus, um ihm den Weg zu zeigen.
Er führte Alastor in eine Art Innenhof und Alastor glaubte etwas wie eine Autostrecke zu erkennen. "Was ist das?"fragte er nach. "Das ist eine Gokart-Strecke. Da hinten sind die unterschiedlichen Karts." "Was? Was ist ein Gokart?" "Kennen Sie das nicht?" Lucifer blickte verwirrt drein. Dann begriff er. "Achso, Sie haben ja in schon etwas länger vergangener Zeit gelebt, Sie kennen das ja gar nicht.
Gokarts sind kleine Autos mit denen Sie auf kleinen Strecken wie dieser hier mit Freunden um die Wette fahren. Aber man bekommt damit keine allzu hohe Geschwindigkeit. Eigentlich machen das vor allem Kinder, aber ich finde es lustig." "Achso." Alastor hatte es noch nicht ganz verstanden, aber etwas anderes, das Lucifer gesagt hatte, hatte seine Aufmerksamkeit erweckt. "Hast du Freunde gesagt, Lucy? Würdest du denn sagen, wir sind so etwas-" Er stockte. "So etwas wie Freunde?" "Was? Nein, auf keinen Fall. Du hast mir gedroht meiner Tochter etwas anzutun, wenn ich nicht das mache, was du verlangst. Ich diene dir nur als Belustigung." "Hast du mich gerade geduzt, Lucy? Heißt das, dass du mich vielleicht schon liebgewonnen hast?"säuselte Alastor, den Rest des gesagten ignorierend. "Nein, das war aus Versehen! Sie interpretieren da überall viel zu viel hinein!" Doch die Röte in Lucifers Gesicht verriet ihn. Er drehte sich weg und marschierte in Richtung einer Garagentür. "Jetzt kommen Sie, hier sind die Karts." Alastor kam schnell hinterher und bestaunte die ihm so fremden Geräte. Sie schienen alle von Tieren inspiriert zu sein. Es waren, soweit Alastor erkennen konnte, ziemlich viele Tierarten vertreten. Überrascht erkannte er auch einen Hirsch. Lucifer ging sofort zu einem Kart, das quietschgelb und wie eine Ente aussah. Es hatte die meisten Kratzer an den Seiten und war anscheinend das am meisten genutzte.
"Suchen Sie sich eins aus und schieben es zur Bahn. Dann zeig ich Ihnen wie man fährt."
Alastor suchte sich den Hirsch aus und ging damit zu Lucifer. Er brauchte eine Weile bis er es schaffte zu fahren, doch als er es endlich hinbekam, bereitete es ihm große Freude mit Lucifer um die Wette zu fahren und ihn ab und zu rammen. Doch noch glücklicher wurde er als er Lucifers glühendes Lächeln sah, dass bewies, dass er ähnliche Begeisterung verspürte. Noch nie hatte Alastor so viel Freude auf einmal verspürt.

Hazbin Hotel || RadioappleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt