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Alastor quälte sich wieder besonders früh aus seinem Bett. Nach einer Weile hatte er Lucifer am Abend verlassen und war in sein Bett zurückgekehrt, doch Schlaf gefunden hatte er nicht mehr. Bilder des verstümmelten Lucifers beherrschten seinen Kopf. Es war nur ein Alptraum. Eigentlich war es peinlich, dass er ihn so sehr beschäftigte. Aber es war nicht unrealistisch, dass dies passieren könnte. Wenn er nicht bald seine Blutlust unter Kontrolle gebrachte, könnte das die Zukunft für ihn sein. Doch alles in ihm sträubte sich dagegen, das zu glauben.

Nach so langer Zeit machte er Lucifer an diesem Morgen kein Frühstück. Er wusste, dass er ihn nicht umgebracht hatte. Noch nicht. Er wollte seinen Traum nicht wahr werden lassen und erstmal wieder etwas Abstand von Lucifer halten. Auch wenn er versprochen hatte, es nicht zu tun. Um alles in der Hölle, er wollte ihn nicht umbringen.

Im Hotel war Alastor ständig in Gedanken versunken. Er bemerkte nichtmal Charlies hasserfüllte Blicke. Er dachte darüber nach, warum er geradezu besessen von Lucifers Blut war. Er hatte anfangs angenommen, es wäre nur weil Lucifer ein gefallener Engel war. Aber theoretisch war Charlie als seine Tochter genauso engelhaft. Aber bei ihr überkam ihn nicht der Drang ihr die Haut zu zerfetzen, um an ihr Blut zu kommen. Übelkeit ballte sich in ihm zusammen, wenn er nur daran dachte ihr Blut zu schmecken.
"Alastor, Ich will mit dir reden. Jetzt."
Alastor schreckte hoch. Sein Blick huschte durch den Raum, bevor er auf Charlie vor ihm landete. Ihre Augen waren rotverfärbt und sie schien beinahe zu glühen vor Hass. "Aber klar doch, meine Liebe. Worüber denn?" Er versuchte einen gefassten Eindruck zu machen, auch wenn in seinem Inneren alles im Chaos versank. "Nicht hier."stieß sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Er folgte ihrem Blick zu Husk, der an der Bar ein paar Gläser putzte. Alastor zog eine Augenbraue hoch, folgte Charlie aber in eine abgelegenes Hotelzimmer. Was wollte sie denn jetzt schon wieder von ihm? Er hatte besseres zu tun, als seine Zeit mit ihr zu verschwenden. Er hätte heute nicht ins Hotel gehen sollen. Kurz fragte er sich, warum er überhaupt angefangen hatte Charlie zu helfen. Er hatte gedacht er könnte ihnen zu schauen, wie sie versagten. Aber sie versagten nicht. Das Hotel hatte schon mehrere Gäste und es war geradezu frustrierend. Er hatte in der letzten Zeit nicht darüber nachgedacht, aber eigentlich hatte er keinen Grund mehr, ihr weiter zu helfen. Er würde es nicht genießen können, sie scheitern zu sehen. Aber sie war Lucifers Tochter. Und sie war Lucifer wichtig. Und Lucifer war ihm wichtig. Also war er trotzdem weiterhin an sie gebunden.
"Was hast du Dad angetan?" Charlies Blick durchbohrte ihn. Er wischte sich Lucifers Blut auf seinen Händen an seiner Hose ab. Seinen Schweiß. Kein Blut. "Ich habe Lucifer umgebracht." Die Worte kamen aus seinem Mund, bevor er sie aufhalten konnte. "Ich habe ihn nicht umgebracht. Nur ein kleiner Versprecher, meine Liebe. Beruhige dich."fügte er schnell hinzu, als Charlie laut aufkeuchte und ihre Augen aufriss. "Ich habe ihn nicht umgebracht. Ich würde ihm nichts antun. Es ist alles gut, meine Liebe." Alastor war sich nicht sicher, ob er versuchte sich oder Charlie damit zu überzeugen. Natürlich glaubte sie ihm nicht, dass es ein Versprecher war. Alastor wünschte sich ganz weit weg von ihr. Trotzdem lächelte er weiter.
Charlie hatte sofort nach ihrem Handy gegriffen und es klingelte. Nach ein paar Sekunden der Stille erklang Lucifers verschlafene Stimme. "Charlie? Ist etwas?" Charlie sackte beruhigt in sich zusammen. "Hab ich dich geweckt, Dad? Ich wollte nur mal fragen, wie es dir so geht." Ihre Stimme hatte einen leicht schrillen Ton angenommen, der Alastor auch den letzten Nerv raubte. Einfach lächeln. Sie war bestimmt gleich fertig. Er hatte Lucifer nicht umgebracht. "Hm, alles gut, denke ich. Wieso? Ist irgendetwas passiert, Charlie? Geht es dir gut?" Fast musste Alastor schmunzeln über Lucifers schnelle Sorge um Charlie. Er konnte sie nicht nachvollziehen, für ihn war Charlie einfach nur nervtötend. Aber Lucifer liebte sie trotzdem und sorgte sich um sie. Er war einfach zu gutherzig. Nicht zum ersten Mal fragte sich Alastor, wie jemand so gutes die Hölle beherrschen konnte. Alles hier war verdorben. Nur Lucifer nicht. "Ach, mir geht's gut. Ich hab nur plötzlich an dich gedacht und mich gefragt wie es dir geht." Charlie lachte nervös. "Ich leg dann mal wieder auf, ja? Ich muss noch weiterarbeiten hier im Hotel." Lucifer brummte zustimmend und Charlie legte auf. "Siehst du, meine Liebe, es geht ihm gut. Es war wirklich nichts als ein Versprecher." Charlie starrte ihn trotzdem weiter misstrauisch an. "Ich glaube dir nicht. Hast du irgendetwas geplant? Hast du vor Dad noch umzubringen?" Alastor seufzte. Konnte sie es nicht einfach gut sein lassen? "Ich habe nicht vor ihn umzubringen. Es war nur ein Versprecher." Er betonte jedes einzelne Wort und sprach langsam, hoffte, dass sie endlich von ihm ablassen würde. "Das ist kein normaler Versprecher." Charlie blieb standhaft. Alastor stöhnte nerventbrannt auf. "Es gibt für mich keinen Grund diese Diskussion weiter mit dir zu führen, meine Liebe. Wenn du mich also entschuldigst? Ich bin für heute hier fertig." Bevor Charlie auch nur einen Laut von sich geben konnte, war er durch seine Schatten davongeglitten. Er war wieder in Lucifers Anwesen und erleichtert seufzte er auf. Endlich war er weg von ihr.
Die dunklen Gänge beruhigten ihn seltsamerweise. Er genoss die Ruhe. Diese angenehme Stille half ihm runterzukommen. Die ganzen Stimmen und Geräusche im Hotel hatten ihn gestresst. Aber jetzt war alles ruhig. Sogar sein Gehirn hatte netterweise aufgehört ihm immer wieder Lucifers zerfetzten Körper zu zeigen. Er hatte ihn nicht umgebracht.
Alastor richtete sich auf. Ein paar Gänge entfernt hatte er eine Tür zuschlagen hören. Es zog seinen Körper in die Richtung des Geräuschs. Dort war garantiert Lucifer. Er sollte nicht zu ihm gehen. Er fürchtete sich davor, ihn umzubringen. Seine Furcht wuchs, als ihm das bewusst wurde. Er hatte sich noch nie so sehr vor etwas gefürchtet. Noch nie diese Angst verspürt. Er wusste nicht, was sie ihm sagen wollte. Was er tun sollte. Die Furcht lähmte ihn, doch zugleich trieb sie seinen Körper weiter an.
Er ging weiter. Er hörte Schritte. Die Schritte entfernten sich von ihm und er folgte ihnen im Schatten. Er wollte nicht, dass er Lucifer sah. Er sollte ihm nicht folgen, aber sein Körper hatte sich verselbstständigt. Es erinnerte daran, wie er das erste Mal durch diese Flure gewandert war. Wie er zum ersten Mal Lucifer gesehen hatte. Die Schritte hielten inne und Alastor blieb stehen. Er hörte wie sich eine weitere Tür öffnete und er sah geradenoch schnell genug um die Ecke, um zu sehen wie sie sich schloss. Vorsichtig näherte er sich ihr, so als wäre sie gefährlich. Dabei war nur er hier gefährlich.
Er wischte sich das Blut an seinen Händen an seiner Hose ab, bevor er eine Hand auf die Klinke legte. Es war nur Schweiß. Kein Blut. Langsam drückte er die Klinke herunter und öffnete die Tür einen Spalt. Er staunte. Es wunderte ihn wie so viele teils riesige Zimmer in ein einziges Anwesen passten. Hinter der Tür lag eine riesige Halle mit asphaltierter Strecke, ähnlich wie die Gokartstrecke. Nur ohne Gokarts.
Und Lucifer lief auf eben dieser Strecke. Oder eher fuhr. An seinen Füßen hatte er merkwürdige Schuhe mit einer Reihe Rollen. Alastor kannte diese Schuhe. In seinem Leben hatte es die noch nicht gegeben, aber bei einem Vertrauensspiel von Charlie hatte auch er sie anprobieren müssen. Es war eine schreckliche Schmach gewesen sich nicht auf den Füßen halten zu können, aber dank der 'Hilfe' der anderen hatte er es gelernt. Es war einfach nur grauenvoll gewesen.
Lucifer hatte die Augen geschlossen, was Alastor kurz erschreckte. Nicht das Lucifer noch hinfiel. Aber dieser schien die Strecke in und auswendig zu kennen. Er wusste genau wann die Kurve kam oder wann eine Erhebung im Boden war. Er hatte einen entspannten Gesichtsausdruck, es schien ihn zu beruhigen zu fahren. Eine Weile stand Alastor einfach nur da, beobachtete Lucifer mal wieder und genoss dessen entspannte Bewegungen.
Dann kam ihm die Idee, dass er mitfahren könnte. Lucifer wollte nicht, dass Alastor Abstand hielt, also konnte er das ja wohl mal ausprobieren, oder?
Mit einem Fingerschnippsen erschienen statt Alastors Schuhen die gleichen Räderschuhe wie die Lucifers an seinen Füßen. Seine ersten Schritte waren etwas holprig, aber nach ein paar Metern konnte er normal fahren. Er fuhr erst langsam, doch nahm immer mehr Tempo auf. Lucifer fuhr viel schneller, als es vorhin noch ausgesehen hatte und Alastor versuchte ihn einzuholen.
Kurz stolperte Lucifer und drehte sich verblüfft um. Er hatte das Geräusch von Alastors Rädern gehört und staunte nicht schlecht, als er den Radiodämon hinter sich ausmachte. Dann breitete sich ein Grinsen auf seinem Gesicht aus. Weil er nach hinten geschaut hatte, hatte er an Tempo verloren, aber jetzt drehte er sich wieder nach vorne und legte noch einen Zahn zu.
Alastor hastete ihm hinterher, versuchte ihn einzuholen. Doch sie waren fast gleich schnell, weshalb sie immer länger fuhren. Es war ein Wettstreit, und sie waren sich ebenbürtig.
Der Schweiß rann Alastor in Bächen den Rücken runter und ein Stechen machte sich in seiner Seite bemerkbar. Er hörte auch Lucifer deutlich keuchen, aber niemand wollte aufgeben. Lucifer hatte einen Vorteil, da er diese Strecke anscheinend ziemlich oft nutzte. Seine Bewegungen waren quasi automatisch, sein Körper hatte sich gemerkt, was er zu tun hatte. Doch Alastor war nicht bereit aufzugeben. Er würde das nicht verlieren. Er steckte nocheinmal all seine Kraft in das Rennen, nahm noch ein bisschen Tempo auf und wie durch ein Wunder verlangsamten sich Lucifers Schritte minimal und er holte auf. Er streckte seine Hand aus und seine Finger krallten sich in Lucifers Jacke. Lucifer stolperte, überrumpelt von der plötzlichen Berührung. Sie fuhren immer noch rasend schnell und erschrocken stellte Alastor fest, dass sie gerade in die Kurve hätten gehen müssen. Mit beängstigendem Tempo fuhren sie auf die nächste Wand zu. Es war zu spät um zu bremsen oder um zu versuchen auszuweichen. Alastor zog Lucifer zu sich an die Brust, ließ ihre Räderschuhe verschwinden und bremste so gut es ging den Schwung mit seinen Schattenarmen ab. Sie schlitterten trotzdem bis an die Wand. Lucifer schaute Alastor an, während er sich an die Wand lehnte, um zu Atem zu kommen. "Ich" Er holte tief Luft "war viel besser als du." Alastor stand so dicht vor ihm, dass er die Luft spürte, die Lucifer beim Atmen ausstieß. "Das glaub ich kaum." Er stützte sich mit den Unterarmen an der Wand über Lucifers Kopf ab und schaut auf ihn herunter. "Ich habe dich eingeholt." Er grinste überheblich. "Ich denke dafür ist eine Belohnung angebracht."

Hazbin Hotel || RadioappleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt