Kapitel 7

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POV Lucy Bronze

„Du versteht die ganze Aufregung auch nicht, oder?", frage ich Narla, die ihren Kopf schief legt. Ich streichle ihr über den Kopf, ehe ich seufzend von der Couch aufstehe und ins Badezimmer gehe. Was war das nur für ein verrückter Abend?
Heute Morgen hätte ich nämlich nicht mit einer Achterbahn meiner Gefühle gerechnet. Ich schütze mich am Waschbecken ab und mustere mich im Spiegel.
Der Tag hat mich geschlaucht, denn ich sehe unfassbar müde aus. Morgen früh sehe ich wahrscheinlich aus als hätte ich einen Kater. Dabei habe ich nicht einmal Alkohol getrunken.
Müde reibe ich mir durch mein Gesicht. Egal, wie anstrengend der Tag auch war, etwas positives hatte er, denn ich habe Ona gesehen. Es mag jetzt vielleicht bescheuert klingen aber ich mag sie wirklich sehr, auch wenn ich es nicht immer so zeige.
Das Problem an der ganzen Sache ist nur, dass ich mich unbewusst wie ein Arschloch ihr gegenüber verhalte, obwohl ich das gar nicht will.

Meine Mom hat immer gesagt, dass wenn ich Menschen mag, es aber ihnen nicht zeigen kann oder möchte, bin ich entweder unfreundlich oderdistanziert zu ihnen. Liegt wahrscheinlich daran, dass ich nicht gerne meine Gefühle zeige und schon gar nicht auf dem Platz.
Bei meiner Schwester Sophie und meinem Bruder Jorge ist es das komplette Gegenteil. Sie gehen offen auf die Menschen zu und versuchen zu jedem Vertrauen aufzubauen. In dieser Hinsicht bin ich das verkorkste Kind und komme ganz nach meinem Dad, obwohl man so ein Verhalten von einem Portugiesen nicht erwartet. Wir Beide scheinen eine Ausnahme zu sein.

Nicht nur mein Verhalten Ona gegenüber hat zu so einer schlechten Ausgangslage des Abends geführt sondern auch die kleine Auseinandersetzung mit Keira.
Eigentlich wollten wir uns einen entspannten Abend machen, da wir morgen früh den Flieger nach Valencia nehmen müssen. Jonatan will nach der Ankunft sofort mit uns ins Stadion fahren und dann eine Trainingseinheit machen. Normalerweise habe ich nichts gegen einen straffen Zeitplan, doch jetzt könnte ich gerne darauf verzichten. Es liegt noch nicht einmal daran, dass wir heute noch unterwegs waren, sondern eher daran, wie die letzten Wochen für mich verlaufen sind.

Ich habe auf dem Platz nicht gerade geglänzt und bei Keira komme ich auch nicht weiter. Jeden Tag gebe ich ihr ein bisschen mehr, doch das scheint sie entweder nicht zu interessieren oder sie sieht es gar nicht.
Ich habe wirklich gedacht, dass Keira nach so langer Zeit bei Barça endlich mal aus ihrer Komfortzone herauskommt, doch sie versteckt sich weitestgehend immer noch hinter mir und so langsam sind einige Mädels auch davon genervt, dass sie nur auf englisch mit ihnen spricht. Ich meine, ich kann mich davon nicht freisprechen, dass ich auch mal ins englische wechsle, doch die meiste Zeit versuche ich es wenigstens auf spanisch. Wenn die Mädels merken, dass ich mich völlig verrannt habe, dann wechseln sie automatisch ins englische, doch bei Keira ist es eine ganz andere Nummer.
Als Alexia vor ein paar Tagen zu mir kam und mir schonend mitteilen wollte, wie ernst die Lage ist. Ich wurde von ihr gebeten mit Keira darüber zu reden, doch ich kenne Keira leider zu gut und sie würde an die Decke gehen, wenn ich ihr das so sagen würde. Deswegen habe ich mit Alexia besprochen, dass ich Keira einfach sagen werde, dass ich zusammen mit ihr lernen möchte. Mit meinem Vorschlag zeigte sich Alexia auch einverstanden und ich hast somit die glorreiche Aufgabe, Keira spanisch beizubringen.

Das Gute ist, dass ich so langsam wieder meine Form zurückbekomme, die ich in den letzten Spielen so sehr vermisst habe. Ich muss mich auch wieder zusammenreißen, denn ich möchte weiterhin ein Teil der Barça-Familie sein und nicht ausgemustert werden. Mein Vertrag endet dieses Jahr nach der Saison und ich hoffe auf eine Verlängerung.
Ich habe in den letzten Wochen viel mit Mapi und Alexia gesprochen. Die Beiden haben ihre Verlängerung schon bekommen, doch bei mir macht der Verband so ein Geheimnis darum. Die Gespräche liefen auch schon und mit jedem Tag, den ich warten muss, werde ich noch nervöser. Alexia und Mapi haben versucht mir meine Angst zu nehmen, was ihnen auch zum Großteil gelungen ist, doch trotzdem ruhen meine Gedanken bei dem Thema nicht.

Ein tiefer Seufzer entfährt mir und ich gehe uns Schlafzimmer, um mir ein weißes T-Shirt und eine graue Shorts zum schlafen zu holen. Vielleicht bin ich nach der dusche in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen.
Ich wollte den Abend ganz entspannt mit Keira verbringen und dann schreibt ihr Salma, ob sie nicht Lust hätte mit einigen Mädels essen zu gehen. Mich hat es gewundert, denn normalerweise hat sie wenig mit Salma zu tun. Im Grunde hat Lucy genau so viel mit Salma zu tun, wie ich mit Raumfahrttechnik.
Von mir aus, hätte sie sagen können, dass sie alleine geht, doch Keira musste ja unbedingt sagen, dass ich auch da bin und gerne mitkommen würde.
Ja, eigentlich kein Problem, doch es denken sowieso schon Alle, dass wir ein Paar sind obwohl das leider nicht der Fall ist. Als ich dann auch noch gesehen habe, dass Ona mitkommt, wurde meine Laune noch schlechter. Wie sollte ich denn bitte einen Abend ertragen, wenn sie so unfassbar gut aussieht aber gleichzeitig sauer auf mich ist?

Mit meiner Kleidung in der Hand, gehe ich zurück ins Bad und beginne mich langsam auszuziehen. Ich weiß nicht warum aber mir tut gerade jede Bewegung weh, so als würde ein Elefant auf meinen Schultern sitzen.
Ich ziehe die Glastür der Dusche zu Seite und trete ein. Anschließend drehe ich das Wasser auf. Auch wenn es noch kalt ist, stelle ich mich unter das Wasser. Sobald das Wasser meinen Körper berührt, habe ich das Gefühl, als würde die ganze Last von mir abgewaschen.

Ich fahre mir mit beiden Händen durch die Haare und atme dabei schwer aus.
Die Wut macht sich wieder in mir breit, wenn ich daran denke, dass Keira unbedingt wollte, dass ich mitkomme. Ich hatte keine Lust mich mit den Mädels an einen Tisch zu setzen und ihnen den Eindruck zu vermitteln, dass wir beide zusammen sind.
Mittlerweile habe ich es aufgegeben und versuche es gar nicht erst wieder, Keira davon zu überzeugen, dass wir eine Beziehung eingehen sollen. Immer wieder darf ich mir anhören, dass sie sich auf ihre Karriere konzentrieren möchte. Tatsächlich denken ich, dass es daran liegt, dass sie an einer deutschen Fußballspielerin interessiert ist. So wie ich weiß, haben die Beiden sich über Georgia kennengelernt. Am Anfang war ich ziemlich gekrängt, dass sie mich einfach gegen irgendjemanden austauscht, doch mittlerweile ist es mir ziemlich egal. Seit dem World Cup hat sich sowieso viel verändert.

Ich hatte nach dem Finale einen schwachen Moment und habe mich von Ona trösten lassen. Zu dem Zeitpunkt kannte ich sie kaum und trotzdem habe ich mich ihr sofort verbunden gefühlt, was für mich wie ein kleines Weltwunder ist. Am Abend bin ich sogar zu ihr ins Hotel gefahren, um mich bei ihr zu bedanken und dann habe ich wahrscheinlich den schlimmsten schönsten Fehler begangen, den man nur machen kann. Ich hatte unwahrscheinlich guten Sex mit Ona und bin am nächsten Morgen feige abgehauen und habe ich gesagt, dass es nur Spaß war. Ja, es hat mir sehr gut gefallen, doch im zweiten Moment war da noch mehr. Etwas, was ich erst nach vielen Gesprächen mit Jordan herausgefunden habe. Nicht nur einmal musste ich mir eingestehen, dass ich Gefühle für Ona entwickelt habe. Ich wusste, dass ich es mir mit ihr ordentlich verscherzt habe und das habe ich auch am Abend, nach dem Nations League-Finale zu spüren bekommen. Unter dem Deckmantel, dass ich die Barça-Mädels beglückwünschen möchte, bin ich ins Hotel gefahren. Es hat auch Alles super funktioniert, außer, dass Ona mich mit ihren schönen Hintern nicht einmal angeguckt hat.
Eingeschnappt habe ich mich und en nächsten Flieger gesetzt und bin zurück nach Barcelona geflogen. Dabei habe ich mir geschworen, dass ich die Finger von Ona lasse, doch das ist nicht so einfach, denn die Frau macht mich nur mit ihrer Anwesenheit verrückt. Es ist zum verrückt werden, denn ich weiß schon an ihrem Geruch, dass sie überhaupt in der Nähe ist, ohne, dass ich sie gesehen habe.

Ich weiß, ich weiß, ich hätte schon längst kurzen Prozess machen sollen, doch ich muss erst die Sache mit Keira aus der Welt schaffen. Wenn ich Keira jetzt noch sage, dass ich mit etwas mit Ona habe oder gerne haben möchte, dann geht die ganze Sache nach hinten los. Keira wird sich bei Georgia und Leah ausheulen und ich bin dann das schwarze Schaf, denn sie werden zu Keira halten. Darauf habe ich wirklich keine Lust und ich muss warten bis der richtige Zeitpunkt kommt, um mit Keira reinen Tisch zu machen.

Als ich die Glastür öffne, kommt mir die kalte Luft entgegen. Schnell schnappe ich mir ein Handtuch und beginne mich abzutrocknen.
Die Gefahr ist bei Keira viel zu groß, dass sie sich noch weiter zurückzieht und dann gar keinen Kontakt mehr zu den Barça-Mädels sucht. Egal, wie es zwischen uns beiden aussieht, ich will nicht, dass sie ihren Vertrag auflöst und verschwindet, nur, weil sie es nicht aushält alleine einen Schritt zu machen.
Auch für mich bedeutet es, dass ich jetzt einen Schritt nach dem anderen mache und das mit Bedacht. Ich kann mir keinen Fehler erlauben.
Erst, wenn ich alles mit Keira geklärt und ihr gesagt habe, dass sich nichts an unserer Freundschaft ändert, kann ich einen Schritt auf Ona zumachen. Natürlich unter der Voraussetzung, dass Ona mich dann noch will. So wie die Frauen um sie herumschwirren, glaube ich das eher weniger. Außerdem bin ich acht Jahre älter und sie sucht bestimmt eine jüngere Frau.
Seufzend lasse ich mich ins Bett fallen. Aber vielleicht sollte ich weiterhin um Ona's Aufmerksamkeit kämpfen, damit sie das Interesse nicht verliert. Außerdem wird sie jetzt sowieso einige Tage an mich denken, denn ich habe ihr definitiv einen Knutschfleck verpasst.

Jetzt sollte ich allerdings aufhören an Ona zu denken, denn morgen muss ich früh aufstehen und ansonsten kann ich nicht schlafen. Ich hoffe, dass es ein entspanntes Spiel wird und nicht unangenehm zwischen Ona und mir wird.
Mein Blick wandert zu Narla, die in ihrem Körbchen liegt. In ihrem Blick, sehe ich etwas nach dem Motto: Du glaubst doch wohl selbst nicht, dass es so einfach wird!

Erschöpft lasse ich mich in die Kissen fallen und schließe meine Augen. Ich hoffe einfach das Beste!

Fuego Y PasiónWo Geschichten leben. Entdecke jetzt