Kapitel 15

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POV Lucy Bronze

Nervös schaue ich auf meine Uhr. Ona hätte schon vor zehn Minuten hier sein sollen. Noch vor ein paar Stunden haben wir uns verabredet und jetzt taucht sie anscheinend nicht mehr auf. Frustriert fahre ich mir durch die Haare. Ich hatte mich sehr auf unsere Verabredung gefreut. Direkt nach unserem heutigen Training, habe ich all meinen Mut zusammengenommen und sie angesprochen. Im ersten Moment schien Ona so, als hätte sie keine Ahnung, was ich von ihr wollen würde. Doch dann hat sie mir direkt in die Augen geschaut und mir mit weichem Blick zugesagt.
So richtig konnte ich meine Freude nicht zeigen, aber ich habe mich, wie ein kleines Kind, gefreut. Tatsächlich glaube ich, dass man mir meine Freude doch angesehen hat. Mehrmals haben mir die Mädels verräterische Blicke zugeworfen. Naja, mir soll es egal sein. Schließlich sind schon genug Gerüchte über mich im Umlauf.

Selbst nach dem gestrigen Spiel gegen Villareal habe ich deutlich sehen können, wie die Mädels jede meiner Bewegungen genau beobachtet haben. Während die Mädels den Sieg gefeiert haben, bin ich schnell in die Kabine gegangen.
Momentan habe ich einfach nicht den Kopf dafür. Zu sehr beschäftigt mich die Situationen mit Keira und Ona.
Außerdem fliegen wir in ein paar Tagen nach London und spielen gegen Chelsea. Natürlich freue ich mich einige Mädels wieder zu treffen, doch es ist das erste Halbfinale in der Champions League, was für mich hundertprozentige Konzentration bedeutet. Ein wenig frage ich mich tatsächlich schon, wie ich das machen soll. Immerhin sitzt Ona leider nicht auf meinem Schoß, aber dafür Keira in meinem Nacken.
Tatsächlich kam mir auch schon die Idee, ob ich nicht einmal mit Aitana reden sollte. Bisher weiß ich nur von Alexia, was das Team wirklich denkt. Außerdem muss ich sie fragen, ob sie vielleicht ein paar Tipps für mich hat, wie Keira schneller spanisch lernen kann. Für mich sieht die Situation eher so aus, als würde auch Aitana versuchen Keira spanisch beizubringen, doch sie mit ihrem Latein am Ende ist. Aus der Vergangenheit weiß ich, dass Alexia viele Situationen falsch interpretiert. Sie ist wirklich eine sehr gute Kapitänen, doch ab und zu kommt es auch vor, dass sie manche Situationen falsch aufnimmt. Vielleicht haben sich die Mädels auch einfach falsch ausgedrückt und Alexia hat ihre Worte falsch aufgenommen.
Ich kann nämlich nicht ständig für sie den Lehrer spielen. Vor allem, wenn ich jetzt mehr Zeit mit Ona verbringen werde- das hoffe ich zumindest.

Narla beginnt plötzlich zu ziehen und ich habe Probleme dabei, mein Gleichgewicht zu halten. Verwundert schaue ich zu Narla und suche den Grund, für ihr Verhalten.
Unbewusst ziehen sich meine Mundwinkel nach oben. Anscheinend hat Narla Coco gerochen. Schwanzwedelnd und voller Freude, zieht mich der kleine West Highland Terrier in die Richtung von Coco und Ona.
Ich muss aufpassen, dass ich nicht die ganze Zeit dümmlich grinse. Ona hat ein weißes T-Shirt und eine kurze Shorts an. Mein Blick wandert ihre Beine entlang. Ich beiße mir auf die Zunge. Ona sieht selbst in einem normalen T-Shirt unwiderstehlich aus.
Sie hebt ihren Kopf und dreht ihn nach links. In ihrem Gesicht sehe ich, dass sie einen Moment benötigt, um zu verstehen, wer ihr entgegen kommt. Ihre Mundwinkel heben sich leicht. Für einen Moment sieht es so aus, als würde sie mit größter Mühe versuchen zu lächeln. Hm, freut sie sich nicht mich zu sehen? Diesen Gedanken verdränge ich schnell. Es reicht, dass ich dümmlich grinse.
„Hola", begrüße ich sie schlicht aber freundlich.
Eine Haarsträhne fällt ihr ins Gesicht. Erst jetzt merke ich, dass ihre Haare noch feucht sind. Am liebsten würde ich ihr die Strähne aus dem Gesicht streichen. Trotzdem gefällt es mir nicht, dass sie mit nassen Haaren draußen ist. Auch, wenn es relativ warm ist, kann Ona sich trotzdem erkälten. Meinen „Beschützerinstinkt" schiebe ich schnell beiseite.
„Hola, Lucia", begrüßt mich schließlich auch Ona. Beim Klang meines Namens bekomme ich weiche Knie. Ich finde es unheimlich sexy, wenn Ona mich so nennt. Naja, ich finde es generell sehr sexy, wenn sie spanisch spricht. Für mich ist es Musik in meinen Ohren. Teilweise habe ich sogar das Gefühl, dass mein Hörvermögen einen Orgasmus hat. Im Grunde genommen fällt es mir bei Ona sowieso schwer nicht zum Orgasmus zu kommen, denn die Frau weiß wirklich was sie......
„Au!", höre ich plötzlich Ona schmerzerfüllt aufschreien. Vor Schreck zucke ich zusammen und merke jetzt erst, dass ich sehr nah an ihrem Körper bin. Verwirrt schüttle ich meinen Kopf. Oh Gott! Wollte ich sie etwa küssen? „Mierda!", ruft Ona dieses Mal schmerzerfüllt aus. Besorgt senke ich meinen Kopf und schaue auf den Grund von Ona's schmerzerfülltem Schrei. Ich brauche einen Moment, um die Situation zu verstehen. Ein Schmunzeln schleicht sich auf meine Lippen. Wie im Film 101 Dalmatiner haben uns Narla und Coco in die Leinen gewickelt. Irgendwie ist die Situation schon ziemlich süß. Auch Ona's Gericht steigt mir in die Nase, doch ich muss mich erst um den Grund ihrer Schmerzen kümmern.
„Warte, wir müssen uns erst einmal die Leinen loswerden.", sage ich in einem sanften Ton zu Ona. Sie hebt ihren Kopf und schaut mich mit großen Augen an. Wie ein kleines verängstigtes Reh schaut sie mir in meine Augen. Unsere Lippen sind nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Ich bin gefangen in ihren Augen und mein Herz hat angefangen wie verrückt zu schlagen. Alles in mir schreit, dass ich sie küssen soll. Am liebsten würde ich meine Hände um ihren Kopf legen und sie zu mir ziehen. Aber ich kann mich diesem Wunsch nicht hingeben. Schließlich würde ich damit Gefahr laufen, dass sich Ona komplett von mir zurückzieht.

Ona scheint sich wieder gefangen zu haben. Sie schüttelt ihren Kopf und schaut an uns herunter. Leider kann ich mir ein Lächeln nicht verkneifen. Anscheinend wollten die Hunde uns ein wenig auf die Sprünge helfen.
Vorsichtig versuche ich Ona und mich von den Leinen zu befreien. Um ehrlich zu sein, fällt es mir gerade ziemlich schwer meine Finger von Ona zu lassen. Sie sieht einfach so unfassbar gut aus und ich habe schon länger das Bedürfnis, ihre Haut zu spüren. Aber jetzt habe ich keine Zeit an ihren nackten Körper zu denken, denn ich muss auch aufpassen, dass ich die Hunde nicht verletze. Mir reicht es nämlich schon, dass Ona verletzt ist.

Nach einigen Minuten habe ich es endlich geschafft uns zu befreien. Leider war mir Ona dabei keine Hilfe, da sie wie ein Denkmal vor mir stand. Mein Blick wandert wieder zu Ona, die sich mit schmerzerfüllten Augen ihre rechte Handfläche anschaut. Während sich Narla und Coco beschnuppern, greife ich kommentarlos nach Ona's Hand. Aus meinen Augenwinkeln kann ich ihren entsetzten Gesichtsausdruck erkennen. Ich lasse mich jedoch nicht von ihm abschrecken, sondern widme mich ihrer Wunde.

Die Leine von Coco hat einen tiefen und langen Schnitt in Ona's Handfläche hinterlassen. Für mich ist das definitiv ein Grund Ona eine neue Leine zu schenken. Da der Schnitt ziemlich tief ist, blutet sie auch dementsprechend viel.
Aus meiner schwarzen Bauchtasche krame ich ein Taschentuch heraus und lege es über die blutende Wunde. Leicht drücke ich auf die Wunde, was bei Ona ein schmerzerfülltes Stöhnen auslöst. Nur zu gut kann ich mir vorstellen, das die Wunde schmerzt.
„Ich muss die Wunde säubern und danach mache ich dir einen Verband um die Hand.", erkläre ich Ona. Ihre Hand ist ausgesprochen kalt und zittert leicht. Tatsächlich frage ich mich, warum Ona so strak auf diese Wunde reagiert. Aber vielleicht sitzt der Schreck einfach so tief und sie hat Probleme damit das Geschehene zu verarbeiten.
„Du?", haucht mir Ona entgegen. Ein wenig kann ich die Skepsis in ihrer Stimme hören. Kurz lache ich auf. „Ja, ich oder schaffst du es dir alleine die Hand zu verbinden?" Ich ziehe meine Augenbraue nach oben, während Ona einfach nur mit ihrem Kopf schüttelt.
„Siehst du. Gib mir bitte die Leine von Coco und dann gehen wir in deine Wohnung."
Ona nickt mir gedankenverloren zu. Was ist nur los mit ihr? Sonst ist sie doch auch nicht so wortkarg. So langsam beschleicht mir der Gedanke, das Ona gar nicht will, dass ich sie verarzte. Die Frage ist dann nur, warum sie es nicht will.

Noch bevor ich überhaupt weiter darüber nachdenken kann, hält mir Ona Coco's Leine hin. Ich greife nach der Leine und Wände mich an die beiden Fellnasen. „Kommt, wir müssen den Spaziergang verschieben und zuerst Ona's Wunde versorgen." Beide Hunde schauen mich zuerst mit fragendem Blick an, ehe sie mir dann doch in Richtung Campus folgen. Überraschenderweise muss ich feststellen, dass Ona schon voraus gegangen ist. Hm, ich muss wirklich herausfinden, was mit ihr los ist. Außerdem fühle ich mir gerade wie ein Hundesitter. Leicht irritiert und frustriert folge ich Ona. Ich habe mich wirklich auf unser „Date" gefreut. Es hätte mir die Möglichkeit geben können, mich Ona wieder anzunähern. Aber ich kann von Ona nicht verlangen, das sie mit so einer tiefen Wunde spazieren geht. Außerdem kann sie für diese Verletzung nicht. Theoretisch müsste ich ein ernstes Wörtchen mit Narla und Coco sprechen. Allerdings interpretiere ich die Situation eher so, dass die Beiden uns einfach nur ein Zeichen geben wollen.

„Kommst du?", höre ich Ona rufen.
„Äh ja. Ich komme schon!", rufe ich zurück und lege einen Gang zu. Wenn ich gleich ihre Wunde versorge, darf ich mir nicht anmerken lassen, dass ich sie küssen möchte. In meiner Position darf ich mir jetzt keinen Fehler erlauben. Mein Problem ist gerade nur, dass ich nicht in die Zukunft gucken kann und daher nicht weiß, was noch auf mich zukommt.

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