Kapitel 10

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POV Ona Batlle

„Jetzt fahr' doch!", schreie ich den Autofahrer vor mir an, wohl wissend, dass er mich nicht hören kann.
„Ich freue mich sehr wieder in Barcelona zu sein und ich möchte die Länderspiele gerne lebend erlebend", Leila lacht herzhaft auf und legt eine Hand auf meinen Oberschenkel.
Eigentlich bin ich eine sehr entspannte Autofahrerin, doch Leila hat mir heute Morgen geschrieben, dass sie einen Tag früher kommt und ich sie vom Flughafen abholen muss. Es ist absolut kein Problem, dass ich sie abholen musste, sondern eher die Tatsache, in einer knappen halben Stunde im Trainingszentrum sein muss, weil wir eine Spielanalyse haben. Leila freut das natürlich sehr, denn so kann sie ihren alten Verein besuchen und natürlich auch ihre Teamkollegen einen Tag vorher sehen.

„Warum bist du so angespannt?", fragt mich Leila plötzlich. Ich bin so vertieft in das Lied, dass ich einige Momente brauche, um zu verstehen, was Leila von mir will.
„Ich bin nicht angespannt!", entfährt es mir genervt.
Leila lacht auf. „Oh doch! Wahrscheinlich liegt es daran, dass du schon lange keinen Sex mehr hattest."
Strafend werfe ich Leila einen Blick zu, was sie mit einem Schulterzucken kommentiert.
„Sag' schon, wie lange ist es her?", fordert mich meine Beifahrerin auf, während mir ein tiefer Seufzer entfährt.
„Seit dem World Cup.", nuschle ich vor mich hin, in der Hoffnung, dass Leila mich nicht verstanden hat.
„Ay! Ona! Das ist definitiv kein Wunder, dass du so gereizt bist. Du bist eben unterbügelt.", stellt Leila für sich fest. Mir bleibt nichts andere übrig als mit den Augen zu rollen.

„Und deiner Meinung nach soll ich jede Frau vögeln, die mir über den Weg läuft?", frage ich Leila und bleibe an der Ampel stehen. Ich muss nur noch die Abfahrt nehmen und dann befinden wir uns auch schon auf dem Campus. Gut, dass sich der Verkehr doch nicht gelichtet hat.
„Nein, nicht jeder Frau, aber du kannst dich ruhig ein wenig austoben."
„Leila, das ist kein Spiel.", entgegne ich ihr. Jetzt ist sie es, die mit den Augen rollt.

Ich parke mein Auto und schalte den Motor aus. Von weitem sehe ich schon einige Mädels in das Gebäude gehen.
„Es ist kein Spiel aber du hast dir ein bisschen Spaß verdient." Leila zwinkert mir zu. „Aber jetzt müssen wir über unseren Plan sprechen."
Fragend drehe ich mich zu ihr um.
„Ich bin dafür, wenn wir sofort anfangen, denn dann ist es authentisch."
Für einen kurzen Moment denke ich über ihre Worte nach und die Nervosität macht sich in mir breit. Ich weiß, dass ich dem Plan zugesagt habe, doch jetzt fühle ich mich unwohl.
Was ist, wenn jemand unseren Schwindel bemerkt? Immerhin sind wir fast zwei Wochen mit der Nationalmannschaft unterwegs und es wäre ziemlich peinlich, wenn ich darauf angesprochen werde und nicht weiß, was ich sagen soll.
„Meine Sorge ist eher, dass Lucy die ganze Sache vergisst, wenn sie bei der Nationalmannschaft ist.", gebe ich zu.
„Sie wird die Sache nicht vergessen, denn wir werden sie daran erinnern. Natürlich werden wir Fotos von uns posten. Sowohl auf dem Platz als auch außerhalb." Wir werden die Fotos so aussehen lassen, dass sie Probleme dabei haben wird, einzuordnen, ob wir ein Paar sind oder nicht." Leila grinst von einem Ohr zum anderen. So ganz überzeugt von dem Plan bin ich nicht. Vor allem nicht nach dem gestrigen Kuss. Joder! Der Kuss war so gut und eigentlich wollte ich mich wieder meinen Gefühlen hingeben, doch plötzlich hatte ich Leila's Stimme im Kopf, die mir gesagt hat, dass ich den Spieß umdrehen soll. Also warum sollte ich Lucy nicht auch einfach küssen und dann gehen? Schließlich meint sie auch immer, dass sie einen Freifahrtschein hat.

„Oder willst du einen Rückzieher machen?" Leila mustert mich von der Seite. Nein, ich will keinen Rückzieher machen, denn ich will Lucy mit ihren eigenen Waffen schlagen. Außerdem will ich sehen, wie lange sie es durchhält und natürlich was sie aus der Situation macht. Vielleicht spielt sie mir ihre Gefühle auch nur vor und hat gar kein Interesse Dafür ist dieses kleine „Projekt" einfach wie geschaffen. Naja, und in die Hölle komme ich sowieso, denn ich liebe Frauen. Von daher macht diese kleine Sünde auch nichts mehr aus.

Ein langer Seufzer entfährt mir. „Wir machen es. Aber du musst den Ton angeben."
„Ich weiß. Dafür kenne ich dich zu gut. Du bist viel zu schüchtern dafür und du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Wir werden es auch nicht übertreiben und sobald wie Lucy da haben, wo wir wollen, beenden wir unser kleines Projekt. Und sobald du dich unwohl fühlst, musst du mir das sagen. Außerdem werden unsere Mädels nichts merken, denn sie wissen, dass wir sehr gut miteinander befreunden sind." Leila legt erneut ihre Hand auf meinen Oberschenkel und schaut mich liebevoll an.
„Gracias. Wir müssen es nur mit Verstand angehen, damit es nicht auffällt.", sage ich zu Leila. Ein Hauch von Verzweiflung ist deutlich in meiner Stimme zu hören. Leila legt ihre rechte an an meine linke Wange und streichelt zärtlich drüber.
„No te preocupes. Lo lograremos y todo saldrá bien. Ya lo verás." Leila's Worte in Gottes Ohr. Ich lasse mich einfach überraschen, was gleich und in den nächsten Wochen passieren wird. Vielleicht werde ich auch überrascht und Lucy zeigt mir früh, dass sie doch kein Interesse an mir hat.
„Ich hoffe, dass unser Plan aufgeht." Müde reibe ich mir über die Stirn.
„Es wird funktionieren. Lucy ist sehr eifersüchtig und wird es nicht lange auf sich sitzen lassen, dass ich mit dir Zärtlichkeiten austausche und sie nicht."
„Sie hat Keira. Was ist, wenn Lucy nicht reagiert?"
„Lucy wird reagieren. Nochmal, Keira ist so interessant wie ein Eimer und sie weiß, wie sexy du bist. Joder, jetzt vertau' auf uns und lass' uns reingehen. Je länger wir warten, desto unsicher wirst du." Leila's gespielte Wut ist ein wenig nervig. Für sie scheint es normal zu sein, jemandem eine Beziehung vorzuspielen, doch für mich ist es eine ganz neue Situation.
„Vale. Wir ziehen das jetzt durch.", sage ich zu Leila und halte ihr meinen kleinen Finger hin. Leila legt ihren Finger um meinen. Mit einem kurzen Augenkontakt bestätigen wir beide unseren Schwur.
„Du wirst gleich sowieso nicht wissen, was du machen sollst. Also lass' mich bitte anfangen und spiel dann einfach mit."
Ich nicke Leila zustimmend zu und öffne die Fahrertür. Von der Rücksitzbank hole ich meine Handtasche. Leila wartet vor dem Auto auf mich und hält mir ihre Hand hin.
Schmunzelnd ergreife ich ihre Hand und gemeinsam gehen wir Hand in Hand zum Trainingszentrum.
Ich wende meinen Blick von Leila ab und richte ihn nach vorne. Mein Blick fängt sofort den von Lucy auf. Wenn man vom Teufel spricht. Ich sehe, wie ihr Blick auf unsere verschränkten Hände fällt. Selbst aus der Ferne kann ich die Ader auf ihrer Stirn erkennen, die immer zum Vorschein kommt, wenn sie sauer ist.
„Ist das nicht Lucy?", höre ich Leila neben mir fragen.
„Sí", antworte ich ihr knapp.
„Hmm, so sauer wie sie guckt, scheint unser Plan jetzt schon aufzugehen.", sagt Leila belustigt.
Um ehrlich zu sein, hätte ich nicht damit gerechnet, dass Lucy uns jetzt schon sieht. Ich weiß, dass ich ein schlechtes Gewissen haben sollte, doch ich genieße gerade das Gefühl der Überlegenheit. Vielleicht merkt Lucy mal, wie es ist, wenn sie nicht weiß, woran sie bei dem anderen ist und wie es sich anfühlt, wenn man mit jemandem umgeht, wie mit einem Spielzeug.
So, wie Lucy die Tür öffnet, ist sie definitiv wütend. Mir ist es gerade egal, denn unser Plan scheint aufzugehen. Ich hoffe nur nicht, dass der Plan nach hinten losgeht, doch erstmal sollen die Spiele beginnen.

Fuego Y PasiónWo Geschichten leben. Entdecke jetzt