Kapitel 9

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POV Lucy Bronze

„Ich glaube nicht, dass ich dir mein Herz ausschütten sollte, nach all dem, was zwischen uns passiert ist." Ona's Worte gehen mir einfach nicht aus dem Kopf. Selbst während des Spiel konnte ich mich kaum konzentrieren. Wir haben zwar 0-5 gewonnen, doch immer wieder überkam mich der Gedanke an Ona's Worte und sofort war meine Laune getrübt.

Die Stimmung in der Kabine ist ausgelassen, doch für unsere Verhältnisse sind wir still. Ab und zu bekomme ich ein Lächeln zustande, doch es verschwindet schnell wieder. Selbst Patri hat heute ihre Musikbox nicht ausgepackt. Jeder scheint in seinen Gedanken versunken zu sein. Eigentlich ist es kein Wunder, denn die nächsten Wochen werden ziemlich anstrengend. Es stehen noch Länderspiele an und ich persönlich, finde es immer komisch, wenn du lange mit deinem Verein gespielt hast, ins Training oder Spiel mit der Nationalmannschaft zu gehen. Du musst dich erst wieder an deine Teamkollegen und die Spielweise gewöhnen. Klar, wir kennen uns alle schon über viele Jahre, doch es ist jedes Mal ungewohnt. Aber auch das Training ist ein komplett anderes. Sarina trainiert ganz anders und auch daran musst du dich erst gewöhnen. Trotzdem freue ich mich schon darauf, die anderen Lionesses wiederzusehen. Für uns stehen Spiele gegen Schweden und Irland an. Nachdem wir uns so schwer in der Nations League getan haben, hoffe ich, dass wir uns bei den Spielen zusammenreißen und gewinnen. Schließlich sind wie die amtierenden Europameisterinnen.

Die Kabine leert sich allmählich und die Mädels machen sich auf den Weg zum Mannschaftsbus. Ich bin froh, wenn wir gleich nur noch unsere Koffer abholen und dann zurück nach Barcelona fliegen. Für mich steht Übermorgen nämlich der Flug nach England an. Bis dahin muss ich noch einige Sachen erledigen und mich mental auf das Training vorbereiten. Morgen steht noch eine Analyse zu dem heutigen Spiel an und danach muss ich auch schon packen.
Für mich bleibt daher nur noch wenig Zeit noch einmal mit Ona zu sprechen. Dazu muss ich auch noch Keira bei Laune halten.

Im Flugzeug habe ich deutlich zu spüren bekommen, dass Keira eifersüchtig ist und ich frage mich warum. Ich wollte mich nur mit Ona unterhalten, denn Keira hat es vorgesehen, sich zu Aitana zu setzen. Tatsächlich frage ich mich, warum Keira in der letzten Zeit so an Aitana hängt. Sonst wechseln die Beiden auch kaum zehn Sätze am Tag.
Ausgerechnet als ich bei Ona saß, musste Keira und stören. Ich meine, ich freue mich, dass Keira mich gefragt, ob ich mit ihr ein paar Vokabeln durchgehe, doch der Zeitpunkt war äußerst schlecht.
Zudem finde ich es komisch, dass Keira im Flugzeug Vokabeln lernen wollte. Normalerweise sitzt Keira an ihrem Handy und spielt irgendwelche Spiele. Ich begnüge mich eher mit einem guten Buch und Musik.
Selbst beim aufwärmen häng Keira förmlich an mir. Ich finde ihr Verhalten wirklich sehr komisch und mich würde interessieren, was in ihrem Kopf vor sich geht.
Noch mehr würde mich allerdings interessieren, was in Ona's Köpfchen vor sich geht. Mit dem Gespräch im Flugzeug wollte ich den ersten Schritt auf Ona zugehen, um herauszufinden, was sie nun für mich empfindet. Natürlich zeigt sie mir die kalte Schulter und es macht mich auch wahnsinnig, doch ich liebe Herausforderungen. Besonders, wenn ich am Ende noch gewinne.

Ich bin so in meinen Gedanken versunken, dass ich gar nicht mitbekomme, dass ich nur noch mit Alexia und Jana in der Kabine stehe.
„Habt ihr Alles?", fragt Alexia in den Raum.
„Ja", kommt es knapp von Jana und ich nicke ihr einfach nur zu. Alexia kommentiert meine Geste mit einem Lächeln. Ich schnappe mir gerade meine silbernen Apple AirPods Max als plötzlich die Kabinentür aufgeht und eine nervöse Ona hereinkommt.
Irritiert schauen Jana und Alexia sie an. „Ich habe meinem Glücksbringer vergessen.", sagt Ona aufgeregt. Glücksbringer? Seid wann hat sie einen Glücksbringer?
„¿Quieres que te ayudemos a buscarlo?", Alexia geht auf Ona los und legt ihr eine Hand auf die Schulter. Sofort macht sich Eifersucht in mir breit. Ich weiß, dass die Beiden sich sehr lange kennen, doch trotzdem geht es mir gegen den Strich, dass Alexia Ona anfasst. Vor allem, weil ich es nicht kann.
„Schon gut. Ich kann Ona beim suchen helfen. Geht ihr Schin zum Bus.", schlage ich vor. Ich sehe, dass Alexia verwundert über meine Aussage ist, doch schnell fängt sie sich wieder. „De acuerdo, se lo diré al equipo. Buena suerte." Ein letztes Mal zwinkert Alexia Ona zu bevor sie sich mit Jana auf den Weg zum Mannschaftsbus macht.

Die Kabinentür schließt sich und ich beginne augenblicklich dümmlich zu grinsen. Ona schaut mich genervt an und schnaubt. Sie geht an mir vorbei zu ihrem Platz und beginnt zu suchen. Das dümmliche Grinsen verschwindet augenblicklich aus meinem Gesicht. Hm, Ona ist also nicht zum scherzen aufgelegt. „Wie sieht dein Glücksbringer aus?", frage ich regelrecht schüchtern.
Ona atmet schwer aus und während sie den Fußboden absucht sagt sie zu mir „Es ist eine kleine Goldmünze. Ich habe sie von meiner Abuela bekommen und Normalerweise ist sie immer in meiner Jackentasche." Ona ist sichtlich nervös und ich kann sie verstehen. Meinen Blick lasse ich ebenfalls über den Fußboden gleiten. „Ich wusste gar nicht, dass du einen Glücksbringer hast.", gebe ich zu.
„Du weißt einiges nicht über mich, weil du mich nicht fragst." Über Ona's Aussage bin ich überrascht. Innerlich weiß ich, dass sie recht hat.
Ich verkneife mir eine Antwort darauf.
„Mierda! Wo kann die Münze sein?", ruft Ona verzweifelt aus. Mir tut es sehr Leid für Ona, denn ich weiß, wie wichtig ein Glücksbringer sein kann. Außerdem hat sie die Münze von ihrer Abuela bekommen. Für einen Familienmenschen, wie Ona einer ist, sind solche Geschenke besonders wichtig.

Ich drehe mich zu Ona um und sehe plötzlich etwas in meinen Augenwinkel aufblitzen. Neugierig gehe ich zu Jana's Platz und beuge mich nach unten, um besser unter die Bank schauen zu können. Zu meiner großen Freude, sehe ich eine kleine goldene Münze dort liegen. Kein Wunder, dass Ona sie nicht finden konnte, denn sie ist wirklich sehr klein und weit nach hinten gerollt.
„Ich habe sie!", rufe ich freudig aus.
„Was?", entgegnet mir Ona ungläubig. Langsam stelle ich mich wieder hin und halte die Münze nach oben. Schneller als ich gucken kann, steht Ona auch schon vor mir. Augenblicklich steigt mir ihr Geruch in die Nase. Ona's Wangen sind leicht gerötet und ihr langes nasses Haar schmiegt sich um ihr Gesicht. Sie sieht verdammt niedlich aus. Ich muss mich wirklich zusammenreißen, nicht über sie herzufallen.
„Ja! Das ist die Münze!"
Plötzlich treffen sich unsere Blicke. Ich bin so auf Ona's Augen fixiert, dass ich die Münze, die ich zwischen uns halte, schon gar nicht mehr wahrnehme. Ich würde lügen, wenn ich sage, dass sich keine Schmetterlinge in meinem Bauch breitmachen.

Ich weiß nicht, wie lange wir uns so anschauen, doch das reicht mir nicht. Ohne großartig darüber nachzudenken, gehe ich einen Schritt auf sie zu und lege meine rechte Hand um ihren Nacken, damit ich sie zu mir ziehen kann. Unsere Lippen treffen aufeinander. Ich rechne mit Gegenwehr, doch ich bekomme keine. Ganz im Gegenteil. Ona stöhnt leicht in den Kuss hinein, was mich noch wahnsinniger macht. Ich lasse die Münze in ihre Jackentasche gleiten.
Meine linke Hand greift an ihre Hüfte, so dass ich sie näher an meinen Körper ziehen kann.
God, sie macht mich so verrückt. Unsere Zungen beginnen miteinander zu tanzen. Ihre Lippen sind so verdammt weich. Meine Welt beginnt still zu stehen und ich kann nur noch daran denken, wie sehr ich diesen Kuss genieße.

Plötzlich merke ich, wie Ona mich nach hinten drückt und ich nach ein paar Schritten gegen die Wand knalle. Erschrocken schaue ich sie an. Da sie einen Kopf kleiner ist, senke ich leicht meinen Kopf. In ihren Augen kann ich pure wilde Leidenschaft sehen, was meine Libido noch mehr ankurbelt. Ona legt ihre rechte Hand um meinen Hals und drückt gleichzeitig meinen Kopf nach hinten. Ich verstehe zuerst nicht, was sie vorhat, doch als sie beginnt an meinem Hals zu knabbern, ist es um mich geschehen. Dieses kleine Biest verpasst mir eine Retourkutsche. Sie lässt von meinem Hals ab und ich fange ihren devoten Blick ein. Ona schaut mich mit ihren großen braunen Augen an und beißt sich auf ihre Unterlippe. Das mich das noch mehr anmacht, brauche ich bestimmt nicht mehr zu sagen.

So schnell, wie Ona mich auch gegen die Wand, so schnell lässt sie wieder von mir ab. Ihre Zunge streckt sie seitlich schelmisch heraus und schaut mich arrogant an. Irritiert lässt Ona mich stehen und öffnet die Kabinentür. „Was war das?", frage ich sie außer Atem. Ona dregt ihren Kopf nach recht und ich sehe ein breites Grinsen in ihrem Gesicht.
„Das zwischen uns? Es war Spaß und mehr nicht." Ona zwinkert mir noch einmal zu, ehe die die Kabine verlässt.
Ich brauche einen Moment, um zu verstehen, was gerade passiert ist. Sie hat den Kuss erwidert und für sie was es...nur Spaß?
Frustration macht sich in mir breit. Ich schnappe mir meine Tasche und mache mich ebenfalls auf den Weg zum Mannschaftsbus. Hm, wenn Ona spielen will, dann können wir gerne spielen. Sie darf nur nicht vergessen, dass ich dieses Spiel viel besser kann. Sie wird schon sehen, wie viel Ausdauer ich habe und dann werden wir schauen, wer am Ende gewinnt.

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