Teleportation ist nicht einfach

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„Lu, pass auf deine Deckung auf! Links! Hinter dir! Genau so! Das hast du gut gemacht!"

Völlig aus der Puste und komplett durchnässt stand ich meinem Gegner gegenüber, der mich mal wieder bis aufs äußerste quälte. Nachdem mein Vater Onkel Thatch erzählt haben musste, dass ich mein Training etwas vernachlässigt hatte, hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, mich permanent zu nerven. Ich weiß, dass sie nur mein Bestes wollten, aber das Problem verstand ich trotzdem nicht. Ja, ich hatte meine Teufelskraft noch nicht zu hundert Prozent im Griff, aber mindestens zu achtzig. Das war doch auch was!

Mit seinem Schwert lief er wieder und wieder auf mich zu, was mich ganz schön in Bedrängnis brachte, weshalb er mich auch einmal sogar an meiner Seite traf. Mitleid kannte er nicht und Erbarmen sowieso. Aber das hatte ich auch nicht nötig! Bisher konnte ich die meisten seiner Angriffe mit meinem Rüstungshaki, welches wiederum immer besser wurde, abwehren, aber je mehr ich mich auspowerte, desto schwächer wurde es.

„Okay, ich denke, das reicht fürs Erste", sagte er. „Und nun nutze deine Kraft und teleportier dich hoch ins Krähennest."

„Onkel Thatch, das ist sinnlos. Ich kann das schon."

„Na, dann zeig es mir!"

Ich konzentrierte mich kurz, klatschte dann in die Hände und fand mich kurze Zeit später in schwindelerregender Höhe wieder. Zufrieden grinste ich ihm zu als ich nach unten sah. „Siehst du!"

„Sehr gut! Und nun wieder runter!"

Auch das verlief ohne Probleme. „Du musst dir da schon was Schwierigeres einfallen lassen."

Siegessicher, verschränkte ich meine Arme vor meiner Brust, während ich ihn weiter angrinste.

„Du bist genauso überheblich wie dein Alter. Na gut. Jetzt teleportier dich auf die Insel dahinten!"

Ich folgte seinem Blick zu einer Insel, von der man nur noch schwach die Umrisse am Horizont erahnen konnte und schluckte. Normalerweise war auch das kein Problem für mich, aber sobald ich einen Ort nicht klar vor Augen hatte und nicht wusste wie es dort aussah wurd es wirklich schwierig.

„Na, hat sich unsere Kleine jetzt in die Hose gemacht?"

„Du bist gemein!" Maulig bließ ich meine Wangen auf und versuchte mit meinem liebesvollsten Blick mich aus der Affäre zu ziehen.

„Schau mich nicht so an Lu. Du wirst dich jetzt da rüber teleportieren."
„Und was, wenn ich es nicht mehr zurückschaffe?"
„Dann musst du es so lange versuchen, bist du es schaffst."
„Du bist ganz schön fies!"

Daraufhin fing er lauthals an zu lachen, sodass sich sogar einige der sich an Deck befindlichen Personen zu uns umdrehten. Mit leicht geröteten Wangen sah ich schnell von ihnen weg. „Hör auf mich auszulachen!", knurrte ich wütend.

„Komm schon, Kleine. Wenn du es nicht schaffst, dann kommt Marco rüber geflogen und holt dich."

Damit war ich schlussendlich einverstanden. Zumal ich es liebte auf seinem Rücken durch die Luft zu schweben. Marco war einfach so schön kuschelig und weich und irgendwie roch so ein Phoenix auch unheimlich gut.

Nach einem letzten zweifelnden Blick zu Thatch, schloss ich dann meine Augen und atmete tief ein und wieder aus. Dann legte ich meine Hände aneinander und versuchte mich nur auf diese unbekannte Insel zu konzentrieren. Wenn ich mich nicht beeilte, dann würde sie bald komplett aus meinem Sichtfeld verschwinden.

Als ich einen Punkt fokussieren konnte, klatschte ich in die Hände und fand mich kurz darauf in einer fremden Umgebung wieder. Es sah aus wie eine Küste, nur ohne Hafen und Schiffe. Auch sonst war diese Insel ziemlich ausgestorben und trostlos. Die Moby Dick war ganz klein am Horizont zu erahnen, worauf ich mir einen lauten Jubelschrei nicht mehr verkneifen konnte. Ich hatte es tatsächlich geschafft! Ich hatte mich an einen fremden Ort teleportiert, ohne Hilfe und in sehr weiter Entfernung. So etwas hatte ich bisher noch nie geschafft! Nachdem mein kleiner Freudetanz beendet war, bekam ich es dann aber doch etwas mit der Angst zu tun. Immerhin musste ich ja auch wieder zurück.

Doch mit einem Mal war das Schiff verschwunden. „Wo seid ihr?!" Hastig lief ich die Küste an der steilen Felswand entlang, in der Hoffnung das Schiff zu entdecken, doch ich war wohl zu langsam. „Nein! Mist! Thatch! Onkel Thatch!", rief ich den Tränen nahe. „Was hatte er noch gesagt?" Krampfhaft rief ich mir seine Worte von vor einigen Tagen zurück ins Gedächtnis. „Ich muss mich nur konzentrieren, die Kraft kommt dann ganz von allein, denn meine Teufelsfrucht ist dazu im Stande." Also wiederholte ich den gleiche Prozess wie noch vor wenigen Sekunden und teleportierte mich zurück. Kurz hatte ich Angst, dass es nicht funktioniert hatte, aber als ich meine Augen öffnete, sah ich ihn. Mit einem breiten Grinsen und in die Hüfte gestemmten Händen stand Thatch neben Izo und Vista und nickte anerkennend.

„Siehst du. Ich habe es dir gesagt."

„Ich habs geschafft! Ich habs wirklich geschafft!" Lachend und jubelnd fiel ich ihm um den Hals, während die anderen ebenfalls zu lachen begannen. Für einen kurzen Moment hatte ich sogar alle Sorgen und Ängste in Bezug auf meine Mutter vergessen. „Ich muss das nochmal testen! Wo soll ich jetzt hin? Auf ein anderes Schiff? Oder auf eine andere Insel?"

„Ruhig Süße. Ich denke für heute hast du dich genug verausgabt", sagte er und stellte mich wieder auf dem Boden ab, nachdem ich mich an ihn festgeklammert hatte.

„Wir beide trainieren jetzt noch ein wenig dein Rüstungshaki und dann reicht es auch für heute."

„Du hast echt Fortschritte gemacht, Maluna." Izo nickte mir anerkennend zu, bevor Thatch und ich uns wieder zum hinteren Teil des Schiffes vorwagten.

Nach weiteren 2 Stunden war ich körperlich vollkommen am Ende. Meine Muskeln schmerzten, jeder einzelne, selbst die von denen ich nicht einmal wusste, dass ich dort welche hatte, meine Arme und Beine hatten einige Schurf- und Schnittwunden und meine Energie lag ungefähr bei null Prozent. Vor allem aber hatte ich so einen unglaublichen Hunger, aber Schwäche zeigen, wollte ich auch nicht. Ich musste immerhin stärker werden, wenn ich meine Mutter retten wollte.

„Onkel Thatch? Wird es Mama gut gehen?"

Thatch stoppte mitten in seiner Bewegung, als ich mich mutlos auf den Boden fallen ließ. Mit großen Augen sah er auf mich herab und fuhr sich dann durch seine witzige Frisur.

„Deiner Mama wird es ganz sicher gut gehen, meine Kleine. Sie ist einer der stärksten Menschen, die ich je getroffen habe. Du hast doch gesehen, dass sie sogar stärker war als dein Vater."

Seine Worte stimmten mich wenigstens ein bisschen optimistisch. Mit einem zögerlichen Lächeln und hoffnungsvollem Blick stand ich wieder auf. „Ich glaube nur, dass Papa böse auf mich ist."

„Wieso sollte er das?" Thatch schob sein Schwert zurück in die Scheide und verschränkte dann seine Arme vor der Brust.

„Weil ich Mama nicht beschützen konnte." Bei dem Gedanken an ihren angsterfüllten Blick und meine warnenden Rufe, stiegen mir sofort wieder die Tränen in die Augen. „Er würde es mir bestimmt nicht sagen, aber ich glaube er gibt mir die Schuld an allem." Nach einer kurzen Stille zwischen uns fügte ich leise hinzu: „Er ist wirklich traurig." Ich mochte es nicht, wenn einer der beiden leiden musste, vermutlich genauso wenig wie sie es nicht ertragen würden, wenn mit mir etwas wäre. Aber mein Vater versucht immer der Starke zu sein und als ich ihn vor ein paar Tage auf dem Sabaody Archipel sah, wie er wieder und wieder seine Faust in die Bäume rammte, wie er wieder und wieder seinen Frust abbauen und seine Gedanken sortieren musste, wurde mir richtig übel. Er war wie in einem Tunnel, selbst als ich versucht hatte auf ihn einzureden, hörte er mir gar nicht richtig zu. Also gab ich nach einiger Zeit auf und ließ ihn einfach allein, immerhin machte mir das genauso zu schaffen wie ihm. Erst einen ganzen Tag später kam er dann auf die Moby Dick zurück, aber auch dann sagte er kein Wort.

Ich wollte so sehr, dass es ihm wieder gut ging, dass er so hoffnungsvoll blieb, wie er es sonst auch immer war, immerhin bewunderte ich das so sehr an ihm und meinen Onkel Ruffy, aber da wir aktuell nicht wussten, wo sie sich aufhielten und ich auch noch Mamas Vivre Karte vor Monaten verloren hatte, machte es dass alles nicht unbedingt besser.

Ich muss traurig ausgesehen haben, denn Thatch klatschte freudig in die Hände, sodass ich kurz zusammenzuckte.

„Weißt du was? Ich koche dir jetzt ein richtig schönes Steak. Damit du endlich auf andere Gedanken kommst. Und danach gibt es noch Eis für das kleine Schleckermäulchen. Na, was sagst du?"

Ich wusste, dass auch er angespannt war, jeder hier war es, immerhin waren zwei seiner engsten Freundinnen entführt worden, dennoch war seine Ablenkung geglückt. Zügig lief ich ihm hinterher nach unten, denn auch meinem Magen schien sein Vorschlag zu gefallen.

Feuer und Wasser 3.0 (OC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt