Menschen sind auch Lebewesen

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„Was machen wir denn jetzt?!", weinte ich immer noch, als Onkel Thatch mich Huckepack Richtung Mangrove 41, wo die Moby Dick vor Anker lag, zurückbrachte. Nachdem ich live miterleben musste, wie meine Mutter und meine Tante vor den Augen aller entführt wurden und niemand, wirklich niemand, Anstalten machte ihnen zu helfen, befanden wir uns nun auf dem Weg zurück, um Verstärkung zu holen. Denn Thatchy erzählte mir, dass es sich bei den Männern vermutlich um Sklavenhändler gehandelt haben musste, welche die beiden Frauen nun zum Auktionshaus brachten, wo sie für ein hübsches Sümmchen versteigert werden sollten.

Die Insel war voll von ihnen, deshalb musste man genauestens aufpassen, wo und in welchen Teilen man sich so herumtrieb. Obwohl der Vergnügungspark normalerweise nicht zu den Gebieten der Kriminellen gehörte, um auf Beutejagd zu gehen. Auf der anderen Seite tummelten sich in den nicht gesetzeslosen Zonen die schönsten Frauen und die mysteriösesten Wesen wie Meerjungfrauen oder andere seltene Lebewesen. Den Grund für die Entführung konnte er mir nicht sagen, aber vermutlich erging es hier vielen Frauen so, wenn man nicht vorsichtig genug war.

„Zuerst einmal werden wir Marco und den anderen davon berichten, einen Plan schmieden, weil wir nicht einfach blindlinks in dieses Auktionshaus laufen können ohne ein gefundenes Fressen für die Weltaristokraten zu sein und anschließend die beiden Frauen da raus holen, was sonst?!"

„Wieso hat ihnen denn niemand geholfen?!", jammerte ich immer noch fassungslos.

„Lu, Kleine, auch wenn die Insel auf den ersten Blick beeindruckend ist, aber sie hat auch ihre Schattenseiten. Überall treiben sich Kriminelle und wenn man besonders viel Pech hat auch Himmelsdrachen herum. Menschen werden nicht wie welche behandelt und Fischmenschen oder Minks sowieso schon gar nicht. Deshalb müssen wir uns wirklich beeilen." In einem affenzahn sprang er über die nächsten am Boden aufkeimenden Wurzeln der Mangroven, schlängelte sich durch Gestrüpp hindurch und steuerte immer weiter den Ort an, an den ich schon von Weitem langsam den ersten Mast erahnen konnte.

„Meinst du sie werden sie töten?!"
„Zuerst einmal, werden sie die beiden verkaufen. Niemand hätte was davon sie umzulegen."

Ob mich seine Worte nun beruhigten, wagte ich stark zu bezweifeln.

„Wir sollten uns lieber einen Plan einfallen lassen, der verhindert, dass sich dein Vater einfach voller Wut in das nächste Problem stürzt."

Bei dem Gedanken an ihn und seine aufkeimende Wut wurde mir ganz anders. Sicherlich würde er durchdrehen oder irgendwas kaputt machen, oder noch schlimmer: er würde mich und Thatch ins Wasser schmeißen, weil wir nichts getan haben.

Ein flaues Gefühl überkam mich und ich hatte das Gefühl mein Frühstück würde wieder Guten Morgen sagen wollen. Zum Glück hatte ich nur 2 Bissen meines Sandwiches herunterbekommen.

„Okay, da wären wir. Lu, bitte lass mich das regeln, okay?" Stumm nickte ich, als er mich wieder am Boden absetzte.

Wir hatten Glück, denn sie waren allesamt an Deck und nicht wie vorerst angenommen in der Stadt unterwegs.

„Hey ihr Zwei, ihr seid früh zurück. Hat dir die Fahrt im Riesenrad doch nicht gefallen, Lu?" Marco kam als erster auf uns zu, merkte allerdings recht schnell das etwas nicht stimmte.

„Wo sind Azu und Shali?"

„Leute! Alle herkommen!", rief Thatch aus voller Kehle, ohne zu antworten, spätestens jetzt waren Marcos Alarmsignale scharf geschaltet.

„Oi Thatchy, schrei doch nicht so, ich habe gerade ein richtig schönes Nickerchen gemacht", gähnend richtete sich mein Vater auf, der es sich zwischen einigen Fässern bequem gemacht hatte und sich zuerst einmal ausgiebig streckte. Ich stand währenddessen weiter stumm neben unserem Koch, bemüht nicht schon wieder zu weinen.

„Wir haben ein Problem. Sind alle da?!"

„Raus mit der Sprache, Thatch!" Marco verzog angestrengt sein Gesicht, vor allem nachdem ich meine Tränen nun doch nicht mehr verstecken konnte. Vom Schluchzen hellhörig geworden, kam nun auch mein Vater mit großen Augen auf uns zu und hockte sich dann vor mich, bevor er mich in die Arme nahm.

„Was ist passiert?", fragte er dabei todernst. Weinend klammerte ich mich an seine nackte Brust und wurde ruckartig von seiner mir allzu bekannten Wärme umhüllt. Immer wieder spürte ich seine Hand meinen Rücken auf und ab wandern, ehe ich mich endlich wieder etwas zusammenriss.

„Azu und Shali wurden vor unseren Augen von Sklavenhändlern entführt."

„Das ist jetzt nicht wahr?!" Marco rieb sich über den Nasenrücken, und ließ sich gegen die Reling fallen.
„Und wieso hast du nichts dagegen unternommen?"

„Lu und ich saßen im Riesenrad fest, wir konnten nichts tun... außer alles mit anzusehen..."

Ich spürte, wie sich der Griff meines Vater etwas lockerte. Er war wütend das merkte ich sofort, als seine Körpertemperatur noch weiter anstieg.

„Wo sind sie?!"

„Vermutlich auf dem Weg in die Gesetzlose Zone, wo sich das Auktionshaus befindet. Aber es ist nur eine Vermutung."

„Man sollte den Besitzer endgültig zur Strecke bringen! Allein, dass sie diesen Schauplatz der Schande wieder aufgebaut haben, nachdem es vor Jahren zerstört wurde...", Izo schüttelte erschöpft seine langen dunklen Haare.

„Izo! Pass auf Lu auf, während wir weg sind, ja?!"

„Ace, was hast du vor? Hast du schon vergessen, dass sich dort die Himmelsdrachen aufhalten?!" Marco packte ihn am Arm, damit er nicht im nächsten Moment von Bord fliehen konnte.

„Na und?! Willst du etwa zusehen, während deine Freundin einfach an einen ekligen Widerling versteigert wird und von da an als seine Sexsklavin herhalten darf?!"

„Natürlich nicht! Aber wir können da nicht einfach hin marschieren, freundlich Guten Tag sagen, sie befreien und wieder gehen, als sei nie etwas gewesen!"

„Und was ist dein Vorschlag?!"

„Wir müssen uns zuerst einmal einen Plan überlegen und dann schauen, was wir das Geld zusammen bekommen. Vielleicht schaffen wir es ja sie einfach legal freizukaufen", ging Thatch dazwischen und schob die beiden Streithähne auseinander.

„Aber das dauert zu lange!"

„Ace, ich bin der Kapitän und wenn ich sage wir überlegen uns einen Plan, dann hast auch du dich dran zu halten, yoi!"

Izo an meiner Seite und auch ich zuckten bei dem rauen Ton des Blonden plötzlich zusammen, während mein Vater inzwischen regelrecht in Rage war.

„Hör auf mit dieser Kapitän Masche, Marco! Hier geht es immer noch um Shali und Azu! Wenn wir uns nicht beeilen, dann... dann..."

Er ballte seine Hände zu Fäusten, sein Blick war starr auf den Boden gerichtet, was in seinem Kopf wieder vor sich ging, wollte ich mir gar nicht erst ausmalen.

„Ace... Marco hat Recht. Komm wieder runter und beruhig dich. Wir werden die beiden dort schon wieder rausholen." Jozu legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter, die er allerdings sofort wegstieß und sich dann beleidigt ans Heck des Decks verkrümelte.

Feuer und Wasser 3.0 (OC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt