Schweißgebadet wachte ich aus einem Traum wieder auf, den ich nicht richtig deuten konnte. Die Gedanken daran waren etwas verschwommen, aber ich hatte ganz klar das Gesicht meiner Mutter vor Augen. Sie hatte ein paar Schrammen und saß in einem Käfig, aber ansonsten schien es ihr den Umständen entsprechend gut zu gehen.
Was hatte das nur zu bedeuten? Langsam versuchte ich meinen erhöhten Herzschlag zu beruhigen, wobei mein Blick kurz durch die Kajüte meiner Eltern ging. Doch sie war bis auf meiner Wenigkeit leer. Wo war mein Vater? Sein Bett war noch komplett unberührt, stellte ich verunsichert fest, vor allem weil es schon mitten in der Nacht war. Mama hatte oft erzählt, dass er sich schon mehrmals überstürzt und gedankenlos in Gefahr begeben hatte. Ob es wieder der Fall war?
Hastig stand ich auf und zog mir meine Hose über, bevor ich auf den ruhigen und noch dunklen Flur hinaustrat. Leise tapste ich umher, doch alle schliefen und nichts rührte sich mehr. Meinen Vater konnte ich dabei allerdings nirgendwo entdecken.
Langsam wurde ich etwas panisch und beschleunigte meinen Gang, als ich die Tür zum Außenbereich aufstieß. Mit einem Mal wehte mir der lauwarme Wind entgegen und ich holte einmal tief Luft, bevor ich mich dann auf dem Deck umsah.
Nach ein paar Minuten entdeckte ich ihn dann, er stand mit Marco an der Reling und die beiden unterhielten sich leise, aber ich konnte dennoch jedes Wort verstehen.
„Weißt du wie schwer es mir fällt, hier die ganze Zeit nur untätig rumzusitzen?!"
„Ja, immerhin kenne ich dich schon ewig. Und glaub mir, wenn ich dir sage, dass es mir ähnlich geht. Aber wir müssen die Ruhe bewahren. Früher oder später wird die Vivre Karte uns an den richtigen Ort lotsen. Wir müssen nur Geduld haben."
„Woher hattest du denn eigentlich ein Haar von Azura?"
„Das Bett ist voll davon", grinste der Blonde. „Außerdem liegt ihr Kamm im Bad. Pass auf, Ace. Bitte halte noch etwas durch, ja. Denk an Lu. Wir werden die beiden finden und den Mistkerl dann für alles bestrafen."
„Wie du immer so ruhig bleiben kannst." Mein Vater atmete genervt aus, bevor er sich dann auf der Reling abstützte und in den Himmel sah.
„Diese Frau bereitet einem echt nur Kummer!"
„Naja, wenigstens wird es so nie langweilig."„Erst will die Marine sie, dann Teach und jetzt irgendein Bastard, der sie nicht einmal kennt? Was für eine komische Ausstrahlung hat diese Frau, dass sie alle haben wollen?!" Den gereizten Unterton, oder war es Eifersucht, konnte sogar ich erkennen.
„Naja, sie kann ja nichts dafür, oder? Außerdem habe ich das Gefühl, dass es kein Zufall war, dass es beide erwischt hat..." Marco kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf, als ich noch ein bisschen näher an die beiden Männer herantrat.
„Papa?", flüsterte ich.
„Lu?" Irritiert drehten sich die beiden zu mir um. „Solltest du nicht im Bett liegen und schlafen?"
Doch ich ging gar nicht erst auf seine Frage ein, als ich weiter auf sie zuging.
„Ich glaube ich weiß, wo Mama und Tante Azu sind."
„Wie? Was soll das heißen?"
„Was meint du damit, Lu?" Marco trat ein paar Schritte vor und sah mich neugierig an.„Ich... ich weiß auch nicht. Aber ich habe sie gesehen."
„Wie? Du hast sie gesehen?" Nun kam mein Vater zu mir und baute sich direkt vor mir auf, bevor er mit seinen warmen Händen, an den Schultern packte. „Schatz, was hast du gesehen?"
„Ich habe Mama gesehen, wie sie in einem Käfig saß. Da war so eine Burg und ein paar Männern in komischen Klamotten. Und draußen um die Burg rum, sah alles so aus wie in einem Spielzeugladen."
Die beiden Männer wechselten einen irritierten Blick, bevor Marco schneller schaltete als mein etwas begriffsstutziger Vater.
„Das hast du geträumt?"
Stumm nickte ich nur.„Kann es sein, dass es eine weitere Funktion deiner Kräfte ist? Orte zu erahnen, ohne sie zu kennen...", murmelte er mehr zu sich selber als zu uns.
„Bist du dir sicher, dass es nicht einfach nur ein Traum war, Marco?"
„Überleg doch mal, Ace. Lu und Shali sind so eng miteinander verbunden. Sie hat das Mädchen zur Welt gebracht. Vielleicht ist es ihr deshalb in Kombination mit der Teufelsfrucht möglich den Aufenthaltsort ihrer Mutter zu bestimmen."
Mit großen, optimistischen Augen sah er uns abwechselnd an, während sowohl mein Vater als auch ich aktuell kein einziges Wort verstanden.
„Ich weiß, es ist etwas schwierig zu verstehen, aber viele Teufelskräfte reichen weit über das hinaus, von dem wir denken, dass sie es können. Hast du Azu auch gesehen?"
„Nein."
„Also nur deine Mutter, ja?"
„Ja."„Okay, dann bestätigt es das. Eine Mutter und ihr Kind haben eine ganz bestimmte Bindung zueinander. Und diese Bindung ermöglicht es dir, zu sehen wo sie ist."
„Das ist abgefahren", murmelte ich nur, obwohl ich es immer noch nicht ganz verstanden hatte.
„Und hab ich so eine Bindung nicht?"
„Ace, du hast dieses Kind nicht aus dir herausgepresst! Natürlich nicht!"
Wie zwei hirnlose Zombies standen wir vor Marco und sahen uns mit einem Blick aus Verwunderung und Bewunderung dem Blonden gegenüber, an.
„Du bist eindeutig zu schlau für mich." Dann widmete Ace sich wieder mir zu. „Lu, das ist großartig. Kannst du es nochmal versuchen. Vielleicht erkennst du dann auch den Mann, der dafür verantwortlich ist oder die Insel."
„Okay, ja ich versuchs." Mit leicht zittrigen Händen hielt ich seinen hoffnungsvollen Blick stand, bevor ich dann meine Augen schloss. Mit all meiner Kraft versuchte ich mir die Bilder wieder vor Augen zu führen, aber es funktionierte nicht. Egal wie sehr ich mich anstrengte und bemühte, weder diese Burg noch das Gesicht meiner Mutter tauchten vor meinem inneren Auge auf.
„Es geht nicht", wimmerte ich.
„Versuch es weiter, Prinzessin!"Noch einmal sammelte ich alle meine Energie, doch es passierte nach wie vor nichts. Vermutlich hatte ich mich zu sehr verausgabt, beim Training mit dem Koch.
„Ich schaff es nicht!" Nun begann ich zu weinen, der Druck war einfach zu hoch. Ich wollte sie doch einfach nur retten. Aber selbst wenn es auf mich ankam, war ich nicht fähig genug.
„Hey... Lu. Sieh mich an." Mit seiner warmen Hand strich er mir meine Tränen aus den Augenwinkeln und lächelte. Warte, was?
„Versuch es weiter, aber nicht mehr jetzt. Thatch hat mir erzählt, wie hart du heute trainiert hast. Außerdem bringt es nichts, wenn du dich so unter Druck setzt."
„Aber... aber... ich muss sie doch retten."
„Wir alle wollen die beiden retten."
„Aber ihr seid ja auch nicht schuld daran!"Ich konnte genau erkennen, wie sich seine Miene etwas verfinsterte, wartete auf den herabfallenden Hagel von Vorwürfen, doch er blieb aus.
„Lu, du bist nicht schuld daran, okay?! Hör auf, dir das einzureden!" Mit etwas mehr Kraft nahm er meine Wangen zwischen seine Hände und starrte mich eindringlich an. „Deine Mutter war schon immer ein beliebtes Ziel für so seltsame Menschen wie diesen Riesen. Hör also auf zu glauben, dass es deine Schuld war! Der einzig Schuldige ist dieser Mistkerl, der die beiden uns weggenommen hat!"
„Dein Vater hat recht. Niemand von uns trifft die Schuld. Aber wir sind jetzt auf deine Kräfte angewiesen. Versuch es einfach weiter und ich bin sicher, früher oder später wird es dir gelingen den Ort ausfindig zu machen." Marco lächelte mir höflich zu, bevor mich mein Vater fest an seine Brust drückte.
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Feuer und Wasser 3.0 (OC)
AdventureEin paar Jahre sind vergangen und Lu ist inzwischen stärker und zumindest etwas größer geworden, weshalb Shali und Ace beschließen zurück aufs Meer zu gehen, nachdem sie lange Zeit auf Foosha verbracht hatten. War es ein Fehler oder wird Lu es dort...