Neues altes Zuhause

6 0 0
                                    

An Schlaf war in dieser Nacht überhaupt gar nicht zu denken, als meine Mutter vorschlug, dass ich mich etwas ausruhen sollte, da das Training mit Atu mir doch im Nachhinein mehr zu schaffen machte als gedacht, aber ich dachte gar nicht daran. In dem Punkt war ich wohl durch und durch wie mein Vater. Neugierig und voller Tatendrang.

Stattdessen wollten sie zu zweit alleine runter zum Hafen, was mich fast schon kränkte. So als ob sie etwas vor mir verbargen oder aber klären wollten, was ich nicht wissen sollte. Die Erwachsenen und ihre Geheimnisse!

Nun standen wir drei am Hafen von Foosha, vor uns das Meer, auf dem dieses monströse Schiff schwamm und vor Anker lag und hinter uns ein paar Schaulustige, die den Anblick ebenso wenig realisiert hatten, wie wir.

„Sie sind wirklich hier", hauchte Papa und sprang mithilfe seiner Kräfte auf das Deck.

„Lu, halt dich an mir fest", befahl Mama und ich tat es, ohne zu fragen, ich wusste auch so dass sie ihm folgen wollte.

„Ich fasse es nicht, wie schön es sich anfühlt wieder hier zu sein!" Das Lächeln war kaum noch aus dem Gesicht des Schwarzhaarigen zu entfernen, so sehr freute er sich und wir uns mit ihm. Aber wer konnte es ihm verübeln, immerhin war das sein zweites Zuhause, seine Familie, neben uns natürlich und seine Vergangenheit. Hektisch rannte er in das Innere und ich hinterher, denn meine Vorfreude alle wiederzusehen stieg immer weiter. Mama blieb derweil an Deck und drehte dort eine kurze Runde. Vermutlich würde sie sich nur wieder zu ihrem Lieblingsplatz ans Heck begeben.

„Marco! Thatchy! Haru! Izo! Vista! Flamenco! Namur! Wo seid ihr?!" Wie ein Geisteskranker rannte er von Tür zu Tür, riss sie fast aus den Angeln, so wie ich zuvor unsere Eingangstür, sah sich suchend im Raum um, nur um dann festzustellen, dass niemand da war und dann weiter zu rennen und das Spiel von vorne zu beginnen.

„Komisch... wo sind sie nur alle?" grübelte er, während ich vor einer ganz anderen und noch nicht zerstörten Tür stehen blieb. Mit zittrigen Händen näherte ich mich und drückte schließlich die Klinke nach unten als mir ein sehr bekannter Geruch entgegen schwappte und sofort Erinnerungen hervorrief. Erinnerungen wie ich mit Mo auf diesem Bett vor mir schlief, wie wir auf dem Boden Bücher und Seekarten lasen oder es wenigstens versuchten und wie ich mit meinem Vater auf dem größeren der beiden Betten tobte und jedes Mal wieder gewann. Natürlich hatte er es mit Absicht getan, das war mir jetzt klar, aber als 5-Jährige dachte ich wirklich ich sei stärker als er.

Langsam trat ich ein, sah mich um. Es stand noch alles so da wie an dem Tag, an dem wir gegangen waren. Sogar die Steckbriefe von Mama, Papa und meinen Onkels Ruffy und Sabo hingen noch über dem Schreibtisch und die Delle in dem kleinen Tisch zwischen den Betten war auch noch da, stellte ich schmunzelnd fest. Sie entstand als Papa eines Nachts aus dem Bett fiel und mit seinem Kopf dabei auf die Holzkante krachte und diesen Abdruck hinterließ. Er hatte zwar geschnauft und geflucht, aber so etwas machte einem Mann wie ihm nichts aus, immerhin hatte er schon immer einen richtigen Dickkopf.

„Da kommen Erinnerungen hoch, was?" Ich zuckte zusammen, als ich seine Stimme in meinem Rücken spürte.

„Stell dir mal vor, wir würden wieder hier zu dritt in der Kabine leben", sagte und packte meinen Bauch, ehe er mich auf das große Bett schmiss und mich durchkitzelte.

„Nein! Papa! Nicht! Bitte!" Verzweifelt versuchte ich mich zu wehren, während ich ununterbrochen lachte und wie wild mit den Beinen strampelte.

„Du musst dich schon wehren, wenn du gewinnen willst", grinste er hämisch und zog mir den orangenen Hut tief in mein Gesicht, bevor er fortfuhr.

„Lass das! Das kitzelt!"
„Das ist ja auch der Sinn dahinter", lachte er und hatte Mühe gegen meine Tritte und Abwehrversuche anzukommen.
„Bitte... bitte..."
„Lu, kein Gegner wird dich verschonen, wenn du ihn anflehst."

Warte, sollte dass hier so etwas wie Training sein?! Augenblicklich spannte ich alle meine Muskeln an. Es muss ihn überrascht haben, denn er war kurz unaufmerksam und lockerte seinen Griff, ehe ich in meine Hand schnipste und er wie ein Sandsack, mit dem Gesicht voran in die Matratze fiel.

„Musst du immer ans Training denken?!" Genervt stemmte ich meine Hände in die Hüfte, während ich seinen tätowierten Rücken betrachtete.

„Komm schon, dass war doch nur ein Spaß", entschuldigte er sich und richtete sich wieder auf, indem er sich nun auf die Bettkante setzte und sich selbst im Raum umsah.

Für ihnen müssen hier noch so viel mehr Erinnerungen drinstecken, dachte ich, als er zu seinem Schreibtisch ging, den Blick starr auf die Steckbriefe gehaftet.

„Du vermisst sie, oder?"

„Natürlich! Ich vermisse die beiden Chaoten jeden Tag, aber daran habe ich nicht gedacht", lachte er und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.

„Und woran dann?"

„Daran wie deine Mutter und ich es hier zum ersten Mal auf dem Schreibtisch..." Plötzlich wurde sein Gesicht rot wie eine Tomate und er schlug sich panisch die Hände vor den Mund. „Wie wir hier zum ersten Mal zusammen Bücher gelesen haben."

„Das haben Mo und ich immer auf dem Fußboden gemacht", antwortete ich wahrheitsgemäß.

„Na wenn das mal nicht Ace und die kleine Maluna sind?"

Eine fremde Männerstimme drang plötzlich in unser Ohr, als ich schließlich den dicklichen Flamenco im Türrahmen stehen sah.

„Flamenco!" Mit strahlenden Augen rannte Ace auf seinen alten Freund zu und sprang ihm um den Hals, sodass dieser lautstark gegen die Wand auf der anderen Seite des Ganges krachte und Mühe hatte dem Druck meines Vaters standzuhalten. Ich kannte Flamenco, aber tatsächlich war er einer der Männer, mit denen ich nicht so viel Kontakt hatte. Es sei denn ich und Mo spielten Verstecken und nutzten verbotene Bereiche des Schiffes, dann war er zur Stelle und meistens mit seinem Hammer, mit dem er uns Angst einjagen wollte. Ich wusste von Mama, dass er ein lieber und etwas schüchterner Mann war, aber mir machte er auch nach Jahren immer noch etwas Angst.

„Willst du mich umbringen, Ace?!", rief er und schleuderte ihn von sich.

„Ich freue mich doch einfach nur dich zu sehen, altes Haus!"

Flamenco richtete sich seinen Hut mit dem bekannten Symbol, das Marco stolz auf seiner Brust trug und lächelte dann. „Ich freue mich auch euch zu sehen! Dann wanderten seine Augen wieder zu mir. „Maluna, schön dich zu sehen. Du bist ja vielleicht groß geworden!"

„Hallo Flamenco, willst du mich wieder bestrafen?"

Daraufhin begann er zu lachen, so doll, dass ich aus Unsicherheit einfach mit einstieg. „Aber nein. Vorausgesetzt du lässt unser Schiff dieses Mal heil."

Dieses Mal? Was wollte er damit sagen?

„Hast du Shali schon getroffen?", mischte sich Papa ein, als er sich wieder aufgerappelt hatte.

„Ja, sie sitzt wieder an ihrem Lieblingsplatz", sagte er und gab uns das Zeichen ihm zu folgen. „Marco und die anderen sind vor knapp 2 Stunden ins Dorf. Sie wollten etwas den Abend ausklingen lassen, bevor sie euch dann morgen besuchen wollten."

„Und wieso bist du hier allein an Bord geblieben?"

„Wir hatten vor zwei Tagen eine unangenehme Begegnung mit ein paar schmierigen Piraten. Sie haben uns angegriffen und Teile des Schiffes zerstört. Ich arbeite gerade noch daran, alles zu reparieren. Spätestens morgen wäre ich aber mitgegangen."

„Flamenco?" Als wir drei durch die breite Holztür nach draußen ans Deck traten, kam Mama uns schon entgegen. „Wo ist meine Schwester? Ich würde sie gerne sehen."

„Ich sagte gerade schon, dass sie im Dorf sind und sich von der Tour erholen."

„Also sind sie saufen?", grinste Mama.

„Wie man es interpretiert, ja."

„Wie kann Alkohol wichtiger sein als wir?!", knurrte mein Vater und sprang ohne Vorwarnung vom Schiff. „Marco, werde ich was erzählen!"

Feuer und Wasser 3.0 (OC)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt