Kapitel 61: Stegi's Besonderheit

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Pov. Stegi

Schritt für Schritt machten wir uns voran. Auf zum Kölner Dom. Dabei lief ich dicht bei Frau Good. Das alles hier macht mir schon ziemliche Angst, doch ich muss mich konzentrieren, sonst verrate ich meine Besonderheit.

Ich seufzte. Alle können ihre Besonderheit richtig gut geheim halten, doch ich? Eher weniger. Besonders in stressigen Situationen. Ich bekomme schnell Panik und wenn das passiert, dann werde ich... unsichtbar. Richtig gehört. Nicht unsicher, sondern unsichtbar. Der Einzige, der davon weiß, ist Herr Bergmann. Er versteht mich und hilft mir so gut es geht. Er ist wirklich nett. Wenn er merkt, dass ich die Kontrolle verliere, dann schickt er mich vor die Tür. Nicht um mich zu bestrafen, sondern um mir zu helfen, dass ich mich selbst beruhigen kann. Wir haben dem Öfteren Gespräche und auch er hat mir gesagt, dass er leider nicht mit mir laufen kann, aber falls was sein sollte, dass ich mich an Frau Good richten soll. Sie wird mir helfen, hat er gesagt und ich vertraue Herr Bergmann, denn... er ist mein einziger Freund. Neben Fabo und Basti natürlich.

Ich habe noch nie wirklich heraus gestochen in der Klasse und beliebt war ich erst recht nicht. Ich bin nicht so schlau wie Basti, nicht so hübsch wie Zombey, kein Schleckermal wie Patrick. Auch bin ich nicht so gelassen wie Sven (Cracker), noch bin ich so lustig wie Manuel. Ich bin einfach auch kein Einzelkämpfer wie Candy oder so lieb und nett wie Chessie. Auch bin ich nicht so stark wie Fabo und auch nicht so mysteriös wie Osaft.

Ein weiteres Seufzen verließ meine Lippen. Ich bin ein Niemand. Ich war schon immer ein Niemand. Niemand sieht mich, niemand versteht mich. Ich habe versucht Freundschaften zu schließen, aber das Sozialisieren war noch nie so mein Ding. Lieber beobachtete ich die Geschehnisse und denke mir meinen Teil dabei. Zum Beispiel hatte ich auch nicht wirklich Lust bei dem Theaterstück mitzumachen. Auf einer Bühne zu stehen war nun wirklich nicht, was ich wollte, doch Basti und Fabo haben mich überzeugt. Sie meinten, ich solle mich mal etwas trauen und die beiden machen ja auch mit also kann es nicht so schwer werden. Jedenfalls habe ich es mich dann getraut, aber im Theaterstück habe ich nicht wirklich was sagen müssen, wofür ich Frau Good sehr dankbar bin. Sie hat für mich eines der leichteren Aufgaben rausgesucht. Ich sollte mich einfach an Basti und Fabo halten und meiner Rolle als ‚Stephan' nachkommen. Für mich war es wirklich nicht einfach auf einer Bühne zu stehen. Das hatte ich auch schon beim Gesangsbattle gemerkt. Doch mit der starken Unterstützung von meiner Klasse ging es doch ganz gut. Ich meine, wir haben sogar gewonnen. Das nenne ich mal Erfolg, welcher aber am meisten Maurice zuzuschreiben ist. Er hat einfach eine hammer Stimme und zum Beispiel Michael konnte die Gitarre so gut spielen. Es war wirklich schön auch einfach nur zuzuhören. Ich bin echt froh, dass wir gewonnen haben. Doch irgendwie gefällt mir dieser Preis nicht so. Ich meine ja nur: Eine große Stadt mit gefühlt Millionen von Menschen und das ohne Herr Bergmann, Basti oder Fabo. Ich fühlte mich richtig aufgeschmissen.

Ich spürte schon, wie meine Haut leicht anfing zu kribbeln. Ganz eindeutig ein Anzeichen, dass ich Panik kriege. Ich schluckte einmal in der Hoffnung, dass das komische Gefühl verging. Mit der Hand auf meinem Brustkorb versuchte ich mich selbst zu beruhigen, doch es funktionierte irgendwie nicht. Kurz kniff ich meine Augen zu, um mich besser zu konzentrieren, doch wurde davon abgehalten, als Manu fragte: „Wo ist Stegi eigentlich hin? Es sind doch nur noch ein paar Meter." Oh nein, dachte ich. Es war schon wieder passiert. Jetzt fragen sie an nach mir zu suchen und zu rufen, doch ich kann sie doch nicht einfach ansprechen! Dann ist meine Besonderheit verraten. Mich überkam die Panik immer und immer mehr und ich griff heimlich und zitternd das Walkie-Talkie aus Candy's Hosentasche. Ich weiß. Klauen soll man nicht, doch das ist ein Notfall! Ich kann mich nicht beruhigen.

Ich suchte mir ein stilleres Örtchen und versuchte einer der beiden anderen Gruppen zu erreichen. Ich wusste in einer ist Fabo und Herr Bergmann und in der anderen ist Basti, also ist es egal welche ich erreiche. „Hallo, Stegi hier. Bitte kommen", sprach ich in Walkie-Talkie. Meine Stimme zitterte. Ich will das nicht, ich wollte das nie, ging mir die ganze Zeit durch den Kopf bis Basti sich vom anderen Ende meldet: „Hallo Stegi, Basti hier. Was los?" „I-Ich brauche deine Hilfe", brachte ich gerade so heraus, bevor Basti sagte: „Es ist ‚Nichts', oder?" „Ja", sprach ich. Bei uns drei war das Wort ‚Nichts' wie ein anderes Wort für: Ich bin wieder unsichtbar. Ja, die beiden wissen davon. Wir leben alle in einem Zimmer und da kam es des Öfteren vor, dass ich unsichtbar wurde. Eigentlich war Fabo in einem anderen Zimmer, aber er hat einfach seine Matratze zu uns rüber geholt und jetzt pennen wir halt alle im Zimmer 227.

Meine anderen Ichs (Zomdado/Kürbistumor)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt