Teil 27

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Der frische Herbstwind wehte durch mein offenes Fenster. Die leichte Briese löste Gänsehaut an meinem Körper aus. Die Sonnenstrahlen scheinten direkt in mein Gesicht. Zögernd nahm ich mein Handy und sah auf das Datum. 12.10., 12.10. der Tag an dem die Welt für mich unterging.

Heute ist der Tag an dem meine Eltern gestorben sind. Es kann kein guter Tag werden ich spüre es schon.
Ich öffnete die Schublade neben mein Bett und holte den vorgedrehten Joint raus. Ich rauchte ihn ohne zu zögern an. Der erste Zug brannte in der Kehle so dass ich ein leichtes husten rausbrachte.

Regungslos lag ich im Bett und starrte die Decke an. Ein Zug nach dem anderen und schon bald war von dem Joint nur noch der tip übrig. In meinen Gedanken gefangen hörte ich gar nicht das leise klopfen an meiner Tür. „Amira" kam die Stimme von meinem Bruder durch die Tür. Zögernd stand ich vom Bett auf und lief Richtung Tür.

Als ich sie öffnete stand amir vor mir. „Mach dich fertig wir gehen in 10 Minuten los" nickend verließ ich das Zimmer und lief Richtung Bad wo ich mich fertig machte. Duschen kann ich später, hab eh keine Lust die verschimmelte Wand vor mir zu sehen.

Ohne Lust und Kraft lief ich in mein Zimmer und schminkte mich leicht. Danach zog ich mir eine Jeans und ein schwarzen Pulli an. Ich nahm mir noch ein Kopftuch mit was ich später brauche. Mit meiner Tasche lief ich raus und sah schon Youssef und Amir vor der Tür warten.

„Können wir los?" fragte Youssef worauf ich zögernd nickte. Eigentlich nicht, den ich hatte Angst. Ich hatte Angst das meine Eltern sehen was aus mir geworden ist. Ich hatte Angst ihr Grabstein zu sehen und zu wissen das sie nicht bei mir sind. Es gab niemanden der mich trösten kann.

Früher waren meine Eltern immer für mich da. Sobald ich ein Problem hatte bin ich zu ihnen gerannt und hab mich ausgeheult. Aber jetzt hab ich keinen mehr.

Die Aufzug Türen öffneten sich und der intensive Geruch von Urin stieg mir direkt in die Nase. Wir sprachen kein Wort miteinander es war totenstille, ehrlich gesagt ist das auch gut so denn ich hätte jetzt echt keine Lust ein Gespräch zu führen.

Wir stiegen aus dem Auto aus und betraten das friedhofgelände. Zögernd folgte ich meinen Brüdern die in Richtung meiner Eltern liefen. 12.10.2015 stand auf dem Grabstein. 9 Jahre ist es her das sie nicht mehr bei uns sind und ich vermisse sie jeden Tag immer mehr.

Ich legte den Blumenstrauß auf ihr Grab und bildete mir das Kopftuch um. Mein Bruder fing an zu beten und ich und Amir machten mit. Ich weiß Nichtmal ob meine Gebete angenommen werden in dem Zustand aber ich hoffe doch.

Eine Träne nach der anderen floss meiner Wange hinunter. Ich kniete mich vor ihr Grab und fing an bitter zu weinen. Es ist 9 Jahre her und selbst nach 9 Jahren komm ich nicht darüber hinweg, es fühlt sich an als wären sie gestern von uns gegangen. Was ist nur aus uns geworden seid dem ihr weg seid Anne und baba.

Wärt ihr noch hier wäre vieles anders.

Nach einer Weile verließen wir den Friedhof und saßen uns ins Auto aber Youssef fuhr nicht los. Er starrte regungslos aus der Windschutzscheibe bis er aus dem Nix anfing voller Wut gegen das Lenkrad zu schlagen und zu schreien.

Amir und ich sahen ihn fassungslos an und wussten nicht was wir tun sollen. „Schämt ihr euch nicht in diesem Zustand eure Eltern zu besuchen" sagte er nach einer Weile ohne uns anzuschauen. „A-Abi was meinst du" brachte ich stotternd raus.

„VERKAUF MICH NICHT FÜR DUMM AMIRA" schrie er mich plötzlich an worauf ich zuckte. „Es ist schwer die uns alle aber mit sowas euren Schmerz zu verdrängen ist nicht richtig" brachte er noch heraus und fuhr dann los. Amir und ich gaben keine Antwort sondern starrten ihn regungslos an.

Den Rest der Fahrt sprachen wir kein Wort miteinander. Es flossen einige Tränen aber keiner von uns war in der Lage uns gegenseitig zu trösten.

Als wir vor unserem Gebäude ankamen hielt Youssef an „steigt aus" sagte er und starrte aus der Windschutzscheibe. ich und Amir stiegen ohne ein weiteres Wort aus.

„Ich geh bisschen spazieren um mein Kopf frei zu kriegen" sagte Amir und lief in die entgegengesetzte Richtung.

Ich schnappte mir mein Handy und rief Amar an
Amar: „Ja baby"
Amira: „bist du zuhause"
Amar: „Ja komm vorbei"
Amira: „tamam bis gleich"
Amar: „hade"

Wir legten auf und ich lief zu meinem Gebäude. Als ich vor seiner Tür stand schrieb ich ihm eine Nachricht das ich da bin und nach einigen Minuten öffnete er auch die Tür.

Mit Tränen in den Augen fiel ich in seine Arme und weinte mich aus. Seine sanften Hände streichelten mir über den Rücken während meine Tränen sein tshirt durchnässten.

Es war so ein anstrengender Tag für mich obwohl es gerade mal 14 Uhr war. Ich war so erschöpft das ich am liebsten den ganzen Tag nur noch mit Amar verbringen wollte.

„Ist deine Tante zuhause?" fragte ich nach einer Weile worauf Amar mit dem Kopf schüttelte „sie ist arbeiten"  gab er von sich und strich mir die Tränen weg. Mit einem unguten Gefühl betrat ich die Wohnung und lief in Amar sein Zimmer.

Ich kuschelte mich ins Bett und schloss meine Augen. Nach einer Weile lag sich Amar neben mich und hielt meine Taille fest. Seine Hand bewegte sich immer weiter runter und kurz bevor er seine Hand durch meine Jogginghose machen konnte schlug ich sie weg.

„willst du mich eigentlich verarschen?" schrie ich ihn etwas  an  „was ist denn ich dachte du willst auch" sagte er empört „ich komm hier her und heul mich bei dir aus eigentlich wollte ich den restlichen Tag mit dir im Bett verbringen und schlafen. Aber du hast ja andere Pläne" schrie ich ihn weiter an während sich Tränen in meinen Augen formten.

„Du übertreibst man ein bisschen Ablenkung schadet ja nicht baby" gab er von sich. Wie kann er nur sowas sagen „bin ich deine schlampe das du mich wann du willst ficken kannst? Ich hab in letzter Zeit eher das Gefühl das du mich ausnutzt Amar" schrie ich ihn weiterhin an.

„Amira nein so war das nicht gemei-" wollte er gerade sagen aber es klingelte an der Tür. Und das nicht nur einmal, nein sondern dauernd. Schnell schnappte ich meine Sachen und lief zur Tür gefolgt von Amar „Amira baby warte doch bitte" rief er mir hinterher aber ich hörte nicht auf ihn.

Voller Wut öffnete ich die Tür und blickte verwirrt zu der Person die da stand. Hätte ich die Tür nicht aufgemacht wäre vieles anders verlaufen.

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