2.4:

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Drinnen herrschte noch immer diese angenehme Stille, die ihr half, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie lehnte sich an die Wand des Flurs und schloss kurz die Augen, als ob sie die wirbelnden Emotionen in ihrem Inneren dadurch bändigen könnte. Doch es half nichts. Irgendetwas war anders, ein seltsames Gefühl beschlich sie.

Sie öffnete die Augen und trat langsam zurück auf die Terrasse. Doch da, wo er eben noch gesessen hatte, war jetzt nur ein leerer Stuhl. Das Lachen und die Gespräche der anderen gingen weiter, als wäre nichts geschehen. Aber er war weg.

„Ist er nach Hause gegangen?" fragte sie eine der anderen, die in der Nähe saß. Die Frau zuckte mit den Schultern und sagte beiläufig: „Ja, er hat sich verabschiedet, er meinte, er müsste los."

Sie nickte stumm, aber innerlich tobten die Gefühle. Freude und Traurigkeit zugleich. Freude, weil die Spannung zwischen ihnen für den Moment verschwunden war, weil sie nicht gezwungen war, ihm sofort gegenüberzutreten. Aber gleichzeitig auch Traurigkeit. Seine Abwesenheit hinterließ eine Lücke, und mit dieser kam die quälende Unsicherheit zurück.

Sie trat wieder ins Haus, setzte sich auf das Sofa und legte die Hände in den Schoß. Der Raum fühlte sich plötzlich leerer an, kälter, obwohl sie doch hier Zuflucht gesucht hatte. War das die Erleichterung, die sie sich erhofft hatte? Oder war es nur ein Aufschub vor dem Unvermeidlichen?

Berivan spürte die Müdigkeit in ihren Knochen, als sie beschloss, schlafen zu gehen. Es war eine dieser ruhigen Nächte, in denen der Himmel klar war und die Sterne hell leuchteten. Langsam stieg sie die knarrende Treppe zum Dach hinauf, wo alles bereits für sie vorbereitet war. Die weichen Decken lagen schon ausgebreitet, und eine leichte Brise wehte durch die warme Sommernacht. Über ihr funkelten die Sterne wie kleine Lichter, als hätten sie nur auf sie gewartet,
um ihren Platz unter ihnen einzunehmen.

Berivan spürte, wie die Müdigkeit sie endgültig einholte, aber ihr Geist wanderte noch zwischen den Welten des Wachseins und des Traums. In der Ferne konnte sie das sanfte Murmeln des Windes hören, der durch die Äste der Bäume streifte, als würde die Natur selbst ein Schlaflied für sie singen. Die Kühle der Nacht umhüllte sie wie ein unsichtbares Tuch, das sie tiefer in die Geborgenheit des Moments zog.

Ihre Gedanken begannen, sich in Träume zu verwandeln. Vor ihrem inneren Auge erschienen Bilder von endlosen Wiesen, durch die sie barfuß lief, von stillen Flüssen, die in der Dunkelheit glitzerten, und von Sternbildern, die plötzlich lebendig wurden. Es war, als hätte die Nacht ihr einen Schlüssel zu einer anderen Welt geschenkt, einer Welt, in der alles möglich war.

Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen ließ Berivan schließlich los, und die Träume übernahmen. Die Sterne über ihr schienen ein leises Flüstern zu teilen, während sie in einen tiefen, friedlichen Schlaf fiel, als wäre sie Teil des Himmels geworden.

Die Nacht legte sich still über die Stadt, und Berivan glitt immer tiefer in die Welt ihrer Träume. Dort fand sie sich auf einer weiten, grünen Wiese wieder, die bis zum Horizont reichte. Die Sterne am Himmel funkelten jetzt viel heller, und einer nach dem anderen fiel vom Himmel herab, als funkelnde Tropfen aus Licht. Sie wusste, dass sie sich in einem Traum befand, doch dieser fühlte sich so real an, als könnte sie die sanfte Berührung des Grases an ihren Füßen spüren.

In der Ferne sah sie einen großen Baum, dessen Äste weit in den Himmel ragten, als ob er die Sterne selbst berühren könnte. Neugierig ging sie auf ihn zu, die Luft um sie herum war warm und angenehm, und mit jedem Schritt fühlte sie sich leichter. Als sie den Baum erreichte, bemerkte sie, dass seine Blätter aus feinem, schimmerndem Silber bestanden, und im Wind erzeugten sie ein zartes, melodisches Klingen.

Plötzlich hörte sie eine sanfte Stimme, die ihren Namen rief. Es war keine Stimme, die sie kannte, doch sie klang vertraut und beruhigend. "Berivan," flüsterte sie, "du bist hier, um die Geheimnisse der Sterne zu entdecken."

Der Taubenjunge Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt