4.1: Rückkehr nach Deutschland

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Einige Tage vergingen, und der Sommer erstrahlte in seinem schönsten Licht. Ich genoss jede Minute und wollte am liebsten für immer bleiben. Doch leider rückte der Abschied näher, und es war wieder einmal Zeit, nach Deutschland zurückzukehren.

Ein leichter Wind wehte durch die Bäume, und die Blätter tanzten im goldenen Licht der Abendsonne. Jeder Tag war erfüllt von diesem besonderen Zauber, den nur der Sommer in seiner vollen Pracht verbreiten konnte. Die Tage vergingen viel zu schnell, und je näher der Abschied rückte, desto schwerer wurde das Herz.

Ich hatte mich an die sanften Morgenstunden gewöhnt, an denen die Sonne den Tag mit ihren warmen Strahlen begrüßte, und die langen Abende, die in einer sanften Brise und dem Rauschen des Meeres ausklangen. Die Menschen, die ich hier kennengelernt hatte, waren zu Freunden geworden, und die Orte, die ich besucht hatte, fühlten sich nun wie ein Teil von mir an.

Doch die Uhr tickte unerbittlich weiter. Der letzte Tag war gekommen, und ich blickte wehmütig auf das Panorama, das sich vor mir erstreckte. Es war schwer, sich vorzustellen, dass ich schon bald wieder in Deutschland sein würde, weit entfernt von all dem, was mir in den letzten Wochen so viel Freude bereitet hatte.

Mit einem letzten tiefen Atemzug ließ ich den Duft von Salz und Pinien in mich aufsteigen. Dann packte ich meine Sachen, jedes Stück mit einer Mischung aus Vorfreude und Melancholie, und machte mich bereit für die Rückreise. Das Wissen, dass ich irgendwann zurückkehren könnte, gab mir Trost. Doch in diesem Moment fühlte es sich an, als würde ich ein Stück meines Herzens hierlassen.

Schließlich war alles gepackt, und es blieb nur noch ein letzter Blick zurück. Die Schatten wurden länger, und die Farben des Himmels wechselten von einem strahlenden Blau zu einem sanften Orange. Ein Gefühl von Abschied lag in der Luft, schwer und bittersüß.

Auf dem Weg zum Flughafen schaute ich aus dem Fenster und ließ die Landschaft noch einmal an mir vorbeiziehen. Jeder Hügel, jede Kurve und jede kleine Gasse war mir inzwischen vertraut geworden. Erinnerungen blitzten auf – an die spontanen Ausflüge, die nächtlichen Gespräche unter freiem Himmel und die Momente des reinen Glücks. Es fühlte sich an, als würde ich mehr als nur einen Ort verlassen. Es war, als würde ich ein Kapitel meines Lebens hinter mir lassen.

Als das Flugzeug schließlich abhob und die Küste unter mir immer kleiner wurde, konnte ich mir ein leises Seufzen nicht verkneifen. Ich versuchte, mich auf die Rückkehr nach Deutschland zu freuen, auf all das, was dort auf mich wartete. Doch die Wehmut blieb.

Mit dem Blick aus dem Fenster versprach ich mir, eines Tages zurückzukehren, um all das, was mir hier so lieb geworden war, wiederzufinden. Für den Moment aber musste ich loslassen, in der Hoffnung, dass das Leben mir erneut diese Freude schenken würde.

Als das Flugzeug an Höhe gewann, schweiften meine Gedanken immer wieder zu ihm zurück. Der braunhaarige Junge, der so plötzlich in mein Leben getreten war und mich mehr verwirrte, als ich es mir jemals hätte vorstellen können. Seine Nähe hatte mich angezogen wie ein Magnet, aber genauso oft hatte er mich wieder von sich gestoßen.

Beim Abschied war er so kalt gewesen, als wäre all die Vertrautheit und Wärme zwischen uns nie existiert. Sein Blick, der sonst so viel Tiefe und Verständnis verriet, war leer und distanziert. Es fühlte sich an, als stünde ich einem völlig fremden Menschen gegenüber. Ich verstand nicht, warum er sich so verhielt. Noch vor ein paar Tagen hatten wir gelacht, über alles und nichts geredet und uns fast unbeschwert gefühlt. Doch dann kippte die Stimmung, ohne Vorwarnung. Es war, als würde er eine unsichtbare Mauer errichten, hinter der ich ihn nicht mehr erreichen konnte.

Dieses Wechselspiel von Nähe und Distanz, von gut und schlecht, ließ mich ratlos zurück. Es machte mich traurig und wütend zugleich. Ich wusste nicht, was ich falsch gemacht hatte oder ob es überhaupt an mir lag. War er einfach unsicher, wusste selbst nicht, was er wollte? Oder verbarg er etwas, das ich nicht verstand?

Diese Fragen schwirrten durch meinen Kopf, während ich in den Himmel über den Wolken starrte. Ich versuchte, mich zu beruhigen, mir einzureden, dass es besser war, ihn loszulassen. Doch tief in mir nagte das Bedürfnis, zu verstehen, was in ihm vorging. Warum konnte er nicht einfach ehrlich zu mir sein, zu sich selbst?

Vielleicht war es zu viel verlangt. Vielleicht brauchte er einfach Zeit, um mit seinen eigenen Gefühlen ins Reine zu kommen. Aber was sollte ich in der Zwischenzeit tun? Warten? Vergessen? Ich wusste es nicht. Der Gedanke an seine kühlen Worte und seinen abweisenden Blick verfolgte mich, und ich konnte ihn nicht einfach abschütteln.

Als das Flugzeug den Wolkenschleier durchbrach und der blaue Himmel wieder sichtbar wurde, nahm ich mir fest vor, die Dinge auf sich beruhen zu lassen – zumindest für eine Weile. Vielleicht würde die Zeit Antworten bringen, oder zumindest den Schmerz lindern. Doch eines war sicher: Er würde mir so schnell nicht aus dem Kopf gehen.

Zurück in Deutschland war alles wieder wie vorher – zumindest äußerlich. Die vertrauten Straßen, das alltägliche Treiben, die Gesichter, die ich schon so lange kannte. Doch innerlich fühlte ich mich verloren, zerrissen zwischen den Erinnerungen an den Sommer und der Gegenwart, die mich nicht mehr losließ. Die Tage zogen vorbei, doch in meinem Kopf kreisten die Gedanken weiter um ihn. Es fiel mir schwer, loszulassen, ohne zu verstehen, was eigentlich passiert war.

Eines Abends, als ich wieder einmal rastlos in meinem Zimmer saß, entschied ich mich, ihm zu schreiben. Ich wusste, dass es riskant war, dass ich mir vielleicht noch mehr Schmerz zufügen würde, aber ich brauchte Klarheit. Also nahm ich mein Handy und tippte eine Nachricht, bevor ich den Mut wieder verlieren konnte.

„Hey, ich muss dich etwas fragen. Warum warst du beim Abschied so kalt zu mir? Manchmal bist du so nah, und dann wirkst du wieder wie ein Fremder. Was geht in dir vor?"

Ich schickte die Nachricht ab und spürte sofort, wie mein Herz schneller schlug. Die Minuten vergingen, und ich starrte auf den Bildschirm, unsicher, ob er überhaupt antworten würde. Vielleicht würde er es ignorieren, so tun, als hätte er nichts gesehen. Oder er würde mir erklären, dass ich mir alles nur eingebildet hatte. Meine Gedanken überschlugen sich, doch dann leuchtete mein Handy auf. Eine Antwort von ihm.

„so bin ich einfach."

Ich las seine Worte mehrmals, versuchte, zwischen den Zeilen zu lesen. „So bin ich einfach." Was bedeutete das? War es eine Entschuldigung, eine Erklärung, oder einfach nur eine Art, mich auf Abstand zu halten? Ich fühlte mich nicht wirklich schlauer, doch gleichzeitig war da auch eine gewisse Erleichterung. Zumindest gab er zu, dass er es selbst nicht so recht verstand.

Es war nicht die Antwort, die ich mir gewünscht hatte, aber vielleicht genau die, die ich gebraucht hatte. Vielleicht war es tatsächlich besser, einen Schritt zurückzutreten, bevor wir uns beide noch mehr weh taten. Ich legte das Handy zur Seite und atmete tief durch. Es würde Zeit brauchen, diese Gefühle zu sortieren, aber ich war bereit, diesen Weg zu gehen – mit oder ohne ihn.

Der Taubenjunge Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt