Der Taubenjunge

5.2:

Am nächsten Morgen war das Licht der Sonne bereits durch die Vorhänge gedrungen und warf ein sanftes, warmes Licht über den Raum. Berivan saß immer noch in ihrem Bett, die Tränen hatten sich zwar gelegt, doch die Leere in ihrem Inneren war präsent. Sie fühlte sich erschöpft, aber auch ein bisschen erleichtert – die Tränen hatten etwas in ihr befreit. Es war, als hätte der Schmerz sie gewaschen, auch wenn es sich merkwürdig anfühlte.

Sie stand auf und blickte in den Spiegel. Ihr Spiegelbild wirkte fremd, als ob sie die Person nicht mehr erkannte, die sie einmal gewesen war. Die dunklen Augenringe unter ihren Augen erzählten von schlaflosen Nächten und inneren Kämpfen. Doch unter dem Schmerz schimmerte auch der Hauch eines Entschlusses: Sie wollte sich wiederfinden, ohne ihn. Berivan atmete tief durch und ließ das Licht auf sich wirken.

Nach dem Frühstück entschied sie, einen Spaziergang zu machen. Die frische Luft würde ihr gut tun, dachte sie. Als sie die Tür hinter sich schloss, spürte sie ein kleines Kribbeln der Freiheit. Die Straßen waren noch ruhig, und die kühle Morgenluft umhüllte sie angenehm. Schritt für Schritt fühlte sie, wie der Druck in ihrer Brust ein wenig nachließ.

Berivan wandte sich in einen kleinen Park, der in der Nähe ihres Wohnorts lag. Die Bäume, die sich im sanften Wind wiegten, schienen zu flüstern und sie zu ermutigen. Sie setzte sich auf eine Bank und beobachtete die ersten Sonnenstrahlen, die durch die Blätter schimmerten. Es war ein kleiner Ort der Ruhe, und sie ließ ihren Gedanken freien Lauf. Sie dachte an die Momente, die sie mit ihm geteilt hatte – die schönen, aber auch die schmerzhaften.

Ein Teil von ihr wollte sich gegen die Erinnerungen wehren, sie ganz auslöschen. Aber ein anderer Teil wusste, dass sie dazu gehörten, dass sie sie geformt hatten. Sie waren nicht nur eine Geschichte des Schmerzes, sondern auch der Freude, der Hoffnung. Vielleicht musste sie lernen, diese Erfahrungen zu akzeptieren, um wirklich weiterzugehen.