Kapitel 8

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Haruka saß auf einer kleinen Bank vor dem Eisgeschäft und ließ sich das Erdbeereis langsam auf der Zunge zergehen. Die kühle Süße lenkte sie kurz von dem Chaos in ihrem Kopf ab. Es war einer dieser seltenen Momente, in denen sie einfach für sich sein wollte, weit weg von der Dämonenjagd und den emotionalen Stürmen, die Muichiro in ihr auslöste.

Doch der Frieden war nur von kurzer Dauer. Kaum hatte sie einen weiteren Löffel genommen, hörte sie die vertraute Stimme neben sich.

„Ein Schokoladeneis, bitte,“ sagte eine ruhige, doch deutliche Stimme.

Haruka erstarrte. Sie brauchte nicht einmal hinzusehen, um zu wissen, wer da neben ihr stand. Langsam drehte sie den Kopf und sah in die türkisen Augen, die sie schon so oft gesehen hatte – Muichiro.

„Du verfolgst mich jetzt also sogar bis zum Eisessen?“ Haruka funkelte ihn wütend an, ihre Stimme war scharf und kalt.

Muichiro nahm ruhig das Schokoladeneis entgegen, das ihm der Verkäufer gereicht hatte, und setzte sich neben sie auf die Bank. „Ich habe dich nicht verfolgt. Ich habe nur gewusst, dass du hier sein würdest.“

„Weil du mich die ganze Zeit beobachtest.“ Haruka schob ihr Erdbeereis wütend weg. „Hast du nichts Besseres zu tun, als mir nachzujagen?“

Muichiro biss in sein Eis, als würde er ihre spitzen Worte einfach ignorieren. „Ich will nur mit dir reden, Haruka.“

Haruka verschränkte die Arme und lehnte sich zurück. „Du hast doch schon alles gesagt, was du sagen wolltest. Warum kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen?“

Muichiro hielt inne, dann legte er das Eis zur Seite. Er drehte sich vollständig zu ihr um, seine Augen ernst und voller Entschlossenheit. „Weil ich dich liebe, Haruka. Ich kann dich nicht einfach in Ruhe lassen, nicht wenn ich weiß, dass wir beide noch eine Chance haben.“

Haruka lachte bitter auf und schüttelte den Kopf. „Eine Chance? Du hast mich vor drei Jahren schon einmal im Stich gelassen, Muichiro. Und jetzt kommst du zurück, als wäre nichts passiert? Glaubst du wirklich, dass ich dir das einfach so verzeihen kann?“

Muichiro sah sie ruhig an, doch in seinen Augen lag Schmerz. „Ich weiß, dass ich dir wehgetan habe. Und ich weiß, dass es nicht einfach ist, wieder Vertrauen zu fassen. Aber ich werde nicht aufgeben, Haruka. Nicht, solange ich weiß, dass ich dich liebe.“

Haruka schlug mit der Faust auf die Bank und stand auf, ihre Augen funkelten wütend. „Liebe? Was weißt du schon von Liebe, Muichiro? Liebe bedeutet, da zu sein, wenn der andere einen braucht! Aber du warst nie da! Du warst immer nur mit deiner verdammten Rolle als Säule beschäftigt und hast mich vergessen!“

Muichiro erhob sich langsam und trat einen Schritt auf sie zu, sein Blick fest und unerschütterlich. „Ich habe dich nie vergessen. Du warst immer in meinen Gedanken, Haruka. Aber ich hatte Angst. Angst, dass ich dich nicht beschützen kann. Angst, dass ich dich verliere, wenn ich dich zu nah an mich heranlasse.“

Haruka stand still, ihre Hände zitterten vor Wut und Trauer. „Und jetzt willst du plötzlich alles wiedergutmachen, weil du Angst hast, mich zu verlieren? Weißt du, wie lange ich gewartet habe, dass du diese Worte sagst? Weißt du, wie sehr ich gelitten habe?“

Muichiros Augen schimmerten, und für einen Moment sah er aus, als würde er gleich die Fassung verlieren. „Ich weiß, Haruka. Und ich weiß, dass es nichts gibt, was ich tun kann, um die Zeit zurückzudrehen. Aber ich kann dir eines versprechen: Ich werde dich nie wieder allein lassen.“

Haruka fühlte, wie ihre Kehle sich zuschnürte, und sie kämpfte gegen die Tränen an, die hinter ihren Augen brannten. „Du… du kannst das nicht versprechen,“ flüsterte sie. „Du kannst nicht wissen, was passieren wird. Du bist ein Dämonenjäger, Muichiro. Wir leben jeden Tag mit dem Risiko, dass es unser letzter sein könnte.“

Muichiro trat näher an sie heran, seine Stimme war leise, aber voller Ernsthaftigkeit. „Genau deswegen will ich keinen einzigen Tag mehr verschwenden, Haruka. Ich will, dass wir die Zeit, die wir haben, zusammen verbringen. Egal, was kommt.“

Haruka spürte, wie die Mauern, die sie so lange um ihr Herz gebaut hatte, zu bröckeln begannen. Doch die Wunden, die er hinterlassen hatte, waren noch zu frisch. Sie biss sich auf die Lippe und schüttelte den Kopf. „Ich weiß nicht, ob ich dir noch einmal vertrauen kann.“

Muichiro legte sanft eine Hand auf ihre Schulter. „Dann lass es mich dir beweisen. Jeden Tag, so lange, bis du mir wieder vertrauen kannst. Ich werde nicht aufgeben.“

Haruka sah ihn an, Tränen liefen ihr nun unaufhaltsam über die Wangen. „Muichiro… es tut so weh…“

„Ich weiß,“ flüsterte er und zog sie vorsichtig in seine Arme. „Aber ich bin hier. Und ich werde nicht mehr weggehen.“

Haruka ließ endlich die Fassade fallen, die sie so lange aufrechterhalten hatte, und vergrub ihr Gesicht in seiner Brust. „Warum musstest du mir so wehtun?“

Muichiro hielt sie fest, seine eigenen Augen mit Tränen gefüllt. „Es tut mir leid. Es tut mir so leid, Haruka.“

Sie weinte in seinen Armen, die Tränen, die sie all die Jahre zurückgehalten hatte, flossen endlich frei. Und zum ersten Mal seit langem fühlte sie, dass vielleicht, nur vielleicht, Heilung möglich war.

When Love Meets The Mist [Muichiro FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt