Kapitel 9

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Als Haruka ihre Augen langsam öffnete, war die Welt um sie herum verschwommen. Der Schmerz und die Erschöpfung des Tages lagen noch schwer auf ihren Schultern, aber das erste, was sie sah, war Muichiro. Er saß auf einem kleinen Stuhl neben ihrem Bett, den Kopf zur Seite geneigt, während er schlief. Sein Gesicht war entspannt, und er sah friedlich aus, fast wie früher, als alles noch gut war zwischen ihnen.

Für einen Moment vergaß Haruka den Schmerz, die Wut, die Zweifel. Sie erinnerte sich daran, wie süß Muichiro aussah, wenn er schlief. Seine langen, schwarzen Haare fielen ihm über das Gesicht, und sein Atem ging ruhig und gleichmäßig. Es war, als ob all die Kälte und Distanz, die zwischen ihnen geherrscht hatten, in diesem Augenblick nicht existierten.

Haruka richtete sich vorsichtig auf und sah ihn eine Weile einfach nur an. Ein sanftes Lächeln legte sich auf ihre Lippen, etwas, das sie schon lange nicht mehr für ihn empfunden hatte – Zuneigung. Sie beugte sich leise vor, ihre violetten Augen funkelten weich im schwachen Licht, das durch das Fenster fiel. Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, legte sie ihre Lippen sanft auf seine Stirn.

Der Kuss war kurz und zärtlich, aber es fühlte sich für Haruka an, als hätte sie eine Mauer in ihrem Herzen durchbrochen. Sie spürte, wie sich etwas in ihr löste, etwas, das sie so lange festgehalten hatte.

Muichiro rührte sich leicht, als spüre er den Kuss im Schlaf. Seine Augenlider zuckten, doch er wachte nicht ganz auf. Haruka zog sich wieder zurück und betrachtete ihn. So vieles war passiert, so viele Missverständnisse und Verletzungen. Doch in diesem Augenblick, wo er neben ihr saß, still und friedlich, sah sie den Jungen, den sie einst geliebt hatte – und den sie immer noch liebte, auch wenn sie es sich lange nicht eingestehen wollte.

Haruka atmete tief durch, während ihr Herzschlag sich beruhigte. Sie wusste, dass sie ihn nicht so einfach wieder in ihr Leben lassen konnte. Zu tief saßen die Narben, die ihre Trennung hinterlassen hatte. Aber sie konnte auch nicht leugnen, dass ein Teil von ihr ihn immer noch wollte. Vielleicht hatte Mitsuri recht – vielleicht war das Leben zu kurz, um weiterhin wegzulaufen.

Während sie dasaß und auf Muichiro hinunterblickte, fühlte sie eine seltsame Ruhe in sich aufsteigen. Sie wusste nicht, wie es weitergehen würde, aber sie wusste, dass sie ihm Zeit geben wollte – und sich selbst.

„Muichiro..." flüsterte sie, auch wenn sie wusste, dass er sie nicht hören konnte. „Vielleicht... vielleicht können wir einen Weg finden."

Sie legte sich zurück in ihr Bett, zog die Decke bis zu ihrem Kinn und schloss die Augen. Trotz all der Unsicherheiten, die sie noch quälten, fühlte sie sich heute ein kleines Stück leichter.

Als Muichiro langsam seine Augen öffnete, fand er sich in einem Moment des Friedens wieder. Das erste, was er sah, waren Harukas violette Augen, die ihn mit einer Mischung aus Zärtlichkeit und Erschöpfung ansahen. Ein schwaches Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, und er streckte seine Hand aus, um sanft durch ihr langes, blondes Haar zu fahren.

„Du bist wach," murmelte Haruka leise, während sie sich wieder halb aufrichtete. Ihre Stimme war rau, als ob sie immer noch die Tränen des Vortages in sich trug.

„Ja, ich bin wach," antwortete Muichiro sanft. „Ich wollte nicht aufhören, auf dich aufzupassen."

Haruka schloss für einen Moment die Augen und seufzte. Der Schmerz und die Verwirrung waren immer noch da, aber Muichiros Nähe brachte eine gewisse Ruhe. „Warum tust du das, Muichiro? Warum bleibst du hier?"

Muichiro legte seine Hand beruhigend auf ihre, die sich noch immer auf ihrem Bett ausruhte. „Weil ich dich liebe, Haruka. Weil ich nicht will, dass du alleine bist. Ich weiß, ich habe Fehler gemacht, und ich weiß, dass ich dir wehgetan habe. Aber ich will versuchen, es besser zu machen."

Haruka schüttelte den Kopf, als ob sie das nicht ganz glauben konnte. „Es ist nicht so einfach, Muichiro. Wir haben so viele Probleme, und ich weiß nicht, ob ich bereit bin, alles wieder aufzuwärmen."

„Ich verstehe das," sagte Muichiro, seine Stimme war ernst und voller Reue. „Aber ich will es versuchen. Ich will die Zeit nutzen, die wir noch haben, um dir zu zeigen, dass ich es ernst meine. Ich werde dir jeden Tag beweisen, dass ich für dich da bin, egal was passiert."

Haruka sah ihn lange an, ihre Augen suchten in seinem Gesicht nach der Wahrheit, die sie ihm noch nicht ganz glauben konnte. „Und was ist, wenn du mich wieder enttäuschst? Was passiert dann?"

Muichiro zog sie vorsichtig in eine Umarmung, als ob er sie nie wieder loslassen wollte. „Dann werde ich mich noch mehr bemühen. Ich werde nicht aufgeben, egal wie oft ich scheitere. Ich will dich nicht noch einmal verlieren."

Haruka spürte die Wärme seiner Umarmung und konnte sich nicht helfen, aber sie fühlte, wie die Mauer, die sie um ihr Herz gebaut hatte, ein wenig bröckelte. „Es tut mir leid, dass ich so wütend war," flüsterte sie, als sie sich an ihn schmiegte. „Es war einfach zu viel."

„Das musst du dir nicht entschuldigen," sagte Muichiro sanft. „Du hast jedes Recht, wütend zu sein. Ich habe dich verletzt, und ich verstehe, dass es Zeit braucht, um das zu heilen. Aber ich werde hier sein, um dir beizustehen."

Haruka schloss ihre Augen und atmete tief durch. „Ich habe so lange versucht, stark zu sein. Vielleicht... vielleicht ist es Zeit, es wieder zu versuchen. Vielleicht ist es Zeit, dir wieder zu vertrauen."

Muichiro drückte sie fester an sich und küsste sanft ihre Stirn. „Danke, Haruka. Ich werde alles tun, um dir das Vertrauen zurückzugeben, das ich dir genommen habe."

Die beiden saßen eine Weile in Stille, die nur von Muichiros sanften Atemgeräuschen und dem leisen Rauschen des Windes durch das offene Fenster unterbrochen wurde. Es war eine Stille, die mit Hoffnung und dem Versprechen von Veränderung gefüllt war.

Haruka zog sich schließlich ein kleines Stück zurück und sah Muichiro an, der sich nicht von ihrer Nähe trennen wollte. „Lass uns versuchen, die Zeit, die wir noch haben, zu nutzen," schlug sie leise vor. „Lass uns sehen, wohin es uns führt."

Muichiro nickte und lächelte leicht, seine Augen strahlten Hoffnung und Liebe aus. „Ja, das werden wir. Zusammen."

Haruka lächelte schwach zurück, und in diesem Augenblick fühlte sich die Welt ein kleines Stück heller an. Es war der Beginn eines neuen Kapitels, das sowohl Herausforderungen als auch Möglichkeiten bot. Doch für den Moment war es genug, dass sie wieder zueinander gefunden hatten.

When Love Meets The Mist [Muichiro FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt