Chapter 24

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Eren POV:

Am nächsten Morgen fühlte ich mich irgendwie unruhig, als ich die Psychiatrie verließ, um zur Schule zu gehen. Die Sache mit Levi hing schwer über mir, und ich wusste, dass ich heute den ganzen Tag mit ihm Unterricht haben würde. Die Erpressung lief wie geplant, aber irgendetwas an der Situation machte mich nervös. Levi schien stark, er war mein Lehrer, jemand, den ich als unerschütterlich empfand. Doch jetzt, mit den ständigen Drohungen, die wir ihm geschickt hatten, war ich mir nicht mehr sicher, wie lange er das durchhalten konnte, ohne zusammenzubrechen.

Ich schulterte meine Schultasche und machte mich auf den Weg. Schon der Gedanke an Levi und seine Reaktion heute ließ mich grinsen, aber es war kein zufriedenes Grinsen. Es war mehr ein Gefühl von Macht – aber auch von Gefahr. Denn wenn Levi herausfand, dass ich hinter all dem steckte, wäre ich erledigt.

Die Schule war, wie immer, laut und chaotisch, als ich ankam. Schüler liefen durch die Gänge, unterhielten sich lautstark, und das übliche Gedränge an den Spinden war im vollen Gange. Doch ich hatte nur Augen für eines: den ersten Blick auf Levi. Ich wollte wissen, wie er sich heute verhielt, wie tief ihn die Erpressung bereits getroffen hatte.

Als ich das Klassenzimmer betrat, fiel er mir sofort auf. Levi stand an seinem Pult, wie er es immer tat, aber heute war etwas anders. Sein Haar wirkte etwas zerzauster, seine Krawatte war nicht so akkurat gebunden wie sonst, und seine Augen... seine Augen sahen müde aus. Er war sonst so kontrolliert, so perfekt in seinem Auftreten, dass diese kleinen Abweichungen für mich umso auffälliger waren. Ich wusste sofort, dass es an den Nachrichten lag. Reiner, Berthold und ich hatten ihm genug Druck gemacht, um ihn an den Rand des Nervenzusammenbruchs zu treiben. Doch jetzt, als ich ihn so sah, spürte ich einen leichten Stich von Schuld – aber nur einen Moment lang.

„Guten Morgen, Herr Ackermann", sagte ich freundlich, während ich an ihm vorbeiging.

Er warf mir einen kurzen Blick zu, ein fast unmerkliches Zucken in seinem Mundwinkel, aber seine Augen wirkten abwesend. „Morgen, Eren", murmelte er, ohne mich wirklich anzusehen. Levi war definitiv nicht er selbst. Ich hatte ihn schon in vielen verschiedenen Stimmungen erlebt – von wütend bis kalt – aber heute war er anders. Zerbrechlicher.

Ich setzte mich auf meinen Platz, lehnte mich zurück und beobachtete ihn heimlich, während er versuchte, den Unterricht zu beginnen. Doch alles wirkte heute langsamer, zögerlicher. Levi schien Schwierigkeiten zu haben, den Faden zu finden. Mehrmals hielt er inne, als hätte er den Überblick verloren, und das war definitiv nicht typisch für ihn. Levi war normalerweise so präzise, so fokussiert. Heute jedoch wirkte er fahrig, fast schon verzweifelt.

Während er eine Aufgabe an die Tafel schrieb, fiel ihm der Kreidestift aus der Hand. Das wäre nichts Besonderes gewesen, aber seine Reaktion darauf war anders als sonst. Normalerweise hätte er es ignoriert oder sich gleich wieder aufgerafft. Doch heute starrte er die Kreide einen Moment lang an, als ob er kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand. Er bückte sich langsam, hob sie auf und schrieb weiter, ohne ein Wort zu verlieren. Ich konnte spüren, wie die Spannung in der Klasse stieg, und ich wusste, dass auch die anderen Schüler bemerkten, dass etwas nicht stimmte.

Levis Verhalten war für mich ein klares Zeichen dafür, dass er am Ende war. Die Erpressung zermürbte ihn, und ich fragte mich, wie lange er das noch durchhalten konnte. Doch ich musste aufpassen. Ich durfte mich nicht zu sehr darauf freuen, ihn so zu sehen. Denn wenn er irgendwann herausfinden würde, dass ich hinter all dem steckte, könnte das alles nach hinten losgehen. Er könnte mich verraten, und dann wäre ich geliefert.

Die ersten Stunden zogen sich quälend langsam hin. Levi versuchte, den Unterricht so normal wie möglich zu halten, aber ich konnte sehen, wie schwer ihm das fiel. Mehrmals sah er nervös auf sein Handy, das auf seinem Pult lag, als ob er auf eine weitere Nachricht wartete. Jedes Mal, wenn das Display aufleuchtete, schien er zusammenzuzucken, als erwarte er das Schlimmste. Und wahrscheinlich tat er das auch.

Die Mittagspause kam schließlich, und ich war froh, dem stickigen Klassenraum zu entkommen. Ich wollte gerade Reiner und Berthold anrufen, um ihnen von Levis Zusammenbruch zu berichten, als plötzlich jemand meine Schulter packte. Ich drehte mich um und sah Levi, der mich mit einem ungewöhnlich ernsten Blick ansah.

„Eren, komm mit", sagte er knapp und zog mich ohne weitere Erklärung mit sich. Ich war überrascht, aber folgte ihm, als er mich durch die Gänge der Schule führte. Sein Griff war fest, fast verzweifelt, und ich spürte die Anspannung in seinem Körper. Levi führte mich durch einen abgelegenen Flur, den kaum jemand benutzte, und schließlich in eine dunkle Ecke, wo uns niemand sehen konnte.

„Was ist los?" fragte ich, obwohl ich bereits ahnte, worauf das hinauslief. Levi sah mich an, und ich konnte den Schmerz in seinen Augen sehen.

„Eren, ich... ich weiß nicht, wem ich sonst vertrauen soll", begann er und ließ mich endlich los. Er wirkte nervös, fast panisch, und das passte überhaupt nicht zu dem Levi, den ich kannte. „Ich werde erpresst."

Ich blinzelte und spielte überrascht. „Erpresst? Von wem?"

Levi fuhr sich mit einer Hand durch das Haar und schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Es sind anonyme Nachrichten... sie haben ein Video von uns, Eren. Von... von dem, was zwischen uns passiert ist." Seine Stimme zitterte leicht, und ich konnte die Verzweiflung in seinen Augen sehen.

„Was?" Ich versuchte, schockiert zu klingen. „Was für ein Video?"

„Sie haben uns gefilmt", flüsterte er, und ich sah, wie er kurz die Augen schloss, als ob er versuchte, sich zu sammeln. „Ich habe bereits gezahlt, um sie zum Schweigen zu bringen, aber... es hört nicht auf. Sie wollen immer mehr Geld."

Mein Herz raste, aber ich durfte nicht zu aufgeregt wirken. Ich nickte langsam, als ob ich versuchte, das alles zu verarbeiten. „Das... das ist schrecklich, Levi. Aber was können wir tun? Vielleicht solltest du einfach weiter zahlen, damit sie das Video nicht veröffentlichen."

Levi sah mich verzweifelt an, als ob er von mir eine Lösung erwartete. „Ich kann nicht ewig zahlen, Eren. Ich... ich habe bereits fast alles gegeben, was ich habe. Wenn das so weitergeht, werde ich alles verlieren."

Ich schluckte und spielte weiterhin meine Rolle. „Aber wenn du nicht zahlst, könnten sie das Video veröffentlichen, oder? Das wäre... naja, das wäre schlimm. Für uns beide."

Levi nickte stumm und schien für einen Moment völlig verloren. Es war seltsam, ihn so zu sehen – so verletzlich. Normalerweise war er derjenige, der die Kontrolle hatte, derjenige, der die Situation im Griff hatte. Doch jetzt stand er vor mir, als ob er kurz davor wäre, zusammenzubrechen.

Ich legte eine Hand auf seine Schulter und versuchte, beruhigend zu wirken. „Es wird schon irgendwie gut werden, Levi. Vielleicht... vielleicht kannst du das Geld irgendwie auftreiben. Wir müssen nur einen Weg finden."

Levi sah mich lange an, als ob er in meinen Augen nach einer Lösung suchte. Doch er fand nichts. Schließlich ließ er die Schultern sinken und nickte. „Vielleicht hast du recht", murmelte er. „Vielleicht muss ich einfach weitermachen."

Mit diesen Worten drehte er sich um und ging, ließ mich allein in der dunklen Ecke des Flurs zurück. Ich starrte ihm nach, und obwohl ich wusste, dass ich gerade gewonnen hatte, fühlte es sich seltsam leer an.

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beLIEve - Ereri FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt