Es ist, als würde ich mir selbst jeden Tag ein Bein stellen und dann so tue, als hätte es niemand gesehen. Das Schlimmste aber daran ist - Ich bin mir dieser lächerlichen Farce mittlerweile vollkommen bewusst. Es wäre so einfach, weiterzumachen, mich in die gleiche Schablone zu pressen, immer wieder die gleichen Ausreden zu benutzen, um mein Elend zu rechtfertigen. Aber: Ich kann mich nicht mehr selbst anlügen. Diese Eitelkeit, die mich einst wärmte, meine Welt drehte, ist nun nichts weiter als ein schaler Hauch, der kaum noch die Kälte von mir abhalten kann. Meine eigene Narrheit verführt mich.
All diese sogenannten Werte, diese Freiheiten, die ich mir erkämpft habe – sie dienen nur dazu, mir die Illusion zu geben, ich wäre Herr über mein Leben. Ich habe mich in einer Maske versteckt, die mir meine eigene Feigheit verkauft hat, als sei sie Mut. Wie erbärmlich. Und noch erbärmlicher ist, dass ich mir diese Maske immer wieder aufsetze, trotz der Risse, die sie längst entlarven.
Warum sollte ich es anders machen, wenn ich jedes Mal einen Moment der Beruhigung finde? Eine Zigarette, ein Joint, eine Line. Alles nur Lückenfüller, um die Wahrheit zu vertuschen: Ich bin nichts weiter als ein Sklave meines Konsums. So funktioniert das System.
Eine Befreiung? Nur eine Illusion, die ich mir jedes Mal verkaufe, wenn ich den ersten Zug nehme, der erste Rausch einsetzt. Und dann, wenn die Droge nachlässt, stehe ich wieder vor demselben Spiegel – doch statt eines Helden blickt mir nur ein Feigling entgegen, der zu schwach ist, den nächsten Schritt zu gehen.Ich wollte es nie zugeben, aber ich brauche das Leiden. Vielleicht muss ich noch tiefer fallen, noch härter aufschlagen, bis jeder Knochen bricht, damit ich begreife, dass ich mich aus diesem Abgrund nicht mehr mit halbherzigen Versprechen und hohlen Philosophien retten kann. Es reicht nicht, die Dinge zu betäuben. Ich dachte, die Drogen könnten mein Antrieb sein, mein Werkzeug, um den Stillstand zu überwinden. Aber die Wahrheit ist, sie haben mich noch weiter entleert. Die Tage, die ich im Rausch verbringe, sind nichts als bedeutungslose Flecken in meiner Erinnerung, endlos wiederkehrende Schleifen von Nichts.
Und da ist dieser tiefe Drang, dieser Hunger, es zu überwinden – aber gleichzeitig die Angst. Die Angst, den hohen Preis zu zahlen, den Schmerz wirklich anzunehmen. Ich fürchte, mich dem zu stellen, was ich bin, ohne die Verklärung des Rausches. Denn was bleibt übrig, wenn ich diese Schicht aus Selbsttäuschung abschäle? Nur die kalte Wahrheit, dass ich mich die ganze Zeit selbst belogen habe. Ich glaube, ich könnte den Rückfall noch aushalten, aber die ständige Enttäuschung, die kommt, wenn ich mir wieder einrede, dass es diesmal anders wird, das ist schwerer zu tragen. Wie viele Male hab ich mir gesagt, dass ich stark genug bin, das durchzustehen, und dann doch wieder den Kopf in den Sand gesteckt?
Ich habe mich selbst an dieses Kreuz genagelt. Wie Jesus – doch niemand hat mir diese Dornenkrone aufgesetzt, ich war's selbst. Und jetzt will ich Mitleid mit mir haben, Mitleid mit der Welt, die mich umgibt – voller bleicher Gesichter, die immer weiter verfallen, bleich und kraftlos, wie Zombies. Aber warum sollte ich Mitleid verdienen? Ich habe doch selbst entschieden, den Helden in mir verkümmern zu lassen. Es wäre so einfach gewesen, die Welt zu ignorieren, mich weiter zu betäuben, mich den Dämonen zu überlassen, die mich längst besetzt halten. Doch ich spüre, dass ich die Pflicht habe, mich ihnen zu stellen.
Meine Freunde, die einst dieselben Träume hatten, fallen wie Blätter von einem toten Baum, kraftlos, dem Schicksal ergeben. Sie trinken sich ins Koma, verblassen in ihrer eigenen Bedeutungslosigkeit. Und ich? Ich schaue zu, mache weiter wie bisher, als hätte ich die Weisheit gepachtet, dabei bin ich selbst nichts weiter als ein weiteres Opfer dieser Maschinerie. Wie soll ich alleine die Welt retten, wenn ich nicht mal in der Lage bin, mich selbst zu retten? Das ist die Frage, die ich mir immer wieder stelle. Aber vielleicht ist der Punkt nicht, die Welt zu retten. Vielleicht geht es darum, zu erkennen, dass diese Welt nicht auf mich wartet. Dass ich mich nur selbst retten kann, indem ich mich der Wahrheit stelle.
Die Wahrheit ist hart, doch sie ist notwendig. Jeder Rückfall, jeder naive Gedanke, dass ich dem Ganzen irgendwann entkommen kann, ist eine Erinnerung daran, dass der Teufel seine Brüder kennt. Ich bin nicht schlauer als er, und ich werde mich ihm nur stellen können, wenn ich bereit bin, zu leiden. Denn Feuer reinigt. Es verbrennt das Alte, das Schwache, und macht Platz für das Neue. Vielleicht ist das der einzige Weg, mich aus diesem Kreislauf zu befreien.
Die Veränderung wird nicht leicht sein, das weiß ich. Rückschläge werden kommen, das ist unvermeidbar. Aber ich muss sie annehmen, muss aufhören, vor ihnen wegzulaufen. Jeder Fehler, den ich mache, jede Schwäche, die ich zeige, ist ein Schritt in Richtung einer Erkenntnis, die mich stärker macht. Ich kann es nicht erzwingen, aber ich kann mir die Zeit geben. Ich kann lernen, zu warten, zu ertragen, ohne mich gleich wieder zu zerstören. Ohne mich selbst weiter anzulügen.
Und wenn ich das schaffe, wenn ich endlich lerne, mich nicht mehr zu betrügen, dann werde ich stark genug sein, um nicht nur mich zu retten, sondern auch all jene, die denselben Weg gegangen sind. Ich werde ihnen zeigen, dass es möglich ist, selbst aus dem tiefsten Sumpf aufzustehen, ohne sich dabei vollkommen zu verlieren. Ich weiß, dass ich das Zeug dazu habe – wenn ich bereit bin, den Preis zu zahlen.
Hat denn jemals, einer das geschafft? Oder liegt auf uns allen Schuld und Sünde?
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das LASTERTRAGE-BUCH 💀 Prosa & Koma
SpiritualEmpfehlung vom Autor: Lesen Sie dieses Buch gemütlich vorm Kamin mit drei Flaschen Rotwein und einer großen Packung Schlaftabletten. Passt auch zu: Bücherverbrennung, Depressionen, Blackout Kurzbeschreibung: Nur paar Sinnesgedanken, ungenutzte Lyri...