POV Scarlett Reus
Ich klopfe leicht an die Tür des Gästezimmers, das Tablett mit dem Abendessen balancierend.
„Julian? Kann ich reinkommen?“ frage ich leise, aber bestimmt.
Eine gedämpfte Antwort folgt: „Ja, klar... komm rein.“
Langsam öffne ich die Tür und sehe ihn dort, auf dem Bett sitzend. Seine Augen sind leicht gerötet, die Haare durcheinander, als hätte er sich mehrmals durch sie gefahren.
Sein Gesicht sieht müde aus, fast erschöpft, und ich weiß sofort, dass er wieder eine von diesen Panikattacken gehabt hat. Der Anblick bricht mir das Herz. Ich stelle das Tablett auf den Nachttisch ab und setze mich an den Bettrand.
„Du hast das Abendessen verpasst,“ sage ich sanft und versuche ein Lächeln, aber Julian erwidert es nicht.
Stattdessen fährt er sich nochmal mit einer Hand über das Gesicht, als wolle er die Müdigkeit wegwischen.
„Ich... ich konnte einfach nicht,“ murmelt er, seine Stimme brüchig. „Ich wollte nur... ich wollte mich verstecken.“
Ich nicke verständnisvoll und rutsche ein Stück näher, sodass ich ihn besser ansehen kann. „Du hattest eine Panikattacke, oder?“ frage ich, auch wenn ich die Antwort schon kenne. „Willst du drüber reden?“
Er nickt langsam und seine Augen sehen zu Boden, fast beschämt. „Es war... schlimm. Diese Menschen, Scarlett... Ich... alle starrten mich an. Und dann... dann diese Kommentare...“
Seine Stimme bricht ab und er atmet tief ein, als kämpfe er gegen die Tränen an.
„Julian, das ist doch nichts, wofür du dich schämen musst,“ sage ich und lege ihm eine Hand auf die Schulter. „Das kann jedem passieren, vor allem nach all dem, was du durchgemacht hast.“
Er schüttelt den Kopf, seine Fäuste ballen sich in den Stoff seiner Hose. „Als ich bei Dortmund angefangen habe... weißt du noch? Alle... alle haben meine Leistung kritisiert... Ich hatte Tage, an denen ich... Angst hatte... aufs Feld zu gehen... Panik. Herzrasen. Es war, als ob mein Körper mich im Stich lässt, genau dann, wenn ich ihn am meisten brauche.“
„Oh Julian...“ Ich drücke leicht seine Schulter. „Das war eine harte Zeit. Aber du hast das durchgestanden.“
„Ja, aber jetzt... jetzt ist es anders,“ murmelt er und hebt endlich seinen Blick, seine Augen voller Verzweiflung.
„Jetzt geht es nicht mehr nur um mich. Jetzt geht es auch um Kai. Und ich kann keine Panik bekommen, nicht jetzt. Ich darf nicht.“
„Du bist kein Roboter, Julian,“ sage ich sanft, während ich ihn fest ansehe. „Es ist okay, wenn du Panik hast. Es ist okay, wenn du Schwierigkeiten hast, damit umzugehen. Es ist so viel passiert in letzter Zeit...“
Er seufzt tief und schüttelt den Kopf. „Ich dachte immer, wenn... wenn ich und Kai endlich zusammen wären, dann wäre es wie ein Happy End. Aber es fühlt sich nicht so an... Ich liebe ihn so sehr, Scarlett, aber... ich hab Angst, ihn mit mir runterzuziehen.“
Seine Stimme bricht und er atmet schwer, als kämpfe er innerlich. Ich lasse ihm den Moment, die Ruhe, bevor ich ihn wieder ansehe.
„Julian, Kai liebt dich auch. Das weiß ich. Und er würde alles tun, um an deiner Seite zu sein. Aber du musst auch dir selbst erlauben, zu heilen. Es muss nicht alles perfekt sein. Es wird Momente geben, in denen es schwierig wird, aber... das ist okay.“
Er senkt den Blick wieder, und diesmal sehe ich eine Träne über seine Wange laufen. „Ich wünschte, ich wäre stärker für ihn,“ flüstert er.
„Du bist stark, Julian. Das bist du. Aber du musst nicht alles allein tragen. Kai ist für dich da, und wir sind es auch. Du darfst auch mal zusammenbrechen, ohne dich schuldig zu fühlen.“
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Der letzte Pass
Fanfiction**Fortsetzung von Abseits der Herzen** Julian liebt Kai. Kai liebt Julian. Doch reicht das aus? Trotz ihrer Liebe droht das Unausweichliche: Dunkle Geheimnisse und unversöhnliche Konsequenzen lauern, während ihre Welt immer mehr aus den Fugen gerät...