Der letzte Pass

Kapitel 17

POV Jascha Brandt

Der Lärm im Club war ohrenbetäubend. Musik, Gelächter, Stimmengewirr – alles vermischte sich zu einem unentwirrbaren Chaos.

Der Alkohol floss in Strömen, und ich hatte schon längst den Überblick darüber verloren, wie viele Shots ich inzwischen intus hatte.

Es war einer dieser Abende, an denen man nicht wusste, ob man morgen noch alle Erinnerungen zusammenbekommen würde – genau so, wie ich es wollte.

„Jascha, komm, mach mit!“ rief einer meiner Teamkollegen und drückte mir ein weiteres Glas in die Hand. Lachen hallte durch die Gruppe, und ich ließ mich mitreißen, während wir uns gegenseitig anzustacheln versuchten, wer am schnellsten trinken konnte.

Es war leicht, hier in der Menge, unter den Lichtern, sich von allem abzulenken, was zu Hause im Argen lag.

„Jascha, du Weichei!“ rief Basti, einer der Jungs, als ich nach dem fünften Shot verzog. „Hast wohl noch nicht genug Übung, was?“ Alle lachten, und ich lachte mit.

„Alter, ich kann dich jederzeit unter den Tisch trinken,“ konterte ich und stellte mein Glas ab, während der Alkohol langsam wie ein brennendes Feuer durch meine Adern floss.

Für einen Moment konnte ich fast vergessen, was in den letzten Wochen passiert war. Fast.

„Ey, Jascha“, meinte auf einmal Nico, einer der ruhigeren Typen aus dem Team, und lehnte sich ein Stück zu mir rüber, als wolle er vertraulich sprechen.

„Sag mal, was geht eigentlich bei deinem Bruder ab? Ich hab neulich auf Insta irgendwas gesehen. Gibt's da ne neue Freundin oder was?“

Ich blinzelte, kurz irritiert, bevor ich seine Worte richtig verstand. Sofort spürte ich, wie mein Magen sich verkrampfte. „Äh, was?“ fragte ich, als ob ich es nicht richtig verstanden hätte.

In Wahrheit wusste ich genau, worauf er hinauswollte. Julian und Kai. Die Gerüchte. Alles, was sich in den letzten Monaten aufgebaut hatte, was immer lauter und drängender geworden war.

Nico zuckte mit den Schultern. „Julian war doch neulich mit Kai Havertz in LA, oder? Und jetzt ist da plötzlich 'ne neue Frau aufgetaucht. Ziemlich verdächtig, wenn du mich fragst.“ Er grinste, halb im Scherz, halb neugierig.

Sofort drehten sich die Köpfe der anderen zu uns. „Oh, jetzt wird’s spannend!“ rief einer, und die Gruppe begann zu tuscheln. „Hatten Julian und Kai nicht eine Affäre?“

Basti, der schon einige Bier hinter sich hatte, legte einen Arm um meine Schultern. „Junge, das war der Knaller! Dein Bruder und Kai Havertz! Die passen doch perfekt zusammen!“

Ich schluckte hart und versuchte, mir nichts anmerken zu lassen, während die Fragen auf mich einprasselten. Einige Jungs begannen zu fachsimpeln, wie gut die beiden zueinander passen würden, und zu meiner Überraschung waren die Reaktionen positiv.

Einer meinte sogar: „Ey, Hut ab vor Julian und Kai! Das ist heutzutage immer noch nicht leicht im Fußball.“

Ich versuchte, mich aus dem Gespräch zu stehlen, aber es zog mich trotzdem runter. Warum überrascht mich das alles nicht? Klar, Julian hatte diese Frau im Schlepptau.

Sie tauchte plötzlich auf, nachdem unser Vater ihn aus LA zurückgezerrt hatte, als hätte er ihn von irgendwas retten müssen.

Julian war ohne Kai zurückgekommen. Irgendwas stimmte da nicht, aber niemand sprach mit mir darüber. Es war, als wäre ich ausgeschlossen von dem, was wirklich hinter den Kulissen lief.

Und das machte mich krank. Der Alkohol, der vorher noch wie eine Befreiung gewirkt hatte, war jetzt wie Blei in meinem Magen.

Nico beugte sich noch einmal zu mir rüber. „Komm schon, Jascha. Du musst doch was wissen. Die beiden sahen doch so vertraut aus in LA. Und jetzt ist da diese Frau – wer ist sie?“