POV Julian's Mutter
Ich trat in Jürgens Büro, das sanft im Nachmittagslicht lag, und griff nach der kleinen Gießkanne, um seine Pflanzen zu versorgen. Ich schloss die Tür zum Büro meines Mannes hinter mir und lächelte. Hier waren einige robuste Zimmerpflanzen, die er sich über die Jahre zugelegt hatte.
Ein großer Ficus benjamina stand stolz in der Ecke, die glänzenden Blätter spiegelten das Licht der Deckenlampe wider. Daneben war eine attraktive Anthurie mit ihren leuchtend roten Blüten, die nicht nur hübsch aussahen, sondern auch recht pflegeleicht waren – sie benötigten nur indirektes Licht und regelmäßige Wassergaben.
Eine weitere Pflanze, eine Spathiphyllum, das Friedenslilien genannt wird, hatte gerade einen neuen Blütenstängel herausgeschoben. Diese Pflanze war nicht nur dekorativ, sondern auch dafür bekannt, die Luft zu reinigen, was ich sehr schätzte.
Rechts vom Fenster stand ein prächtiger Gummibaum mit großen, dunkelgrünen Blättern, die fast ein wenig staubig wirkten – er bräuchte eigentlich mehr Licht, aber Jürgen war stets darauf bedacht, die Jalousien herunterzulassen, um die Wärme draußen zu halten.
Gerade als ich mich zu einem kleinen Drachenbaum hinunterbeugte, hörte ich ein lautes Klopfen am Fenster, das mich zusammenzucken ließ. Ein kleiner Spatz war gegen die Scheibe geflogen und flatterte jetzt hektisch umher, bevor er sich auf die Fensterbank setzte und mich mit seinen schwarzen Knopfaugen ansah.
In meiner Unachtsamkeit stieß ich gegen das Regal neben mir, und einige Bücher und Alben fielen mit einem dumpfen Geräusch zu Boden. „Oh nein!“, rief ich erschrocken und bückte mich, um sie aufzuheben.
Die meisten waren alt und verstaubt, dicke Akten voller Notizen zu irgendwelchen beruflichen Themen, die mich immer wenig interessiert hatten. Ich klopfte den Staub ab und stapelte sie vorsichtig zurück ins Regal.
Da waren ein paar gebundene Bücher, die ihre besten Jahre hinter sich hatten – abgewetzte Einbände, leicht vergilbte Seiten. Es waren Bücher über Fußballstrategien, Biografien berühmter Trainer und eine Ausgabe von „Die Grundregeln des Spiels“ aus den 70ern. Typisch Jürgen.
Zwischen den Akten fand ich ein altes, dunkelgrünes Fotoalbum, das ich noch nie gesehen hatte. Das Album hatte vergilbte Ränder, und die Bindung war ein wenig locker. Ein Hauch von Neugierde ließ mich das Album öffnen, obwohl ich immer gedacht hatte, dass hier nur alte Geschäftsunterlagen oder Dokumente lagen.
Als ich das Album öffnete, kam mir der Geruch von altem Papier entgegen. Es war voll mit vergilbten Bildern aus den 70er und 80er Jahren. Einige Seiten waren von der Zeit stark beansprucht, die Ecken abgerundet und leicht eingerissen.
Im Einband war ein grobkörniges Schwarz-Weiß-Bild von Jürgen im Teenageralter. Auf dem Foto trug er ein schlichtes Fußballtrikot, mit diesen damals typischen, knapp geschnittenen Shorts, die Knie aufgeschlagen und das Gesicht strahlend vor Stolz.
Auf der ersten Seite klebten Schwarz-Weiß-Bilder von Jürgen, mit kurzem, struppigem Haar und einem breiten Grinsen. Auf einem der Bilder hielt er stolz einen Fußball in der Hand, der wie ein kostbarer Schatz aussah.
Die Bilder waren in gutem Zustand, wenn auch leicht verblasst, und auf jedem Foto lag etwas Nostalgisches. Auf der zweiten Seite sah ich ihn zusammen mit einem anderen Jungen, beide in Fußballtrikots, schlammverschmiert und lachend.
Jürgen hatte einen Arm um die Schulter des anderen Jungen gelegt, der ein bisschen schüchterner in die Kamera grinste. Der andere Junge war häufig zu sehen, ob auf dem Fußballplatz, beim Eisessen oder einfach in der Natur.
Ich blätterte weiter und sah ein Bild, auf dem Jürgen mit seinen Eltern zu sehen war, die ihm offenbar am Rand eines Spielfeldes zujubelten. Seine Mutter sah genauso aus, wie ich sie später kennengelernt hatte, mit ihrem glatten, dunklen Haar und einer eleganten, aber praktischen Kleidung.
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Der letzte Pass
Fanfiction**Fortsetzung von Abseits der Herzen** Julian liebt Kai. Kai liebt Julian. Doch reicht das aus? Trotz ihrer Liebe droht das Unausweichliche: Dunkle Geheimnisse und unversöhnliche Konsequenzen lauern, während ihre Welt immer mehr aus den Fugen gerät...