Kapitel 15

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POV Julian

Als wir endlich wieder zuhause ankamen, herrschte im Haus ein friedlicher Moment. Die Kinder waren erschöpft vom Campingausflug und schliefen nach dem Mittagessen tief und fest.

Das Haus fühlte sich ruhig an, wie eine Oase, aber die Realität traf uns schneller, als mir lieb war.

Kaum hatten wir wieder Empfang, begannen die Nachrichten auf unseren Handys einzutreffen. Es fühlte sich an, als wäre die Außenwelt ungeduldig gewesen, darauf zu warten, uns zu überrollen.

Eine Welle an Kommentaren, Artikeln und Nachrichten schwappte über uns. Ich spürte, wie mein Herz schneller schlug, als mein Handy ununterbrochen vibrierte. Mein Instinkt war sofort, es aufzuheben und nachzusehen.

Doch bevor ich es tun konnte, schnappte Marco es mir mit einem Grinsen aus der Hand.

„Nope, nicht heute“, sagte er bestimmt, „heute gibt's kein Social Media, keine Nachrichten. Du wirst das Handy nicht anfassen.“

„Marco, ich muss—“

„Du musst gar nichts“, unterbrach er mich mit einem ernsten Blick, der aber durch das verschmitzte Lächeln auf seinen Lippen gemildert wurde. „Das ist heute ein handyfreier Tag. Wir lenken dich ab.“

„Mit was?“ fragte ich skeptisch.

Scarlett setzte sich mir gegenüber. Sie warf Marco einen vielsagenden Blick zu, als würde sie andeuten, dass er jetzt anfangen sollte.

„Okay, also“, begann Marco, „warum können Geister keine Lügen erzählen?“

Ich sah ihn nur an, als wäre das ein Witz.

„Weil man direkt durch sie hindurchsehen kann!“ Er lachte über seinen eigenen Witz, und Scarlett stimmte schmunzelnd ein. „Ich hab mehr, warte nur ab!“

Sie begannen eine Kette von unsinnigen Gesprächen, Anekdoten über alte Urlaubsreisen und Marcos unerwartete Liebe zu Kakteen.

Ich lachte mit, oder versuchte es zumindest, aber meine Gedanken waren anderswo. Über Kai. Über das, was er jetzt gerade tat.

Er war direkt nach unserer Ankunft ins Haus gegangen und hatte sich zurückgezogen, um zu telefonieren. Ich wusste nicht, mit wem er sprach, aber ich wusste, dass das Telefonat wichtig war.

Vielleicht zu wichtig. Und ich konnte nicht aufhören, mich zu fragen, ob es das war, worüber wir uns nicht unterhalten wollten – unsere Beziehung, die Realität, die uns beide zu erdrücken schien.

Ich versuchte es zu ignorieren, mich auf Marco und Scarlett zu konzentrieren, aber mein Kopf kehrte immer wieder zu Kai zurück.

Ich fühlte mich egoistisch. Wie lange würde ich das noch hinauszögern? Die Trennung, die eigentlich unausweichlich schien. Kai hatte so viel geopfert, um bei mir zu sein.

Es fühlte sich falsch an, weiterzumachen, als ob alles in Ordnung wäre, wenn die Wahrheit war, dass ich ihn beschützen wollte – sogar vor mir selbst.

Als Marco den dritten Witz in Folge erzählte, sah ich nur halb zu, wie Scarlett schmunzelte. Alles in mir wollte aufstehen, zu Kai gehen und mit ihm über alles reden.

Aber ich wusste, was passieren würde, wenn wir das taten. Es würde wehtun. Viel mehr, als ich gerade ertragen konnte.

„Hey“, sagte Scarlett sanft und sah mich aufmerksam an, als hätte sie meine Gedanken gelesen. „Es wird alles gut.“

Ich nickte nur, aber es fühlte sich nicht so an. Stattdessen stand ich auf und machte mich auf den Weg nach oben. Ich musste Kai finden.

Ihn irgendwie auf andere Gedanken bringen. Vielleicht konnten wir den Moment noch ein bisschen länger hinauszögern, bevor alles zusammenbrach.
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Der letzte PassWo Geschichten leben. Entdecke jetzt