Vergessene Sorgen

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Kai

Der Flur hallte leise von meinen Schritten wider, als ich den Weg in den Gemeinschaftsraum einschlug. Die Anspannung aus dem Zimmer mit Julian war noch in meinem Kopf, aber ich wusste, dass ich mich ablenken musste. Der Rest der Mannschaft wartete unten, und ich war mir sicher, dass sie bereits in ihrer üblichen lockeren Stimmung waren. Das Lachen, die Witze, die vertraute Atmosphäre – all das würde mir helfen, den Druck loszuwerden, der sich in den letzten Minuten aufgestaut hatte.

Als ich die Tür zum Gemeinschaftsraum öffnete, wurde ich von einem lauten, vertrauten Lachen begrüßt. Jamal und Flo saßen auf einem der Sofas, die Füße hochgelegt, während sie über etwas lachten, das ich nicht ganz verstand. Joshua Kimmich und Robert Andrich standen daneben und grinsten, während David Raum mit einem energischen Schwung aus seinem Sitz aufsprang.

„Kai!", rief David mit einem breiten Grinsen, als er mich sah. „Da bist du ja endlich. Wir haben schon überlegt, ob du Julian oben festhältst und ihm einen Vortrag über Fußball gibst!"

„Ich glaube, er hat den Vortrag nötiger als ich", erwiderte ich lachend, während ich mich zu den anderen gesellte. Es fühlte sich gut an, wieder hier zu sein. Der Gemeinschaftsraum war der perfekte Ort, um die Anspannung nach einem langen Tag abzuschütteln.

„Hey, hast du das Spiel von Jamal gegen Leverkusen gesehen?", warf Flo ein, als er mich ansah. „Er hat versucht, den Ball ins Tor zu schießen, aber es sah mehr aus wie ein Versuch, eine Fliege zu fangen." Er grinste schelmisch und verdrehte die Augen, während Jamal ihm einen spielerischen Schlag auf den Arm gab.

„Du kannst ja gerne mal versuchen, mit drei Verteidigern um dich herum cool zu bleiben", schoss Jamal zurück und lachte, während er Flo leicht anrempelte. Es war genau die Art von Geplänkel, die man von den beiden erwartete. Jamal und Flo hatten immer diese entspannte, fast kindische Dynamik. Sie waren gut befreundet, und das merkte man an jeder Interaktion.

„Na ja, wenigstens konnte ich meine Verteidiger in der Bundesliga umgehen", mischte ich mich mit einem Zwinkern ein, während ich mich neben Joshua setzte, der ein entspanntes Grinsen auf den Lippen hatte.

„Ja, ja", erwiderte Jamal und tat so, als würde er beleidigt sein, „aber es gibt immer ein nächstes Mal. Mal sehen, wie du dann abschneidest."

Die Jungs lachten, und für einen Moment fühlte es sich wirklich so an, als wäre alles in Ordnung. Die Anspannung, die ich in den letzten Tagen gefühlt hatte, schien sich langsam aufzulösen. Hier, umgeben von meinen Teamkameraden, schien die Zeit für einen Augenblick stillzustehen.

„Wisst ihr noch das Handspiel von diesem Spanier?", rief Robert plötzlich und brach in schallendes Gelächter aus, als alle sofort wussten, worauf er anspielte. „Ich schwöre, das war das Schlimmste, was ich je gesehen habe. Hat der Typ vergessen, dass Hände nicht erlaubt sind?"

„Ich glaube, er dachte, er spielt Basketball", fügte David grinsend hinzu. Der Raum füllte sich mit Gelächter, und selbst Joshua konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen.

Das war es, was ich an diesen Momenten liebte. Die Mannschaft konnte sich über alles lustig machen, besonders über die lächerlichen Dinge, die während der Spiele passierten. Und das Handspiel im Viertelfinale der EM war eines der größten Highlights. Es war schon fast zum Running Gag geworden, und wir konnten einfach nicht aufhören, uns darüber lustig zu machen.

„Und der Schiri?", setzte Joshua an und schüttelte lachend den Kopf. „Der hat's erst nach zwei Minuten gemerkt! Ich hab' gedacht, ich fall' vom Stuhl."

Der ganze Raum brach in schallendes Gelächter aus, und ich musste mich echt zusammenreißen, um nicht mit einem Grinsen loszulachen. Es waren diese Momente, in denen alles um uns herum bedeutungslos schien. Fußball, Erfolge, Niederlagen – all das verblasste, wenn wir uns über diese winzigen Details lustig machten.

Jamal und Flo führten ihre eigene kleine Unterhaltung weiter, während Jamal sich ausgiebig über Flo lustig machte, weil er einen schrecklichen Freistoß bei einem der letzten Spiele der Bundesliga versemmelt hatte. Flo versuchte, sich zu verteidigen, aber er wusste genau, dass Jamal ihm mit jedem Spruch überlegen war. Es war fast zu witzig, um ernst zu bleiben.

„Also, Flo, jetzt mal ehrlich", begann Jamal mit einem schelmischen Grinsen, „wie konntest du es schaffen, den Ball so weit übers Tor zu jagen? Du hast quasi das Stadion verlassen."

„Ja, ja", murmelte Flo, „das sagst du jetzt, aber ich hab immerhin nicht in der 90. Minute eine 100-prozentige Chance versaut." Er grinste zurück, und wieder brach die Gruppe in Lachen aus.

Es war gut, wieder bei der Mannschaft zu sein. Die Gespräche, die Witze, die Kameradschaft – all das erinnerte mich daran, warum ich es so liebte, für die Nationalmannschaft zu spielen. Es war mehr als nur Fußball. Es waren diese Beziehungen, diese Freundschaften, die uns alle verbanden.

Für eine Weile konnte ich sogar Julian vergessen. Es war, als wäre die Anspannung, die ich gespürt hatte, nicht mehr wichtig. Ich war einfach hier, in diesem Moment, mit den Jungs, und das war alles, was zählte.

„Also, Kai", begann Joshua grinsend, als er sich zu mir drehte, „wie sieht's aus? Hast du Arsenal endlich beigebracht, wie man ein Tor schießt?"

„Hey, ich geb' mein Bestes", sagte ich lachend und lehnte mich zurück. „Aber vielleicht sollte ich mal zu Bayern wechseln, dann habt ihr auch wieder eine echte Herausforderung in der Bundesliga."

Joshua lachte und schüttelte den Kopf. „Ach komm, du bleibst mal schön da, wo du bist. Sonst wird's ja langweilig."

Es waren diese Momente, in denen ich die Dinge wirklich genoss. Die Gespräche flossen leicht, und wir neckten uns gegenseitig, ohne dass es je ernst wurde. Es war einfach entspannt. Die Sorgen, die ich über Julian hatte, schienen für diesen Moment nicht zu existieren.

Ich beobachtete, wie Jamal und Flo immer wieder miteinander scherzten, und dachte mir, wie typisch das für sie war. Die beiden konnten stundenlang miteinander reden und sich gegenseitig aufziehen, und es war klar, dass sie sich auch außerhalb des Spielfelds gut verstanden. Ihre Freundschaft war stark, und ich erinnerte mich daran, wie es früher zwischen Julian und mir gewesen war.

Früher. Das Wort blieb in meinem Kopf hängen, auch wenn ich versuchte, es wegzuschieben. Julian war da oben im Zimmer, und wir hatten fast nichts zu sagen gehabt. Es war, als ob da eine unsichtbare Wand zwischen uns stand. Und vielleicht war es das, was mich am meisten störte. Früher hatten wir immer über alles reden können. Aber jetzt?

Ich schüttelte den Kopf, um die Gedanken loszuwerden, und konzentrierte mich wieder auf das Gespräch im Raum.

„Wisst ihr, was ich echt vermisse?", begann Robert plötzlich, und alle sahen ihn neugierig an. „Die Zeiten, in denen wir einfach nach einem Spiel zusammen in irgendeine Bar gehen konnten, ohne dass wir sofort von Fans überrannt wurden."

„Ja, die guten alten Zeiten", murmelte Joshua grinsend. „Aber wenn du das jetzt versuchst, Andi, bist du derjenige, der nach drei Bier am Tresen zusammenbricht."

„Pff", erwiderte Robert, „drei Bier? Gib mir drei Schnäpse, und dann reden wir weiter."

Wieder füllte sich der Raum mit Lachen, und ich ließ mich einfach mitreißen. Es war das, was ich brauchte. Die Jungs, die Kameradschaft, das Gefühl, Teil von etwas Größerem zu sein. Und für eine Weile konnte ich wirklich vergessen, dass Julian da war.

Aber tief in mir wusste ich, dass ich ihm nicht ewig aus dem Weg gehen konnte.

The last Match- Jule & KaiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt