Unter der Oberfläche

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Kai

Der Abend im Aufenthaltsraum war genau das, was wir alle nach dem anstrengenden Tag gebraucht hatten. Pizza, Getränke und lockere Gespräche – eigentlich eine perfekte Möglichkeit, abzuschalten und sich zu entspannen. Aber so richtig entspannen konnte ich mich nicht. Ich versuchte es, redete ein bisschen mit Flo und Jamal, doch mein Blick wanderte immer wieder zu Julian.

Er saß mit Robert Andrich und David Raum auf dem Sofa und lachte laut über irgendeinen Witz, den ich nicht mitbekommen hatte. Seine Augen funkelten vor Freude, und er wirkte so locker und entspannt – viel lockerer, als er in meiner Nähe war.

Ich versuchte, mich davon nicht ablenken zu lassen, aber es funktionierte nicht. Es machte mich wahnsinnig, ihn da so sitzen zu sehen, wie er mit den anderen scherzte, lachte und so verdammt normal wirkte. Früher war ich derjenige, mit dem er so eine Verbindung hatte. Früher waren wir unzertrennlich. Doch jetzt? Jetzt war da diese unsichtbare Wand zwischen uns, die uns voneinander trennte, obwohl wir körperlich so nah beieinander waren.

„Alles okay bei dir?", fragte Flo plötzlich und sah mich schief an.

„Ja, klar", murmelte ich und schüttelte den Kopf, als wollte ich die Gedanken vertreiben. Ich wollte nicht zugeben, dass mich etwas störte. Ich konnte es nicht mal richtig benennen, aber das Gefühl war da – eine seltsame Unruhe, die sich in meiner Brust ausbreitete.

„Klar", wiederholte Flo skeptisch und zuckte mit den Schultern. „Du wirkst irgendwie abwesend."

„Bin nur müde", log ich und zwang mich zu einem Lächeln, aber mein Blick wanderte erneut zu Julian.

Da war es wieder, dieses enge Gefühl in meiner Brust. Er und Robert scherzten miteinander, und ich konnte nicht verhindern, dass ich mich ausgeschlossen fühlte. Es war irrational, ich wusste das. Julian hatte das Recht, mit jedem zu reden, den er wollte, aber... warum störte es mich so sehr?

„Du hast dich verändert, Mann", sagte Flo leise, als ob er ahnte, dass mehr in mir vorging. Aber ich hatte keine Lust, darüber zu reden. Vor allem nicht hier.

„Ich geh' mal frische Luft schnappen", murmelte ich schließlich und stand abrupt auf. Ich konnte das nicht länger ertragen.

Ohne auf die Reaktionen der anderen zu achten, verließ ich den Raum und ging den Gang entlang. Mein Herz schlug schneller, und ich spürte, wie sich die Wut und Verwirrung in mir vermischten. Wieso machte mich das alles so verrückt? Es war doch nur Julian. Mein Freund. Mein... bester Freund?

„Kai!" Julians Stimme ließ mich innehalten. Ich hätte es wissen müssen, dass er mir folgen würde.

Langsam drehte ich mich um und sah, wie er auf mich zukam. Sein Gesicht war besorgt, und ich konnte sehen, dass er nicht verstehen konnte, was los war.

„Was ist los mit dir?", fragte er direkt, ohne Vorwarnung. Seine Stimme war fest, aber ich spürte auch die Unsicherheit darin. Er spürte es genauso wie ich, das unausgesprochene Chaos zwischen uns.

„Nichts", antwortete ich knapp und sah zur Seite. Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen. Nicht jetzt, wo all diese Gefühle in mir tobten.

„Komm schon, Kai", drängte er und trat näher. „Du bist seit Tagen komisch. Was ist los?"

Ich konnte die Spannung in der Luft spüren. Es war, als ob wir beide am Rand von etwas standen, das wir nicht benennen wollten. Meine Gedanken rasten, aber ich wusste nicht, wie ich das in Worte fassen sollte. Wie konnte ich ihm erklären, dass mich die Eifersucht auffraß, ohne dass es lächerlich klang?

„Es ist nichts", wiederholte ich und versuchte, meine Stimme fest klingen zu lassen. Aber es war eine Lüge, und ich wusste, dass er es merkte.

„Bist du... eifersüchtig?", fragte er plötzlich, und ich konnte sehen, wie er mich intensiv musterte. Seine Augen suchten nach einer Antwort, die ich nicht geben wollte. Er wusste es. Natürlich wusste er es. Wir kannten uns zu gut, um solche Dinge voreinander zu verstecken.

„Eifersüchtig?", wiederholte ich bitter und lachte leise, als ob der Gedanke absurd wäre. Aber tief im Inneren wusste ich, dass genau das mein Problem war. „Auf was denn bitte?"

Meine Frage war sarkastisch, aber ich spürte, wie sie ins Leere fiel. Natürlich wusste er, auf was. Ich war eifersüchtig, weil er sich mit Robert und David so gut verstand. Eifersüchtig, weil ich es nicht ertragen konnte, dass er jetzt eine andere Verbindung zu anderen Menschen hatte. Eifersüchtig, weil... weil ich nicht mehr sicher war, was ich für ihn empfand.

„Weil ich mit Robert und David rumhänge?", fragte er leise, und ich sah, wie er einen Schritt auf mich zuging. Sein Blick war offen, und er wollte es wirklich wissen. Er wollte wissen, was zwischen uns stand.

Ich schloss kurz die Augen und versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Wie sollte ich ihm das erklären? Wie konnte ich ihm sagen, dass es mich zerriss, ihn so unbeschwert mit anderen zu sehen? Dass es mich verrückt machte, nicht mehr derjenige zu sein, der ihm am nächsten stand? Es klang alles so absurd, wenn ich es in meinem Kopf formulierte.

„Es ist...", begann ich, aber die Worte blieben mir im Hals stecken. Wie sollte ich ihm das sagen, ohne mich völlig lächerlich zu machen? Ich war verheiratet. Mit Sophia. Ich sollte das alles nicht so empfinden.

Ich schüttelte den Kopf und drehte mich weg. Ich konnte es ihm nicht sagen. Nicht jetzt. Nicht so.

„Vergiss es", murmelte ich schließlich und machte mich daran, den Flur hinunterzugehen.

„Kai...", begann er, aber ich war schon zu weit weg, um es zu hören.

The last Match- Jule & KaiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt