Zurück zu Fremden

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Julian

Das warme Wasser prasselte auf meine Schultern, und für einen Moment schloss ich die Augen und ließ den Dampf um mich herum aufsteigen. Der Moment war genau das, was ich brauchte – ein kurzer Moment der Ruhe, um mich von dem Chaos der letzten Stunden zu erholen.

Aber meine Gedanken ließen mich nicht los. Sie waren wie ein unaufhörliches Rauschen, das immer wieder auf dieselben Fragen zurückkam.

Warum ging Kai dem Gespräch aus dem Weg?

Ich konnte nicht leugnen, dass es auch für mich unangenehm war. Die Spannung zwischen uns war fast greifbar, aber ich wusste, dass wir nicht die ganze Zeit so weitermachen konnten. Das Training, das Zimmer teilen, die Spiele – es würde alles nur noch komplizierter werden, wenn wir nicht irgendwie diese Kluft zwischen uns überwinden würden.

Es war nicht so, dass ich erwartete, dass wir einfach wieder zu dem Punkt zurückkehren könnten, an dem wir früher gewesen waren. Diese Zeiten waren vorbei. Zu viel war passiert. Zu viele unausgesprochene Dinge lagen zwischen uns, die sich mit der Zeit aufgestaut hatten, bis sie unüberwindbar schienen.

Aber trotzdem... ich wollte wenigstens, dass wir normale Freunde sein konnten. Normale Freunde, die miteinander reden konnten, ohne dass jede Konversation von dieser merkwürdigen Spannung überschattet wurde.

Warum war es so schwer? Warum wich Kai mir ständig aus? Was hatte sich so verändert, dass er nicht mal mehr bereit war, ein normales Gespräch zu führen?

Das Wasser lief weiter über meinen Kopf, doch die Fragen schwirrten unaufhörlich in meinem Kopf herum. Ich verstand es nicht. Wir hatten früher so viel Zeit miteinander verbracht. Wir hatten über alles reden können. Jetzt schien es, als hätte Kai eine Mauer um sich errichtet, eine Mauer, die mich auf Abstand hielt.

Was war so schwer daran, sich der Vergangenheit zu stellen?

Ich seufzte und fuhr mir mit der Hand durch die Haare. Vielleicht war es auch meine eigene Unsicherheit, die mich so festhielt. Vielleicht hatte ich zu viele Erwartungen an unser Wiedersehen gehabt, ohne zu bedenken, dass auch Kai sich verändert hatte. Er hatte sein eigenes Leben, seine eigene Realität. Und ich... ich war für ihn wahrscheinlich nur noch ein Relikt aus der Vergangenheit.

Doch je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr spürte ich, dass das nicht alles war. Es war nicht nur die Zeit, die uns voneinander getrennt hatte. Da war mehr. Etwas, das unausgesprochen zwischen uns lag. Etwas, das ich nicht greifen konnte, aber es war da.

Und ich wollte es wissen. Ich musste es wissen.

Nach einer Weile drehte ich das Wasser ab und griff nach dem Handtuch. Der Raum war jetzt still, nur das leise Tropfen des Wassers auf den Boden war zu hören. Ich trocknete mich ab, während meine Gedanken immer noch um Kai kreisten. Was konnte ich tun, um das Eis zwischen uns zu brechen?

Ich wusste, dass ich es nicht erzwingen konnte. Aber gleichzeitig war es schwer, einfach abzuwarten. Ich war nie der Typ gewesen, der mit Stille oder Ausweichen umgehen konnte. Ich wollte Dinge klären, direkt ansprechen. Aber Kai? Er war nicht bereit, und das machte es nur schwieriger.

Mit einem leisen Seufzen zog ich mir meine Schlafsachen an und trat aus dem Badezimmer zurück ins Zimmer.

Kai lag bereits im Bett, den Blick auf sein Handy gerichtet, das in der Dunkelheit des Zimmers leicht aufleuchtete. Er sah mich kurz an, als ich hereinkam, doch sein Gesichtsausdruck blieb ruhig und distanziert.

„Bist du fertig?", fragte er, als ich mich auf mein Bett setzte.

„Ja", murmelte ich und griff nach meinem Handy. Die Stille zwischen uns war fast erdrückend. Es fühlte sich an, als würden wir beide um ein Thema herumschleichen, das keiner von uns ansprechen wollte.

Ich wusste, dass er meine Fragen nicht beantworten wollte. Er hatte es bereits gezeigt, als er das Gespräch im Raum vorhin gemieden hatte. Aber ich konnte nicht aufhören, darüber nachzudenken.

„Wie läuft's bei Arsenal wirklich?", fragte ich schließlich, den Blick auf mein Handy gerichtet, als ich versuchte, die Stille zu füllen. Ich wusste, dass die Frage oberflächlich war, aber vielleicht war das der einzige Weg, wie wir im Moment miteinander reden konnten.

Kai zuckte leicht mit den Schultern. „Ganz gut. Wir haben uns nach ein paar schlechten Spielen wieder gefangen. Du weißt ja, wie das ist."

„Ja, klar", erwiderte ich leise. Mein Blick blieb auf dem Bildschirm meines Handys haften, doch meine Gedanken waren woanders.

Es war seltsam, so oberflächlich mit ihm zu reden. Früher hätten wir stundenlang über alles geredet – Fußball, das Leben, alles dazwischen. Aber jetzt? Jetzt blieb es bei kurzen, fast mechanischen Antworten.

„Und bei dir?", fragte Kai nach einer Weile, doch seine Stimme klang, als wäre er mit den Gedanken ebenfalls woanders. Es war mehr eine Höflichkeitsfrage als echtes Interesse, und das tat mehr weh, als ich erwartet hatte.

„Es geht", antwortete ich knapp. „Bin froh, wieder bei der Nationalmannschaft zu sein."

„Ja, das ist schön", sagte Kai und legte sein Handy zur Seite. Die Worte klangen freundlich, aber sie waren nicht mehr als leere Floskeln.

Die Stille kehrte zurück, nur unterbrochen vom leisen Rascheln der Bettdecke, als ich mich hinlegte. Es fühlte sich fast an, als wäre das Bett zwischen uns eine symbolische Grenze. Früher hätte es uns nichts ausgemacht, stundenlang zu quatschen, selbst wenn wir todmüde gewesen wären. Aber jetzt? Jetzt schien jedes Gespräch ein Kampf gegen diese unsichtbare Mauer zu sein, die sich zwischen uns aufgetürmt hatte.

„Ich denke, wir sollten schlafen", sagte Kai nach einer Weile leise. „Morgen wird anstrengend."

„Ja", murmelte ich nur und schloss die Augen.

Aber obwohl ich meine Augen schloss, konnte ich nicht schlafen. Meine Gedanken kreisten weiter um Kai, um das, was zwischen uns lag, und um die Tatsache, dass wir beide zu viel Vergangenheit mit uns herumtrugen, um einfach wieder normal zu sein.

Vielleicht war es das, was mich am meisten störte. Nicht, dass wir uns nicht mehr so nahe waren wie früher, sondern dass wir nicht mal in der Lage waren, normale Freunde zu sein. Ich hatte gehofft, dass wir wenigstens das schaffen könnten.

Aber vielleicht war es noch zu früh. Vielleicht brauchten wir beide mehr Zeit.

Ich drehte mich auf die Seite und starrte in die Dunkelheit des Zimmers. Das leise Atmen von Kai neben mir war das einzige Geräusch. Und obwohl wir nur wenige Meter voneinander entfernt lagen, fühlte es sich an, als läge eine ganze Welt zwischen uns.

The last Match- Jule & KaiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt