#50 Majoli Petit

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„Du musst nicht wütend werden“, sprach Matylda sanft. „Ich habe ihn vor langer Zeit mit ihr erwischt und ihm verziehen. Aber ich habe schnell gemerkt, dass es zwischen ihnen ernster ist. Und ich habe es akzeptiert. Ich gebe ihm wohl nicht das, was er braucht... Vielleicht hat er sich deshalb eine andere Frau gesucht.“

Als ob das eine Frau nicht treffen würde... Natürlich ist es verletzend. Da braucht mir Matylda nichts vorzumachen. Automatisch kommen einem Gedanken wie: Was hat sie, was ich nicht habe? Matylda hat das alles nicht verdient. Der Kerl hat einfach nicht erkannt, wie einzigartig sie ist.

„Ich wusste, dass er ein Arschloch ist“, sagte ich scharf. „Sein schleimiges Lächeln hat ihn sofort verraten. So jemanden hast du nicht verdient, Matylda. Du bist so wertvoll, du solltest auf Händen getragen werden. Warum trennst du dich nicht von diesem Möchtegern-Meister-Proper?“

Matylda ließ ihren Blick in die Ferne schweifen.

„Wir haben viel zusammen durchgemacht. Ich konnte immer auf Piotr zählen, und er auf mich. Durch die Kinder und die Arbeit habe ich ihm vielleicht nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt. Und ja, wir haben uns auseinandergelebt. Das gehört zum Leben dazu. Es ist ein Auf und Ab“, erklärte Matylda leise.

Während ich auf ein Stück Gurke biss, brodelte in mir die Wut. Von meinem Kater war keine Spur mehr zu spüren, jetzt ging es nur noch darum, Matylda aus diesem tristen Leben zu befreien.

„Matylda, das ist doch Schwachsinn! Warum hat er denn nicht versucht, eure Ehe zu retten? Eine Affäre ist keine Lösung, sondern eine bewusste Entscheidung. Dieser Kerl hat doch keine Ahnung, wie besonders du bist. Statt dass er sich Mühe gibt, sucht er sich die nächstbeste Frau, die ihm ein bisschen Glück verspricht. So ein Unsinn!“

Matylda lächelte leicht über meine leidenschaftliche Antwort und erinnerte mich sanft: „Erst kauen, dann sprechen, Majoli.“

Ich schluckte schnell die Gurke herunter. „Du musst dich trennen, Matylda. So weiterzumachen ist keine Option! Und das sage ich nicht, weil ich dich an meiner Seite haben will, sondern weil ich deine Freundin bin.“

„Majoli, das ist lieb von dir, aber ich habe dir doch gesagt, dass wir viel durchgemacht haben. Eine Trennung ist nicht so einfach. Es ist kompliziert.“

Ich war sprachlos. Diese starke Frau, die an einem Mann hängt, der sie nicht verdient. Unfassbar.

„Liebst du ihn überhaupt?“ fragte ich direkt.

„Liebe... Ich liebe ihn wie einen Freund“, gab Matylda zu.

Ich rückte näher zu ihr, sah ihr tief in die Augen. „Hast du ihn jemals geliebt?“ bohrte ich weiter.

Matylda starrte auf ihre leere Tasse. Ich nahm sie ihr aus der Hand und stellte sie behutsam auf den Tisch. Dann legte ich sanft meine Hand auf ihre.

„Ich mache dir gleich einen neuen Tee, aber jetzt möchte ich einfach ein ehrliches Gespräch mit dir“, flüsterte ich.

Die starke, kühle, emotionslose Matylda war plötzlich nicht mehr zu sehen. Ich wollte, dass sie sich mir anvertraut, dass sie nicht all ihre Sorgen in sich hineinfrisst. Ich wollte für sie da sein, die Schulter, an die sie sich anlehnen konnte.

Sie atmete tief durch. Ihre Blicke sprachen mehr als Worte dies tun könnten.

„Schwer zu sagen. Ich habe Piotr damals in Polen kennengelernt, und es hat einfach gepasst. Unsere Familien wollten es so, und dann ging alles ziemlich schnell. Aber wenn ich ehrlich zu mir bin, habe ich das, was ich gerade bei dir fühle, bei ihm nie gefühlt. Und wenn das Liebe sein soll... dann habe ich ihn nie wirklich als Ehemann geliebt, eher als guten Freund.“

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