#59 Matylda Novak

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Ich musste es jetzt tun. Jetzt oder nie.

Ich saß im Wohnzimmer. Tomek war in sein Handy vertieft, während Zofia sich nichts anmerken ließ. Auch ich versuchte, meine Fassade zu wahren. Doch innerlich tobte das Chaos.

Wie sollte ich das Gespräch mit ihr beginnen? Die Scham, die auf mir lastete, machte es nicht leichter. Und Tomek konnte ich noch nicht einweihen – er würde es versehentlich sofort Piotr erzählen.

Zum perfekten Zeitpunkt klingelte sein Handy, und er verließ den Raum.

Jetzt war es nur noch Zofia und ich. Doch die Leere zwischen uns fühlte sich wie eine Mauer an, die ich nicht zu durchbrechen wusste.

„Ich bin immer noch satt von deinem leckeren Essen“, sagte ich mit einem schiefen Lächeln, in der Hoffnung, irgendwie das Eis zu brechen.

„Ich auch, das war wirklich sättigend“, entgegnete Zofia. Sie lächelte leicht, und ich sah, wie ihre Blicke jede meiner Reaktionen aufmerksam analysierten.

„Und Majoli hat es ja auch geschmeckt“, fügte sie mit einem weiteren Lächeln hinzu. Mein Herz zog sich zusammen, und ich spürte die Scham wie einen Kloß in meinem Hals.

Ich räusperte mich nervös. „Zofia, ich glaube… ich muss mal mit dir reden.“

Zofia lächelte liebevoll. „Müssen wir, oder willst du es?“

„Beides... wir sollten“, antwortete ich zögerlich.

Ich bat sie, mit mir ins Zimmer zu kommen. Meine Nervosität war nicht zu übersehen. Meine Gedanken rasten, doch jetzt war keine Zeit für Zögern.

Im Zimmer setzte sie sich auf den Hocker, während ich mich auf das Bett setzte. Der Druck war überwältigend. Was sollte ich ihr sagen? „Dein Vater ist ein Arsch, und ich habe mich entschieden, genauso zu sein und ihn zu betrügen.“ Der Gedanke allein brachte mich beinahe um.

Zofia sah mich mit ihren großen, durchdringenden Augen an. Sie atmete tief durch, als wolle sie mir signalisieren, dass sie bereit war.

„Amira würde bald gerne vorbeikommen, Mama. Sie freut sich schon sehr, dich kennenzulernen“, sagte sie plötzlich, wohlwissend, dass ich mit etwas anderem kämpfte.

„Das freut mich, Schatz. Ich kann es kaum erwarten, die Person kennenzulernen, die du liebst“, antwortete ich, froh über das Ablenkungsthema.

„Ja, Liebe“, sagte sie leise, beinahe vorsichtig. „Liebe gibt einem Mut und lässt sich nicht planen.“

Ihre Worte trafen mich wie ein Schlag in die Magengrube. Meine Atmung wurde flacher. „Matylda, jetzt nicht“, ermahnte ich mich innerlich. Nicht in Ohnmacht fallen.

„Zofia, du hast heute ja Majoli kennengelernt... wie fandest du sie?“ fragte ich zögerlich, tastend, um langsam auf das eigentliche Thema zu kommen.

„Sie wirkte nett... und irgendwie auch sympathisch“, antwortete sie, ohne eine Miene zu verziehen.

„Ja, sie hat eine unheimliche Ausstrahlung und einen schrecklichen Charme“, versuchte ich anzudeuten.

Zofia hob eine Augenbraue. „Wie findest du sie denn, Mama?“

Sie lenkte das Gespräch ganz bewusst dorthin, wo es ohnehin landen musste. Ich atmete tief ein und aus, um mich zu sammeln.

„Wie finde ich Majoli... das ist eine gute Frage“, sagte ich ausweichend.

„Oder sollte ich lieber fragen: Was bedeutet dir Majoli, Mama?“

Mein Herz setzte einen Schlag aus. Ich schluckte hart.

„Dass sie mehr als nur eine Arbeitskollegin für mich ist, weißt du doch bereits“, gab ich vorsichtig zu.

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