23: Kiss in the Rain

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Lucy

Ahnung habe ich von illegalen Geschäften. Nicht von Koordinatensystemen und Vektoren. Das brauche ich für die Geschäfte nicht. Ich brauche nur einfaches ein mal eins und ein bisschen Köpfchen, um dumme Schüler, die Gr@s wolen zu verarschen und mehr für mich rauszuschlagen, als eigentlich vorgesehen. Das hab ich. Das Köpfchen. Vektoren raffe ich nicht. Will ich auch nicht.
Mein Handy vibriert als Frau Kolk uns Übungsaufgaben an die Tafel schreibt. Natürlich schaue ich drauf. Es könnten immer Potentielle Kunden sein.

Papa<3: Komm heute bitte pünktlich nach Hause. Ich schick dir einen Fahrer.
Gruß, Papa.

Eine Nachricht die ich nicht erwartet hatte. Doch ich nehme sie zur Kenntnis. Papa hat eine große Firma, die nicht nur in Deutschland sondern auch in 29 anderen Ländern der Welt vertreten ist. Das ich Drogen verkaufe und selbst hin und wieder mal einen Joint rauche, weiß er nicht und das sollte auch am besten so bleiben. Aber den kostenlosen Service nach Hause nutze ich doch gerne.

~~~

Als ich nach der 8ten Stunde nach draußen konme schaue ich auf mein Handy. Einer aus meinem Jahrgang will morgen neues Gras haben. Ich muss erstmal schauen, ob ich noch welches habe. Ansonsten muss ich heute noch „Joggen” gehen.
Ich zünde mir eine Zigarette an, stelle meine Beine überkreuz und schmeiße mein Feuerzeug wieder in meine Handtasche. Ich scrolle durch Insta während ich auf meinen Fahrer warte. Keine 5 Minuten dauert es bis unser blauer BMW vor mir an der Straße hält und der Fahrer aussteigt, um mir die Tür zu öffnen.

„Wenn das dein Vater sieht, Luce”
Ich erstarre.
Viek zu gut kenne ich diese Stimme. Viel zu oft, wollte ich, dass er diesen Namen sagt. Luce - oder noch lieber - Luce ma love.
Doch so oft ich es wollte, desto weniger hat er es gesagt.
„Jamie”, sage ich nur und will ins Auto einsteigen, doch er stellt sich vor mich. „Lange nicht gesehen”, meint er und sieht mich an. Ohne Emotionen versuche ich ihn anzusehen. In meinem Inneren ist allerdings sehr viel mehr als keine Emotion.
„Stimmt. Darf ich jetzt bitte einsteigen? Papa hat geschrieben, ich soll pünktlich sein”, frage ich schnippisch.
Er seufzt.
„Natürlich Ma'm”
Ich steige ein. Ohne ein Wort. Ohne jegliche Emotion zu zeigen.
Es fängt an zu regnen, während wir die Stadtautobahn nehmen, um auf dem schnellsten Weg nach Hause zu kommen. Die Regentropfen prasseln nur so an der Fensterscheibe herunter. Meine Gedanken kreisen. Mein Herz hat lange nicht mehr so schnell geschlagen. Meine Gedanken kreisen. Um mich. Um Jamie. Um uns.
Ja. Es gab ein uns. Vor zwei Jahren war Jamie noch an meiner Schule. Er ist einmal sitzen geblieben, dementsprechend drei Jahre älter als ich. Also 21. Er war damals im Abiturjahrgang und ich hatte mich in den brünetten Lockenkopf mehr als nur verliebt. Ich war ihm verfallen. Ich hab ihm mein erstes Mal geopfert. Dann habe ich erfahren, dass ich nur eine verschissene Wette war. Eine verdammte Wette. Es hat mich kaputt gemacht und ich bin zum Gras gekommen. Ich hab schluss gemacht, ohwohl das fast schon lächerlich war. Ich war damals 16 und er noch 18. Er war mein erster Freund. Mein erster Kuss. Mein erstes Mal. Alles. Nur hatte ich ihn nie meinen Eltern vorgestellt, weil ich wusste, dass Papa ausrasten würde. Zurecht.
Letztes Jahr meinte Papa, dass wir einen neuen Azubi in der Firma haben, der als Nebenjob direkt bei uns als Fahrer arbeitet. Und dann sah ich ihn.
Jamie. Meine erste Liebe.
Ich hätte am liebsten sofort los geheult, aber das ging nicht. Ich bekam ihn glücklicherweise nicht oft als Fahrer, da eher meinen Vater rum fährt. Aber als er heute aus diesem Auto gestietgen ist, bin ich von allen Wolken gefallen. Wenn ich ehrlich bin, habe ich vergessen, dass er mittlerweile im 2. Lehrjahr ist.

„Am liebsten würde ich deinem Vater sagen, dass du k!ffst”, aus der Todenstille ertönt seine Stimme. „Mach es und ich sag ich habs von dir. Dann bist du deine Azubistelle ganz schnell los”, antworte ich nur und würdige ihm keinen Blick.
„Wenn du dann damit aufhörst, nehme ich es in Kauf”, murmelt er gerade noch so, dass ich es verstehe.
„Halt an” - natürlich tut er was ich sage.
Ich nehme meine Tasche und steige aus. Anders als erwartet, folgt er mir. „Luce! Steig wieder ein! Du holst dir den verdammten Tod!”, ruft er mir hinter her. Es regnet in Strömen, doch ich gehe weiter. Es sind noch ungefähr 2km bis nach Hause und ich bin jetzt schon komplett nass.
Plötzlich werde ich am Arm festgehalten und rum gedreht. Jamies Haare fallen ihm Nass in die Stirn. Sein Shirt ist durchnässt, sodass es jedes noch so kleine Detail zeigt.
Ich rufe mir ins Gedächtnis zurück, wer genau da vor mir steht.
„Lass mich los! Lass mich gehen!”, knurre ich und reiße mich los.
„Steig wieder ein! Dein Vater bringt mich um!”
„Ich denke nicht mal dran! Du bist doch derjenige, der das Arschloch war” - es hatte nichts mit der Situation gerade zu tun, aber es kam aus mir raus. Ohne, dass ich drüber nachdenken komnte. Mir kommen die Tränen. Wenigstens regnet es, dann sieht man die nicht so doll.
„Was?” - sein Brustkorb hebt und senkt sich schwer. Verwundert sieht er mich an.
„Tu nicht so”, meine ich und schaue weg. Die Tränen werden mehr.
„Verdammt, Lucy. Denkst du wirklich ich wollte diese beschissene Wette!? Man ich war besoffen, okay? Ich war verliebt und besoffen! Es war eine beschissene Idee. Eigentlich sogar die beschisseneste Idee meines Lebens”, langsam werde ich hellhörig und sehe ihn an, „Luce, ich habe die Wette abgebrochen, bevor du es erfahren hast. Und eigentlich wollte ich es dir an dem Abend auch sagen”
„Was sagen? Dass du ein Arschloch bist?”
„Ja, verdammt! Und das ich dich liebe”
Meine Augen werden groß.
„Das tue ich immernoch”
Ich erstarre.
Was hat er da gerade gesagt!?
„Veddammt, Luce, du hast richtig gehört! Ich wusste bei wem ich die Azubistelle annehme. Ich hab das gemacht, weil ich dich wieder bekommen wollte. Und ich will nicht, dass du k!ffst, weil ich mir verdammt nochmal sorgen um dich mache! Ich-”
Ich lasse ihn nicht ausreden, ich küsse ihn. Ich küsse Jamie. Den jungen Mann, der mir alles genommen und gleichzeitig soviel gegeben hat. Verdammt ich bin ihm mit jeder Faser meines Körpers verfallen.
Er erwidert den Kuss.
Sehnsüchtig, mit Regengeschmack, aber unglaublich gut.
„Du musst trotzdem aufhören zu K!ffen, Luce, ma love”
„Jaja, klappe halten, küssen”

Es ist mir egal das wir im Regen stehen. Im Gegenteil. Es ist der schönste Kuss überhaupt.
Ich will dass es nie endet.

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🌧️♥️

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⏰ Letzte Aktualisierung: Oct 16 ⏰

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