Elena schritt durch die langen Gänge des Palastes, ihre Schritte widerhallten auf dem kühlen Marmorboden. Seit ihrem letzten Gespräch mit Isabella war die Spannung zwischen ihnen fast greifbar geworden. Die Königin hatte sie nicht nur zur engen Vertrauten gemacht, sondern auch ihre tiefsten Emotionen angedeutet – Gefühle, die Elena verwirrten, aber auch verführten. Doch heute war der Palast wie in einen Schleier gehüllt, der Vorahnung mit sich brachte. Etwas Unheilvolles lag in der Luft.
Im Thronsaal herrschte reges Treiben, Diener und Adlige kamen und gingen, während Isabella, in ihrer stolzen Haltung unantastbar wirkend, wie ein Schatten über allem wachte. Doch in Isabellas Blick lag etwas, das Elena in den letzten Tagen nicht übersehen konnte: ein Funke, der immer dann aufleuchtete, wenn ihre Augen sich trafen. Auch jetzt spürte Elena die Blicke der Königin auf sich ruhen, während sie an der Seite der anderen Hofdamen ihre Arbeit verrichtete.
Doch eine andere Frau machte sich heute noch mehr bemerkbar – Valeria. Seit ihrem letzten Zusammentreffen in der Stadt hatte Valeria nicht locker gelassen, Elenas Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sie war eine Frau, die es gewohnt war, alles zu bekommen, was sie wollte – und Elena war offensichtlich ihr nächstes Ziel. Elena spürte Valerias Augen auf sich brennen, während sie durch den Saal ging, und die Spannung wuchs mit jedem Schritt, den sie tat.
Valeria trat näher, ihre scharfen Augen blitzten in Elenas Richtung. „Du siehst heute wunderschön aus, Elena“, sagte sie mit einem fast unmerklichen Lächeln. Ihre Stimme war sanft, doch darunter lag etwas Gefährliches, das Elena beunruhigte. „Die Königin hat einen wahren Schatz in dir gefunden.“
Elena blieb höflich, aber distanziert. „Danke, Lady Valeria. Ich gebe mein Bestes, um ihren Anforderungen gerecht zu werden.“
Valeria trat noch näher, sodass Elena den Duft ihrer teuren Parfüms riechen konnte. „Es ist nicht leicht, ihre Gunst zu gewinnen. Ich frage mich, wie lange du es schaffst, dich in ihrer Gunst zu halten“, sagte Valeria in einem Tonfall, der halb schmeichelnd, halb drohend wirkte.
Elena spürte, dass hier ein gefährliches Spiel gespielt wurde. „Das wird die Zeit zeigen“, antwortete sie ruhig, bevor sie sich abwandte und Valerias durchdringenden Blick hinter sich ließ.
Doch das war nicht das Ende. Valeria gab nicht auf. Am Nachmittag, als Elena sich in ihrem Zimmer im hinteren Teil des Palastes ausruhte, hörte sie plötzlich Schritte hinter ihrer Tür. Noch bevor sie reagieren konnte, öffnete sich die Tür, und Valeria trat ein.
„Valeria, was machst du hier?“, fragte Elena überrascht und erhob sich schnell.
Valeria schloss die Tür hinter sich und trat auf Elena zu, ihre Augen funkelten vor Entschlossenheit. „Ich wollte mit dir allein sprechen“, sagte sie, ihre Stimme war weich, aber es lag eine gewisse Dringlichkeit darin. „Wir beide wissen, dass du besonders bist, Elena. Du hast nicht nur die Aufmerksamkeit der Königin erregt, sondern auch die meine.“
Elena wich zurück, ihr Herz schlug schneller. „Was meinst du?“
Valeria trat näher, fast zu nah. „Du musst wissen, dass ich eine Frau bin, die bekommt, was sie will. Und im Moment will ich... dich.“
Elenas Atem stockte. Sie konnte die Wärme von Valerias Körper spüren, die verführerische Energie, die sie umgab. Doch tief in ihrem Inneren spürte sie den Widerstand. Das hier war falsch. Valeria spielte ein gefährliches Spiel, und Elena wusste, dass sie sich dem nicht hingeben konnte.
„Valeria, ich denke, du missverstehst...“, begann Elena, doch Valeria legte ihr einen Finger auf die Lippen.
„Ich verstehe sehr gut, was hier passiert“, sagte Valeria leise. „Du bist neugierig, das kann ich spüren. Es muss dir doch schmeicheln, dass so viele Frauen an dir interessiert sind.“
„Ich... bin der Königin treu“, stammelte Elena, ihre Gedanken wirbelten durcheinander. Sie wollte dieser Versuchung nicht nachgeben, aber Valeria ließ nicht locker.
Valeria lächelte triumphierend. „Treu? Glaubst du wirklich, dass die Königin dir auf Dauer treu bleiben wird? Sie ist die Herrscherin dieses Landes, Elena. Du bist nur eine weitere Frau in ihrer langen Liste von Vertrauten.“
Das saß tief. Für einen Moment zögerte Elena, aber dann fand sie ihre Stimme wieder. „Ich bin mir meiner Gefühle sicher. Und ich werde dich bitten, jetzt zu gehen.“
Valeria zog ihre Hand zurück, in ihren Augen blitzte ein Funken Zorn auf. „Wie du meinst“, sagte sie kalt und wandte sich abrupt ab. „Aber vergiss nicht, Elena. Es gibt immer einen Preis für Loyalität.“ Mit diesen Worten verließ sie den Raum, und Elena atmete erleichtert auf.
Doch das Unbehagen blieb. Sie wusste, dass Valeria nicht aufgeben würde – nicht so leicht.
Später an diesem Abend kehrte Elena erschöpft in ihre Gemächer zurück. Sie hatte den Tag damit verbracht, der Königin bei ihren Aufgaben zu helfen, und ihre Gedanken kreisten immer wieder um das Treffen mit Valeria. Sie hatte das Gefühl, als wäre ein Netz aus Intrigen um sie gesponnen worden, ein Netz, aus dem es keinen Ausweg gab.
Als sie ihre Zofenkleidung ablegte und sich für die Nacht vorbereitete, hörte sie ein leises Klopfen an der Tür. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Wer könnte das um diese späte Stunde sein? Sie öffnete die Tür und sah Isabella vor sich stehen. Die Königin trug ein schlichtes, aber dennoch erhabenes Gewand, ihre Augen funkelten im schwachen Licht der Fackeln.
„Isabella?“, fragte Elena überrascht.
Die Königin trat in das Zimmer und schloss die Tür hinter sich. „Ich musste dich sehen“, sagte Isabella leise, und in ihrer Stimme lag eine ungewohnte Weichheit. „Ich habe gehört, dass Valeria versucht hat, dich zu verführen.“
Elena nickte zögernd. „Ja, aber ich habe ihr deutlich gemacht, dass ich nicht interessiert bin.“
Isabella trat näher, ihre Augen ruhten auf Elena mit einer Intensität, die sie fast durchdrang. „Das ist gut. Du bist mir wichtiger, als du vielleicht glaubst.“
Elenas Herz schlug schneller, als Isabella noch näher trat, ihre Hand sanft auf Elenas Wange legte. „Ich will dich für mich, Elena. Nur für mich.“
Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen. Die Luft war erfüllt von unausgesprochenen Gefühlen, und bevor Elena wusste, wie ihr geschah, spürte sie Isabellas Lippen auf ihren. Der Kuss war sanft, aber leidenschaftlich, und Elena konnte nicht anders, als sich ihm hinzugeben.
Die Königin zog sie näher, ihre Hände glitten über Elenas Schultern und zogen sie fester an sich. Die Hitze zwischen ihnen wurde intensiver, und für einen Moment schien es, als würde die Welt um sie herum verschwinden.
Doch gerade in dem Moment, als die Leidenschaft ihren Höhepunkt erreichte, schoss ein Gedanke durch Elenas Kopf – die Verantwortung, die Macht der Königin, und die Gefahr, in die sie sich beide begeben könnten, wenn jemand davon erfuhr. Abrupt löste sie sich von Isabella und trat zurück, ihre Atmung war schwer und unregelmäßig.
„Ich... ich kann nicht“, stammelte sie, ihre Hände zitterten.
Isabella sah sie überrascht an, in ihren Augen lag Verletzung, aber auch Verständnis. „Warum nicht?“, fragte sie sanft.
Elena senkte den Blick. „Es ist zu viel... zu gefährlich. Ich habe Angst.“
Isabella trat näher, legte eine Hand unter Elenas Kinn und hob ihren Kopf, bis ihre Blicke sich trafen. „Du musst keine Angst haben. Nicht bei mir. Ich werde dich immer beschützen.“
Doch Elena konnte ihre Zweifel nicht abschütteln. Sie liebte die Königin, das wusste sie nun, aber die Welt um sie herum war voller Gefahren und Intrigen. Sie musste vorsichtig sein – für beide.
Die Stille im Raum sprach Bände, und schließlich nickte Isabella. „Wir werden nichts überstürzen“, sagte sie leise. „Aber ich werde immer auf dich warten, Elena.“
Mit diesen Worten verließ die Königin das Zimmer, und Elena blieb alleine zurück, ihr Herz schwer und voller widersprüchlicher Gefühle.