Der Fall der Unschuld

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Elena spürte, wie die kühle Luft der Morgendämmerung ihre Wangen streifte, als sie im Hof des Schlosses ihrer täglichen Arbeit nachging. Es war ein friedlicher Morgen, einer der seltenen Momente, in denen sie sich sicher fühlte – sicher in der Nähe von Isabella, sicher in ihrer Rolle. Doch diese Ruhe sollte nicht lange währen.

Plötzlich erklangen hastige Schritte hinter ihr. Zwei Soldaten der königlichen Garde marschierten auf sie zu, ihre Gesichter ernst und emotionslos. „Elena,“ sagte einer der Männer mit scharfer Stimme, „Ihr müsst uns auf der Stelle folgen.“

Verwirrung durchzog ihren Geist, aber sie wusste, dass sie keine Wahl hatte. Mit einem Knoten im Magen folgte sie den Soldaten durch die endlosen Flure des Schlosses, vorbei an neugierigen Blicken und murmelnden Bediensteten. Was hatte sie nur falsch gemacht?

Die große, hölzerne Tür des Thronsaals öffnete sich mit einem lauten Knarren, und Elena trat in den prunkvoll dekorierten Raum ein. Isabella saß auf ihrem Thron, ihr Blick hart und distanziert, als ob all die Nähe, die sie in den letzten Monaten geteilt hatten, plötzlich nicht mehr existierte.

Neben der Königin stand Valeria, mit einem leichten, kaum zu verbergenden Lächeln auf ihren Lippen. Etwas war nicht in Ordnung, und Elena konnte es förmlich spüren.

„Elena,“ begann Isabella mit kühler Stimme, „es gibt Anschuldigungen gegen dich, die schwerwiegender Natur sind. Du wirst des Verrats beschuldigt.“

Elena spürte, wie ihr Herz einen Schlag aussetzte. „Verrat? Das kann nicht sein, Eure Majestät. Ich würde niemals—“

„Schweig!“ rief Valeria mit einer gespielten Entrüstung. „Die Beweise sind eindeutig. Dokumente, die nur du hättest stehlen können, wurden in deinen Gemächern gefunden. Sie gefährden das gesamte Königreich!“

Elena spürte, wie ihr der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. „Das ist unmöglich! Ich... ich habe nichts gestohlen! Jemand muss sie dort platziert haben...“

„Jemand wie du, Valeria?“ wollte sie sagen, aber sie hielt sich zurück. In Valerias Augen funkelte etwas Diabolisches. Das konnte nur ein geschicktes Manöver von ihr sein, um Elena endgültig aus dem Weg zu räumen.

Isabella, die so viele Nächte in ihren Armen gelegen hatte, sah sie nur kühl an. „Wir können in dieser Sache keine Ausnahme machen, Elena. Bis wir die Wahrheit herausgefunden haben, wirst du in den Kerker geworfen. Das Gesetz muss für alle gelten.“

„Eure Majestät, bitte...“ flehte Elena, doch Isabella blieb unnachgiebig. „Führt sie ab.“

Zwei Gardisten packten Elena und zogen sie fort, ihre Hände kalt und unerbittlich. Der Weg in den Kerker fühlte sich endlos an, und ihre Gedanken rasten. Warum tat Isabella das? Hatte ihre Liebe wirklich so wenig Bedeutung?

Die schweren Eisentüren des Kerkers schlugen krachend hinter ihr zu. Kälte durchdrang die dunklen Mauern, und Verzweiflung legte sich wie ein Schleier über ihre Gedanken. Sie setzte sich in die feuchte Ecke der Zelle, während ihre Hände zu Fäusten geballt waren. Sie musste einen Ausweg finden. Es konnte nicht hier enden.

Währenddessen saß Isabella auf ihrem Thron, unfähig, den inneren Kampf zu verbergen, der in ihr tobte. Sie wusste, dass Elena unschuldig sein könnte, doch als Königin durfte sie keinen Funken Schwäche zeigen. Valeria stand immer noch neben ihr, scheinbar in vollkommener Zufriedenheit mit der Situation.

Später in dieser Nacht, als die Geräusche des Schlosses verstummten, kam eine Silhouette in den Kerker hinab. Elena hob den Kopf und erkannte eine vertraute Gestalt. Es war eine Dienerin, die ihr einst geholfen hatte, und die nun heimlich Brot und Wasser in die Zelle brachte.

„Elena,“ flüsterte die Dienerin, „ich glaube dir. Es gibt Menschen, die auf deiner Seite stehen. Halte durch.“

Diese Worte gaben Elena einen Funken Hoffnung, doch sie wusste, dass die Zeit gegen sie arbeitete. Sie würde alles tun müssen, um ihre Unschuld zu beweisen, bevor es zu spät war.

Die Königin und ihre ZofeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt