Der Saal war laut, die Stimmen mischten sich zu einem gleichmäßigen Summen, das mir mittlerweile vertraut war und doch nur wenig Bedeutung hatte. Meine Augen folgten Sophie, die gerade mit ihrer Freundin verschwunden war. Der Abend hatte gerade erst begonnen, und doch wusste ich bereits jetzt, dass meine Geduld auf eine harte Probe gestellt würde. Denn eines war klar: Sophie, in diesem rückenfreien, schwarzen Kleid, das ihre Kurven auf eine Art umschloss, die für diesen Raum fast zu verführerisch war, würde heute Abend alles übertreffen.
Ich lehnte mich zurück und griff nach dem Glas Whiskey, das vor mir auf der Bar stand. Der Alkohol brannte angenehm, und ich ließ meinen Blick beiläufig durch den Raum schweifen, schätzte die Anwesenden ab. Hier waren sie alle, die wichtigen Leute, die Strippenzieher, die heimlichen Mächte hinter dieser Stadt. Die Ironie war, dass sie mir vertrauten und doch keine Ahnung hatten, wie wenig sie tatsächlich von mir wussten.
Plötzlich bewegte sich etwas am anderen Ende des Raumes, das meine Aufmerksamkeit weckte. Der Bürgermeister schob sich mit einem lauten Lachen an ein paar Gästen vorbei, seine Frau folgte ihm mit einem starren Lächeln im Gesicht. Meine Miene blieb unverändert, aber innerlich knirschte ich mit den Zähnen. Ich wusste genau, wie dieser Mann tickte – wie seine Hände ein bisschen zu lange auf den Hüften seiner Assistentinnen verweilten, wie er seine Macht für seine ganz eigenen Zwecke missbrauchte. Er war einer dieser Männer, die glaubten, dass ihnen die Welt zustand, ohne eine Sekunde an die Konsequenzen zu denken. Und doch wusste ich, dass Sophie ihn für ihren Job ertragen musste.
Gerade, als ich das Glas absetzen wollte, erblickte ich sie wieder, als sie vom Bürgermeister wegging, ihr Blick leicht verunsichert. Der Gedanke, dass dieser Mann es wagte, sie anzusehen, als hätte er irgendein Recht an ihr, ließ eine Wut in mir aufflammen, die nur schwer zu bändigen war. Doch ich zwang mich zur Ruhe, atmete tief ein. Sie wollte stark und selbstständig sein – also würde ich sie das sein lassen. Aber der Bürgermeister sollte sich besser in Acht nehmen.
Der Scheinwerfer schien zu grell auf Johnson, als er mit einem selbstzufriedenen Grinsen an das Podium trat und sich räusperte. Ich stand etwas abseits der Menge, meine Augen auf ihn gerichtet, während ich jede seiner hohlen, selbstgefälligen Floskeln aufzusaugen schien, nur um den Drang zu unterdrücken, ihm meine Meinung direkt ins Gesicht zu sagen. Dieses schmierige Lächeln, die Art, wie er die Menge beschwichtigte und von Gemeinschaft sprach, von Vertrauen und Loyalität – Worte, die in seinem Mund wie pures Gift klangen. Noch absurder war es, dass die Leute ihm jedes Wort abzukaufen schienen.
Doch da, im Randbereich der Bühne, stand Sophie. Sie sah strahlend aus und doch war da ein Schatten in ihren Augen. Sie war professionell wie immer, bereit, auf Knopfdruck für ihn zu funktionieren, was mich zunehmend reizte. Ich wusste, dass sie ihre Arbeit gut machen wollte, aber dieser Abend? Johnsons Anwesenheit? Es tat mir fast körperlich weh, sie so nah an diesen Mann gebunden zu sehen, während er ihr so ein falsches Lächeln entgegenwarf.
Meine Gedanken wurden jäh unterbrochen, als eine vertraute Stimme in mein Ohr drang.
>>Tristan. Bist du völlig übergeschnappt? Du bist mit ihr hier?<< Willow's Stimme klang empört.
Langsam drehte ich mich zu meiner Schwester um, ein leicht amüsiertes Lächeln auf den Lippen. >>Oh, Willow. Ich hab wohl vergessen, dir das Memo zukommen zu lassen<<, sagte ich trocken und schüttelte den Kopf. Cole, ihr Ehemann und gleichzeitig mein bester Freund, trat neben sie und legte ihr eine beruhigende Hand auf die Schulter. Er und ich verstanden uns seit Jahren wortlos, hatten gemeinsam einige Situationen durchgestanden, die andere wohl eher nicht überlebt hätten. Aber Willow – sie war und blieb ein Wirbelsturm.
>>Weißt du eigentlich, was du damit auslöst?<< Sie verschränkte die Arme, und ihre Augen blitzten mich anklagend an. >>Ich dachte, du wolltest sie schützen. Nicht noch mehr in Gefahr bringen.<<
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Shattered Innocence - Ich bin dein Verderben
RomanceSophie wuchs als kleines Mädchen in der beschaulichen Kleinstadt Chelsea, Michigan auf, nachdem sie von dem liebevollen Pastorenehepaar Claire und Joseph Mitchell adoptiert wurde. Ihr Leben war behütet, doch geprägt von strengen kirchlichen Werten...