Umzingelt

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Das war es wohl. Mit der Reise hier, aber auch mit meinem Leben. Ich hätte nicht gedacht, dass es mal so enden würde. Ich dachte ich werde alt, heirate, gründe eine Familie und wir leben glücklich irgendwo am Waldrand mit unserem Hund und den zwei Kindern. Und irgendwann, wenn wir alt und grau waren, dann durften wir beginnen, uns Gedanken über den Tod zu machen. Vielleicht plante ich irgendwann meine Beerdigung. Vielleicht in einem Wald statt auf einem Friedhof oder vielleicht eine Seebestattung. Bis dahin sollten noch so viele gute Songs geschrieben werden, die erklangen, wenn die Überbleibsel meines Körpers der Natur zurückgegeben werden würden. Aber jetzt war das alles so nah. Er hatte rein gar keinen Vorteil davon, mich am Leben zu lassen. Er wartete nur auf das Geld, dann wurde er schießen. Wie gerne wäre ich in diesem Moment stark gewesen, hätte rebelliert, hätte versucht, ihn aus der Reserve zu locken wie die Helden in den Filmen. Aber ich zitterte. Ich weinte. Ich hatte Angst.
„Hinlegen", raunte er und schubste mich auf den Boden, „du bewegst dich keinen Meter, hast du verstanden?!"
Ich nickte weinend.
„Bitte! Lassen Sie mich doch gehen!"
„HALT DEINE SCHNAUZE! Und hör auf zu flennen!"
„Wie sollen die denn bitte 3 Millionen Euro auftreiben?"
„Schätzchen, das Fernsehen hat genug Geld! Und wenn du ihnen das nicht wert bist, tja dann..." Er kam näher und hielt mir seine Waffe vors Gesicht. So würde es enden. Ich war gefangen in einem Albtraum, wann würde ich einfach schweißgebadet im Bett aufwachen und wissen, dass das alles vorbei war? Aber es war kein Traum. In einem Traum hätte mein Unterbewusstsein Tim wenigstens noch meine Gefühle gestanden oder ihm mit auf den Weg gegeben, er solle meiner Familie sagen, dass ich sie liebe. Und wahrscheinlich würde es nicht so wehtun. Hier, auf dem kalten Boden, der Mann stützte permanent einen Fuß auf meinen Rücken und hielt mich fest. Seine Waffe noch immer vor meinem Gesicht.
„Wenn du brav bist, mach ich, dass es schnell vorbei ist..", flüsterte er. Ich weinte wieder und zitterte am ganzen Körper.
„Hör jetzt endlich auf zu flennen!" Im nächsten Moment sah ich, wie er mit seinem Fuß ausholte. Ich richtete mich etwas auf und erschrak. Er verpasste mir im nächsten Moment einen kräftigen Tritt in den Bauch. Es tat so höllisch weh. Ich stöhnte vor Schmerz und hielt meine Hände auf die Stelle.
„HÖR AUF ZU FLENNEN!", schrie er dann nochmal. Vielleicht wäre es wirklich besser, er hätte einfach sofort geschossen. Ich konzentrierte mich auf meine Atmung. Ich versuchte, die Tränen der Angst und des Schmerzes zu unterdrücken. Ich schnappte nach Luft. Wieder und wieder.
„Weißt du, wenn wir erstmal auf dem Weg nach Polen sind, wirst du mir noch sehr von Nutzen sein..."
„Polen?", presste ich die Worte schmerzverzerrt heraus.
„Ja dachtest du etwa, ich lass dich einfach laufen?", lachte er amüsiert, „Baby, du bist mein Druckmittel, wir werden uns so schnell nicht wieder trennen."
Ein Schauer lief über meinen Rücken. Ich gab zu, ein bisschen Hoffnung hatte ich schon noch, dass er mich nach dem Geldaustausch ablaufen ließ. Aber nun schwand meine Hoffnung. Polen also. Dabei hatte er nichtmal einen Akzent. Ihm ging es erstmal einzig und alleine darum, über die Grenze zu kommen. Mein Herz klopfte wie verrückt. Denk nach, Luisa! Denk nach! Aber die Panik übernahm. Ich konnte nicht einen klaren Gedanken fassen. Vor meinen Augen meine Schwester, meine Eltern, Großeltern, meine Freunde. Ich würde sie alle so schrecklich vermissen.
„Ey!", sagte der Mann und trat wieder gegen mich. Diesmal etwas leichter, „aufstehen! Los steh auf!"
Ich versuchte, meinen Körper aufzurichten.
„Geh zum Fenster!", befahl er dann, „und sah mir, was du siehst!"
Ich schlurfte zum Fenster, meine Hand auf meinen Bauch gelegt. Ganz langsam. Meine Beine zitterten, wie sie noch nie zuvor gezittert hatten.
„Und? Was siehst du?", fragte er, ich schob die Lamellen beiseite. Und erschrak. Überall Polizei in Schutzmontur. Wir waren umzingelt.
„Wie viele Bullen? Wie nah?", fragte er.
„S-s-sehr  v—vie-le...direkt v-v-vor de-er Tür", stotterte ich. War es schlau, ihm die Wahrheit zu sagen? Hätte ich lügen sollen?
„Wir sind umzingelt! WIR SIND UMZINGELT! WIR SIND UMZINGELT, IHR SCHE*SS BULLEN!", schrie er herum. Er kam auf mich zu, packte mich an den Haaren und schleuderte mich gegen die Wand. Er drückte mich dagegen und hielt die Waffe an meinen Kopf.
„Ich will keinen Ton von dir hören, hast du verstanden?!", raunte er aggressiv, seine Stirn auf meine gelegt, so dicht stand er nun vor mir. Ich nickte.
„Ich muss nachdenken!", sagte er, „hinsetzen!"
Ich tat sofort, was er von mir verlangte. Und rutschte an der Wand herunter.
„Ich muss nachdenken! Ich muss nachdenken! Denk! Denk!", tigerte er im Raum umher. Ich beobachtete ihn. Er wurde nervös. Und das war gar nicht gut. Das war mein Tod.
„Vielleicht können wir neu verhandeln!", schlug ich vor. Er sah mich an, kniff die Augen zusammen und trat mir dann mehrfach erneut in den Bauch.
„HAB ICH DIR ERLAUBT ZU SPRECHEN?!", schrie er. Mir blieb die Luft weg, es tat unfassbar weh. Ich versuchte, seine Tritte mit den Armen abzuwehren. Dann zog er seine Waffe und beendete die Prügelei.
„Aufstehen! Los steh auf!", sagte er. Ich konnte nicht. Es tat so weh, ich konnte einfach nicht. Ich versuchte es. Wirklich.
„Los, komm schon!", sagte er, griff in meinen Arm und zog mich hoch. Ich krümmte mich vor Schmerzen, das Adrenalin sorgte aber dafür, dass ich bei Bewusstsein blieb.
„Raus hier! LOS!", sagte er dann, schubste mich vor sich er, legte die Waffe an meine Schläfe und öffnete die Tür.
„POLIZEI, DIE WAFFE RUNTER! SOFORT DIE WAFFE RUNTER!"
„LASSEN SIE DIE FRAU LOS!"
Tausend Stimmen schrieen durcheinander, wir waren wirklich rundum umzingelt von Polizisten.
„SIE HABEN KEINE CHANCE! LEGEN SOE DIE WAFFE WEG!"
Ich vermutete, dass das nun der Zeitpunkt war, an dem er abdrückte.
„WO SIND DIE 3 MILLIONEN?!", schrie er aggressiv.
„Wir arbeiten daran, jetzt lassen Sie die Frau los!"
„ICH LEG SIE UM! IHR SCHE*SS BULLEN! VERSCHWINDET ODER ICH LEG SIE UM!"
Zogen sie sich nun wirklich wieder zurück? Schien so. Sie richteten ihre Waffen nicht länger auf uns - auf ihn. Nein! Sie durften nicht gehen! Sie konnten mich doch nicht ein zweites Mal einfach im Stich lassen. Ich versuchte, meinen Blick so enttäuscht wie möglich einmal auf alle schweigen zu lassen. Dann war das wenigstens das letzte, was sie bei diesem missglückten Einsatz sahen. Meine Augen. Und den schlechten Job, den sie gemacht hatten. Ich spürte den Geiselnehmer aufatmen, bevor ich einen weiteren Schuss hörte.

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Soooo, ihr Lieben, wie fandet ihr das Kapitel? Fühlt ihr mit Luisa mit?😊 Wie geht es wohl weiter? Schreibt es mir gerne in die Kommentare!😊

Plan B - KAMRAD / The Voice of Germany FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt