Freizeit in Berlin

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Mit meinem Koffer ging es vom Studiogelände mit einem Shuttle an unser Hotel. Die Kosten bekamen wir Talente gestellt. Die ersten Aufnahmen für die Battles folgten gleich nach Drehende der Blind Auditions. Und die dauerten noch fünf Tage. Mein Zimmer teilte ich mir mit Susi, eine gestandene Frau im besten Alter, super herzlich und würde mir wahrscheinlich nicht auf die Nerven gehen. Das war schonmal gut. Samu hatte für sie gebuzzert, sie war eine richtig krasse Rockröhre. Und das sah man auch: Sidecut, Tattoos, bunte Haare. Aber es stand ihr. Es passte zu ihr. Sehr gut sogar. Ich war ganz froh, dass sie meine Zimmergenossin war, so bekam ich auch etwas mehr von Team Samu mit.

Als sie am Abend das Zimmer verließ, nutzte ich die Möglichkeit, um ungestört mit Coco zu telefonieren und ihr von meinem Gespräch mit Mark zu berichten.
„Und er hat sich wirklich so viel Zeit für dich genommen?", fragte sie.
„Ja!", antwortete ich lachend. Das hatte sie mich bestimmt schon fünf Mal gefragt.
„Und er war wirklich so nett wie im Fernsehen?"
„Jaaa! Mensch Coco, muss denn alles nochmal wiederholen?", lachte ich weiter.
„Entschuldige, es ist alles so unwirklich für mich! Meine kleine Schwester in Team Mark! Bei The Voice!"
Sie war eine tolle Schwester. Wir hatten uns als Kinder nicht immer gut verstanden, aber nun waren wir ein Herz und eine Seele. Und es freute mich sehr, dass sie so mitfieberte.
„Du rufst mich doch an, wenn es Neuigkeiten gibt, oder?"
„Ja klar! Versprochen!"
„Ich hab dich lieb!"
„Ich hab dich auch lieb, bis bald Coco!"

Aber nun passierte erstmal nichts weiter. Ich nutzte die freie Zeit und spazierte gemütlich durch Berlin, sah mir das Brandenburger Tor, den Reichstag und die Überreste der Mauer an. Einen Tag nutzte ich zum Shoppen, Susi und zwei weitere Talente begleiteten mich dabei. Berlin war so vielfältig und schön und mit der U-Bahn war man direkt überall. Abends saßen wir Talente meist in der Lobby zusammen, begrüßten die Neuen, die es nach uns geschafft hatten und machten gemeinsam Musik. Es war ein wunderschönes Miteinander, was ich nicht missen wollte. Außer an einem Abend, denn da verschlug es mich ins Musical. Es war bereits dunkel und das Nachtleben von Berlin begann, als ich das Theater verließ. Gut, dass das Theater des Westens nur wenige Minuten von der nächsten U-Bahnstation entfernt war. Und trotzdem kamen mir bereits auf kurzer Strecke viele schräge Typen entgehen. Die allermeisten waren freundlich oder ignorierten mich, das war mir deutlich lieber, als irgendwelche besoffenen Spinner. Nun stand ich vor der U-Bahnstation. Bahnhof-Zoo - Berlins wohl bekannteste Haltestelle. Viele Geschichten werden von diesem Ort erzählt, das war es wohl, was diesen Bahnhof von anderen unterschied. Die Geschichten, das Denken der Menschen, immer geprägt durch ‚Wir Kinder vom Bahnhof Zoo'. Aber ganz ehrlich: Einen wirklichen Unterschied zu den anderen Bahnhöfen gab es hier nicht. Wenn wir mal ehrlich waren, bot das Nachtleben von Berlin unzählige Betrunkene und Drogenabhängige. Es mag sein, dass sich viel hier abspielte, aber längst nicht alles. Doch es war auch das erste Mal, dass ich nachts alleine in Berlin unterwegs war. Meine Eltern hätten es mir vor lauter Sorge und Angst verboten. Aber sie waren Zuhause und ich - ohne jegliche Bezugsperson - versuchte, die Zeit totzuschlagen. Im Bahnhof war es still. Ich hatte noch ein paar Minuten, bis die Bahn kam. Niemand da. Ich zückte mein Handy und tippte darauf herum, als plötzlich jemand von hinten die Hand auf meine Schulter legte.
„Ey, hast du mal Feuer?", fragte ein relativ junger Mann und hielt mir seinen Joint vor die Nase. Ich schüttelte nur erschrocken den Kopf. Er roch noch dazu sehr intensiv nach Alkohol.
„Ach, komm schon! Gib mir Feuer!", drängte er weiter, sodass ich einen Schritt nach hinten auswich.
„Es tut mir Leid, ich würde dir sehr gerne helfen, aber ich habe nichts dabei!", antwortete ich in der Hoffnung, dass er mich nun in Ruhe ließ. Seine Augen wurden größer, er begann zu zittern und sein Gesicht schnitt eine angsteinflößende Grimasse. Ok, ruhig atmen, keine Angst zeigen! Das war wohl das wichtigste!
„Du hast Geld", sagte er dann bestimmend und ging weiter auf mich zu, ich wich wieder nach hinten aus und schüttelte den Kopf.
„Wer so ein teures Handy hat, hat auch Geld!", machte er weiter. Warum verdammt nochmal war denn hier niemand? Ich war schließlich nichts die Einzige, die das Musical heute Abend besucht hatte. Wo waren alle anderen Zuschauer? Musste denn niemand in meine Richtung? Wir drehten uns ein paar Mal im Kreis, er zitterte immer stärker. Von weitem sah ich meine Bahn kommen und hoffte einfach nur, dass der Typ mir nicht folgen würde oder - noch schlimmer - irgendeine Waffe zog. Er bedrängte mich, mehr aber auch nicht. Rückwärts stieg ich in die Bahn und sah dort eine ältere Dame sitzen. Aufatmen war angesagt. Ich war nicht länger alleine. Die Bahntüren schlossen in dem Moment, als der Mann feststellte, dass ich mich darin befand und er somit auf sich selbst angewiesen war. Was auch immer er im Blut hatte - es sorgte für totale Spätreaktionen und das war in diesem Fall mein Glück. Wütend schlug er gegen die Fenster der Metro und wollte nun ebenfalls hinein, doch zum Glück fuhren wir bereits los. Ich setzte mich in die Nähe der Frau, die nett grüßte, nachdem ich erstmal einen prüfenden Blick über mich ergehen lassen musste. Sicher fragte sie sich, was ich mit dem aggressiven Menschen zu tun hatte. Gar nichts!
Zum Glück war es von der letzten Haltestation zum Hotel nur fünf Minuten Fußweg. Mich sprach niemand weiteres an, aber das Berliner Nachtleben zeigte sich von seiner allerbesten Seite. Ich kam mir vor, als wäre ich in einem Rotlichtviertel gelandet. Bestimmt zehn Prostituierte pro Straße, ständig hielten Autos an und nahmen die Frauen mit. Selbst ich wurde ein paar Mal angehupt. Die Regeln für 22-Jährige in Berlin war einfach: Halte dich nachts niemals alleine auf.

Nach und nach lernte ich auch meine direkten Konkurrenten aus Team Mark kennen. Jeder einzelne von ihnen war so talentiert und so einzigartig und doch verstanden wir uns ausnahmslos gut. Das hätte ich wirklich nicht erwartet. Ich hatte die Bilder von Deutschland sucht den Superstar im Kopf, wo früher alle Talente der Liveshows in eine Villa gesteckt wurden und sich gefetzt haben. Die Kamera hielt drauf - versteht sich von selbst. Aber so war es überhaupt nicht. Hier war keine Kamera, kein Produktionsteams, nichts...nichtmal die Coaches. Bis zu den nächsten Dreharbeiten bekam ich Mark gar nichtmehr zu Gesicht. Wahrscheinlich waren sie in einem anderen Hotel untergebracht. Ob sie sich untereinander vielleicht auch nicht sahen? Das würde ich Mark mal fragen, wenn ich die Möglichkeit dazu bekam. Aber eines fragte ich mich: Wieso konnten wir nicht ein paar Tage nach Hause und einfach zum Drehbeginn wieder hier sein? Vielleicht, damit wir uns untereinander kennenlernten? Um uns danach in den Battles gegenseitig zu eliminieren. Wenn das die Taktik war, dann funktionierte sie hervorragend. Wir waren alle auf freundschaftlicher Basis unterwegs und doch waren wir Konkurrenten. Verrückt eigentlich...
So lernte ich auch Maxi kennen, sie hatte Susi und mich beim Shopping begleitet und wir spürten von Beginn an eine Verbindung. Für sie hatten Kamrad und Mark gebuzzert, sie hat sich für Mark entschieden. Das hieß, wir konnten uns noch besser austauschen, als mit Talenten aus anderen Teams. Ich sah sie weniger als Konkurrenz, eher als Verbündete an. In wenigen Tagen hatten wir uns sehr angenähert. Ich vertraute ihr und das beruhte auf Gegenseitigkeit.
„Und? Was denkst du erwartet uns in den Battles?", fragte Maxi, als wir uns zum Quatschen zusammen in mein Bett legten.
„Ich hoffe erstmal, dass wir nicht in einer Gruppe sind!", lachte ich.
„Hey wieso? Du lässt mich gewinnen, bekommst den Steal von Samu und alle sind glücklich!", lachte sie.
„Das Risiko ist mir zu hoch!", entgegnete ich ebenfalls lachend, „ich denke mittlerweile wirklich, dass Mark für mich die beste Wahl war!"
Das dachte ich wirklich. Ich war noch immer geflasht von unserem Gespräch und wie nett er doch war. Ich blieb dabei, es war die richtige Entscheidung. Und morgen? Morgen würde ich endlich erfahren, wie es weiterging. Wer war mein Battlepartner? Welchen Song hatte Mark ausgesucht? Wie lange durften wir nach Hause? Auf all diese Antworten freute ich mich schon. Und auch darauf, Mark wiederzusehen.
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Hallo zusammen, wenn euch die FF gefällt, dann würde ich mich sehr über Votes und Kommentare freuen🫶🏻🙏🏻 Bis zum nächsten Mal!😊👋🏻

Plan B - KAMRAD / The Voice of Germany FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt