Das Telefon stand heute nicht still.
Immer wenn ich das Gefühl hatte, endlich kurz durchatmen zu können, klingelte es erneut.
Das konnte doch nicht wahr sein, fluchte ich innerlich.
Ich liebte meinen Job, aber auf das verdammte Ding konnte ich echt verzichten.
„Nike de Vaal...., ja ich bin gerade auf der IT3. Ah okay . Ich muss kurz zum Aufwachraum und bei Frau Beyer die Beatmung anpassen. Ist gut, wir treffen uns in dann in einer Stunde. Ja, danke!"
Jetzt rief mein Chef auch noch an und bat mich zum Gespräch.
Ganz wunderbar ...Seit dem Wochenende hatten Niklas und ich uns eigentlich kaum gesehen und wenn, dann nur kurz in der Notaufnahme.
Da besprach man ganz sicher keine privaten Probleme. Trotzdem mussten wir das klären.
Schnellstmöglich!Kennt ihr das Gefühl, wenn einem etwas unumgängliches schwer im Magen liegt und einen nicht aufhören will zu quälen?
Wenn man es immer wieder vor sich herschiebt in der Hoffnung, dass es sich so vielleicht von alleine erledigt?So in etwa tanzten Niklas und ich jetzt seit ein paar Tagen umeinander herum.
Ich ging den Flur entlang in Richtung Stationszimmer, um dort wenigstens kurz einen Schluck zu trinken. Tim saß vor dem Dienstplan für Dezember und tüftelte an der Feiertagsplanung.
„Hi Nike, Stress da unten? Ich habe gerade gesehen, ihr seid ziemlich voll. Dass die alten Leute aber auch immer wenn es glatt ist, für eine Tüte Milch zum Einkaufsladen rennen müssen", witzelte er halbironisch.„Möchtest du dich eigentlich auch an dem Geschenk für Katharina beteiligen? Sie hat doch morgen Geburtstag. Oder besorgst du selbst etwas für sie?"
Ich verschluckte mich fast an dem Schluck Wasser, den ich mir gerade eingegossen hatte.
Geburtstag?
Sie hatte mir gegenüber mit keiner Silbe etwas von Geburtstag erwähnt,typisch Katharina!„Ich denke, dass ich selbst etwas für sie besorgen werde. Aber es ist eine süße Idee von euch. Da wird sie sich bestimmt freuen!"
Mit einem flüchtigen Blick aufs Telefon, kippte ich den restlichen Schluck Wasser hinunter.
Ich musste wieder los.
„Sag mal Nike, glaubst du sie kommt klar? Ich meine Katharina.... . Ihre Arbeit macht sie tadellos, fast perfektionistisch. Ich habe allerdings von den Kollegen ein, zwei Sachen mitbekommen, in Bezug auf ihren Mann...".Er machte eine Pause, da wir jetzt nicht mehr unter uns waren.
„Doch, ich denke sie kommt zurecht. Ich halte immer ein Auge auf sie", und zwinkerte ihm zu.
„Frau Beyer könnt ihr heute Nachmittag übrigens von der Beatmung ab machen, das sieht soweit gut aus."Ich verabschiedete mich von ihm, sah noch kurz bei der Patientin vorbei und ging zu Katharina in den Aufwachraum.
Mit einer Ruhe und einer Souveränität, kümmerte sie sich um die frisch operierten Patienten. Wenn auch mit etwas steifen Bewegungen.
Ich schlich mich leise an sie heran und flüsterte ihr ins Ohr.
„Na Schwester Katharina, schon aufgeregt wegen Samstag?".Ihr fiel der Stift vor Schreck aus der Hand und sie drehte sich schnell zu mir um.
Mit schmerzverzerrtem Gesicht stockte sie in ihrer Bewegung und funkelte mich an.
„Nike, musst du mich so erschrecken? Ich habe gerade versucht, das Gekritzel hier von deinem Oberarzt zu entziffern. Was heißt das bitte?
Ich sah auf den Anästhesiebogen und brauchte selbst einen kurzen Moment, um zu entschlüsseln, was dort stand.
„Die sollen auf Station für heute Abend noch ein kleines Blutbild und eine BGA anmelden."Katharina nahm den Bogen und ging mit steifen Schritten zum PC.
„Sprich mich nicht auf Samstag an", zischte sie mir zu und ich grinste.
„Ich wollte dich eigentlich nur fragen, ob alles okay ist? Hast du Schmerzen?"
Während sie in den Computer die Daten eingab, sah sie kurz zu mir auf und dann direkt wieder auf den Monitor vor sich.
„Ich hatte gestern die glorreiche Idee, joggen zu gehen und heute bekomme ich dafür die Rechnung."Sie war manchmal echt süß.
Katharina war eine Meisterin der Selbstironie.
„Bist du denn langsam gestartet und hast dich richtig warm gemacht vorher?"
Sie lehnte sich gequält zurück und streckte kurz den Rücken.
„Du weißt, dass ich jenseits von sportlich bin,Nike. Nein, natürlich nicht. Ich bin einfach so die Runde um den Aasee gestolpert und glaub mir, ich spüre heute jeden einzelnen Schritt."„Warum tust du das? Und dann direkt so eine Distanz!"
Sie sah sich kurz um und vergewisserte sich, dass wir alleine waren.
„Du hast doch jetzt gesehen, wie ich nackt, oder fast nackt aussehe... Da sind wir weit entfernt von sexy oder attraktiv, Nike."
Katharina lehnte sich noch dichter zu mir und ich atmete ihren weichen, cremigen Duft nach Mandeln ein.
„Glaubst du ernsthaft, dass sich am Samstag auch nur ein Gast bei MIR ein Getränk bestellen möchte?"In ihrer Stimme schwang jeglicher Selbstzweifel mit und ich konnte sie irgendwie verstehen.
Das war schon ein großer Schritt...
Mein Telefon klingelte erneut.
Oh, Niklas!
„Hey, na alles ....".
„Kommst du, der Chef wartet auf uns", würgte er meinen Satz einfach ab und legte auf.
Wie, auf uns???Mist, ich hatte jetzt keine Zeit mehr, um ihr meine ehrlichen Gedanken sehr deutlich zu erklären, deshalb stellte ich mich hinter sie und beugte mich zu ihrem Ohr.
„Katharina, darf ich dich ganz kurz an letzte Woche Samstag erinnern, wie sexy du da gewesen bist?
Ich kann dir versichern, dass du am Samstag genug zu tun haben wirst, Liebes. Du bist authentisch. Die Menschen können sich mit dir indentifizieren, sieh dir Stella an!"Ich strich ihr leicht über die Schulter und ging zum Ausgang der Station. Es war mir die ganze Zeit klar, dass Katharina nervös war, nur wollte ich dieses Gefühl nicht extra unterstützen.
Stella würde ihr schon unter die Arme greifen und ich würde sie immer im Blick behalten.
Der Aufzug hielt in der Chefetage und ich nutzte einen kurzen Moment dazu, meinen Pferdeschwanz zu erneuern.Niklas lehnte vor dem Büro unseres Chefs und hatte den Kopf an die Wand gelehnt. Er sah ziemlich fertig aus und begrüßte mich nicht.
Blöder Idiot!
„Nik, können wir später reden ? Komm doch einfach vorbei, wenn du möchtest", bot ich ihm vorsichtig an.Die Tür zum Büro öffnete sich schwungvoll und unser Chef begrüßte uns freundlich.
„ Sehr schön, dass Sie es zeitlich einrichten konnten! Ich habe eine Bitte an Sie...".
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Keine Angst, Liebes ! ( Dritter Teil )
Historia CortaKatharina steht plötzlich alleine mit den Kindern und dem Haus da. Stefan hat sie verlassen...Ob es ihr gelingt, alle Schwierigkeiten als alleinerziehende Mutter zu meistern, um schlussendlich doch noch glücklich zu werden? Alle Rechte der Geschicht...