Broken Passion

Kapitel 2

Biologie war eigentlich immer eins meiner Lieblingsfächer gewesen. Falls es mit meiner Ballettkarriere nicht funktionieren sollte, würde ich sicher Ärztin werden. Mich hatte der menschliche Körper schon immer fasziniert, das Zusammenspiel verschiedener Muskeln, die Empfindlichkeit der Nervenenden...
Doch anscheinend wollte mir das Schicksal heute einen weiteren Tritt in die Magengegend verpassen.

Grade noch pünktlich zog Nick mich hinter sich in den Raum hinein und wieder lagen alle Blicke auf mir. 

Besser gesagt auf meiner Hand, die immer noch in der von Nick lag.

Hätte ich nicht schon vorher gewusst, dass er anscheinend der beliebteste und meist angehimmelte Junge der Schule war, dann hätte mir das spätestens jetzt auffallen sollen, denn die meisten Mädchen verzogen eifersüchtig das Gesicht und schickten mir mit ihren Blicken kleine Dolchspitzen entgegen, die andere Hälfte guckte leicht beeindruckt, aber auch abwertend.

Die Jungs konnte man ebenfalls in zwei unterschiedliche Kategorien einteilen. Die Einen warfen mir abfällige Blicke zu, die mir das Wort Schlampe beinahe schon entgegen schrieen, die anderen Blicke waren eher mitfühlend und irgendwie fühlte ich mich gar nicht wohl unten so vielen bohrenden Blicken.

Hier und da hörte ich leises Gemurmel, wie "Glaubst du sie hat es geschafft?", "Er hat sie schon eingesponnen", oder "Sie ist grade mal zwei Stunden an der Schule".

Mir zog sich der Magen zusammen, als ich das hörte, doch viel mehr interessierte mich, was ich geschafft haben sollte. 

Den Ruf des Flittchens in weniger als drei Stunden zu erhalten? 

Das wollte ich auf keinen Fall und deswegen blieb ich stehen und zwang Nick, der gradewegs die Tische ansteuerte, wo wahrscheinlich seine Freunde saßen, ebenfalls stehen zu bleiben.

Sauer erwiderte ich seinen verwirrten Blick. 

"Ich bin nicht dein verdammtest Spielzeug!", zischte ich auf seine unausgesprochene Frage und entzog ihm meine Hand. 

Offenbar war er so eine Reaktion nicht gewöhnt, denn an der Art wie er stehen blieb und mich immer noch anguckte konnte man erkennen, dass er keine Ahnung hatte, was er jetzt mit mir tun sollte. Von den anderen jedoch bekam ich leise, anerkennende Pfiffe, oder ein zuversichtliches Lächeln und einen hoch gestreckten Daumen.

Glücklicherweise kam der Lehrer genau in dem Moment rein, als Nick sich soweit gefasst hatte, um zu einer Antwort ansetzten zu können. 

Ich ließ ihn stehen und ging nach Vorne.

Ich stellte mich kurz vor und Mr. Benson unterschrieb auf meinem Laufzettel. Glücklicherweise verzichtete er auf eine Vorstellungsrunde, doch als er mich auf meinen Platz schicken wollte, zögerte er sichtlich. 

"Ich fürchte Sie müssen sich neben Nick setzten, Miss Sparks", seufzte er dann. 

"Was?", ich fuhr herum und sah Nick siegessicher grinsen, als er den Arm auf die einzige freie Stuhllehne neben sich aufstützte.

"Es tut mir leid, Miss Sparks", raunte Mr. Benson, "In Ihren früheren Bewertungen konnte ich sehen, dass Sie eine sehr hervorragende Schülerin in dem Fach Biologie sind. Ich bitte Sie inständig, lassen Sie sich nicht von Mr. Parker, Nick, beeinflussen. Er hat einen gewissen Ruf und ich möchte nicht, dass Ihr Potential darunter leidet, weil Sie sich die falschen Freunde gesucht haben."

Ich nickte. 

Einen gewissen Ruf? 

Schien es deswegen so, als hätte jeder hier Angst und mehr als großen Respekt vor Nick?