Kapitel 21

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Zeit.

Ein schweres Wort. Mit so vielen Bedeutungen. Aber was meint man eigentlich damit, wenn man sagt, man würde jemandem Zeit geben?

Eigentlich bedeutet es nur, man würde Abstand halten zu der Person.

Zeit war nichts Materielles. Man konnte sie nicht nehmen und nicht geben; nur verschwenden. Konnte sie verbringen, mit Menschen die einem was bedeuten und sich eine unvergessliche Zeit machen.

Und wenn man solche Menschen nicht hatte?

Was ist, wenn der eine Mensch, mit dem man unvergessliche Stunden hätte haben können genau der ist, dem man Zeit geben muss?

Ich hatte ihr Zeit gegeben. So viel Zeit, in der so viel passiert ist und doch auch wieder nichts.

Drei Monate sind vergangen, in denen ich mich von Rose fern gehalten habe.

Drei Monate, in denen sie kein Wort mit mir gewechselt hat, was nicht kalt und verschlossen gewesen wäre.

Drei Monate, in denen sie mir mit aller Macht gezeigt hat, wie sehr sie will, dass ich sie hasse.


Vor ein paar Wochen kam Jo zu mir. Sie war völlig aufgelöst gewesen.

Fabio, der mittlerweile aus dem Krankenhaus entlassen worden war, hat sie aufgefangen, als sie in unserem Wohnzimmer zusammengebrochen war und unverständliche Sachen vor sich hin stammelte.

Er hatte sie dann hochgehoben und sie in sein Zimmer gebracht, wo sie sich erstmal ausschlafen sollte. An seinem Gesicht, als er wieder ins Wohnzimmer zurückkehrte sah ich, dass er sich ehrliche Sorgen um Jo machte.

"Wie geht es ihr?", hatte ich ihn gefragt.

"Sie hat Angst um ihre Tochter. Anscheinend rebelliert Rose, wo sie nur kann und Jo weiß nicht, wie sie damit umgehen soll."

Ich hatte nur genickt. Natürlich hatte ich gehört, was Rose ausserhalb der Schule noch trieb.

Sie und Jenna waren mittlerweile unzertrennlich geworden. Ich wusste nicht, wer wen runterzog, doch sie taten sich gegenseitig nicht gut.

Und das war auch der Grund, warum ich jetzt hier war. Seit einer geschlagenen Stunde saß ich in meinem Wagen vor dem Blurred und wartete darauf, dass Rose ihren Hintern aus der unscheinbaren Metalltür, die den Eingang markierte, hinausbewegte.

Laura hatte mich angerufen und mir mitgeteilt, dass sie bei ihrem täglichen Besuch ins Blurred gegen Rose gestoßen war. Doch sie war anscheinend nicht mehr nüchtern genug gewesen, um sie zu erkennen. Vielleicht kannte sie sie jedoch tatsächlich nicht mehr, schließlich hatten Rose und Laura sich nur ein einziges Mal gesehen.

Im Gegensatz zu mir, hat sich Laura überrascht angehört, als sie mir von Rose' Besuch in unserer Stammdisco berichtete. Für mich war es jedoch nur eineFrage der Zeit gewesen, bis sie sich dort würde blicken lassen.

Ich fragte Laura, ob sie etwas Neues über meinen Bruder rausgefunden hatte und als sie verneinte musste ich mich schwer beherrschen, um nicht irgendwas kaputt zu schlagen.

Wir waren keinen einzigen Schritt weitergekommen. Mein Bruder war seit drei Monaten verschwunden, ich hatte immer noch keine Anhaltspunkte und das fraß mich auf.


Ich fuhr aus meinen Gedanken auf, als die Tür des Backsteingebäudes aufflog und ich ein betrunkenes Pärchen heraustorkeln sah. Beim zweiten Mal hinsehen erkannte ich, dass es Rose war, die sich an diesen Typen festklammerte und ich presste meine Kiefer aufeinander, um nicht zu schreien.

Eigentlich sollte es mir egal sein.

Das sagte ich mir immer wieder, als ich aus dem Auto stieg und den beiden entgegenging.

Broken PassionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt