Kapitel 16.

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POV – Alex

Am Mittwoch habe ich Emily den ganzen Tag über ignoriert. Ihre Blicke, ihre Bewegungen, ihre feurig strahlenden Haare und vollen Lippen.


Egal ob im Unterricht oder der Pause, beim Rauchen oder einfach nur im Flur beim Vorbeigehen, alles habe ich versucht zu ignoriere. Nicht weiter darauf einzugehen.


Ihre Begeisterung darüber sank stetig mit jeder Minute, die verging. Ihr Ausdruck wurde immer bitterer und schärfer mir gegenüber. Ihr die kalte Schulter zu zeigen, war möglicherweise nicht die feinste meiner Art, aber anders wusste ich mir in den Momenten einfach nicht zu helfen.


Doch hat das weitere Folgen? Dieses Verhältnis beruht nur auf einer Sache und ich bin mir sicher, sobald Emily den körperlichen Kontakt vermisst, meldet sie sich. Und wenn nicht?


Und wenn nicht, dann ist es vielleicht auch besser so. Denke ich jedenfalls. Oder nicht?


Gerade als ich die Schule verlasse und zu meinem Truck will, läuft Hannah mit ihrer Freundesgruppe ein paar Schritte vor mir. Eine Ablenkung könnte nicht schaden.


"Hey Hannah, warte mal", rufe ich ihr zu und mit einem Schwung dreht sie sich mit einer eleganten Halbumdrehung in meine Richtung. Mit zwei weiteren Gesten verabschiedet sie sich von ihrer Gruppe und wartet, bis ich die paar Schritte zu ihr aufgeholt habe.


"Na, was gibt's?", fragt sie, als ich nun vor ihr stehe.


"Also..Sorry nochmal wegen Montag", sage ich zögernd und streife mir dabei mit einer Hand über den Nacken. "Wenn du noch nichts vorhast, dann hätte ich heute Zeit", fahre ich nur so halb überzeugt vor.

Eigentlich könnte ich es sein lassen, einfach weiter zu meinem Truck gehen und keine weitere Minute an Sie verschwenden. Mir ist bereits nach der letzten Aktion bewusst geworden, dass Hannah keine richtigen Absichten hat, und diese habe ich noch weniger. Doch als ich für einen kurzen Moment meinen Blick von Hannah über sie schwenke, kann ich nicht weit entfernt Emily sehen. Nur ein Auto hinter meinem Truck unterhält sie sich mit einer anderen Lehrkraft.


"Gerne" höre ich aus Hannahs Mund kommen, mein Blick trifft wieder ihren und auch ihr weites Grinsen, das sich mittlerweile gebildet hat. "Wollen wir erstmal was essen gehen? Ich steeerbe vor Hunger", kichert sie und greift spielerisch an die Kordel meines Rucksacks, um damit zu spielen.


Essen zu gehen, hört sich im ersten Moment nicht falsch an, ich will nicht unbedingt allein sein und stimme ihr wortlos mit einem Nicken zu.


Gemeinsam laufen wir zu meinem Truck. Es ist nur ein kurzer Weg, knapp an zehn weiteren Autos vorbei und doch fühlt sich jeder Schritt schwerer als der andere an. Meine Fassade ist aufrecht, mein Blick konzentriert und gleichgültig, während Hannah anfängt, über die Möglichkeiten zu quasseln, wo wir hinfahren könnten. Doch meine Augen weichen für keine Sekunde zu Ihr, eher nach vorne, gerichtet auf das Weite, als wäre nichts Spektakuläres vor mir.


Und dann sehe ich es, ohne ein Augenzucken sehe ich, wie Emily einmal kurz herüberschaut und dann doch wie erstaunt noch einmal länger zu uns rüberblickt. Als wäre sie nun versteinert, von dem Anblick, der sich vor ihr bildet.

Man sieht sichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt