Möge Allah uns im Jenseits zusammenführen..

Kapitel 9 : "Geheimnis"

Der Wecker riss mich erbarmungslos aus dem Schlaf. Komisch, dass ich ausgerechnet an dem Ort arbeiten möchte, bei dem ich es kaum erwarten konnte, ihn zu verlassen : Zeit in die Schule zu gehen.

Ich zog mich schnell um, packte meine Sachen und schloss die Balkontüren meines Zimmers. Ein mulmiges Gefühl breitete sich in meinem Magen aus, wenn ich in der Nähe des Balkons stand. Es erinnerte mich an die wohl kürzeste " Liebesgeschichte" auf der Welt, wenn man das überhaupt Liebesgeschichte nennen kann. Jedenfalls musste ich unwillkürlich an Anas denken und fragte mich, ob es ihm wohl gut geht und ganz tief in meinem Inneren , fragte sich eine Stimme, ob er überhaupt noch am Leben ist? Eine Gänsehaut durchfuhr mich,ich versuchte diesen Gedanken schnell aus meinem Kopf zu bannen und lief runter ins Wohnzimmer.

"Ah da bist du ja Firdaus, hier.." , meine Mutter überreichte mir einen Brief und grinste.

"Was ist das?"

"Na los mach schon auf, das würde mich auch interessieren!", rief meine Mutter aufgeregt und sah mir mit großen Augen über die Schulter. Ich hasse es Briefe zu öffnen, ich bin darin miserabel und sehr langsam. Außerdem hatte ich irgendwie Angst davor ihn vor meiner Mutter zu öffnen, wer weiß was sich darin befand bzw. von wem der Brief stammt.

"Ich bin spät dran, ich lese ihn im Zug auf dem Weg zur Schule!" Schnell drückte ich meiner Mutter einen Kuss auf die Stirn und stürmte aus dem Haus. Auf dem Weg zum Bahnhof versuchte ich hektisch den Briefumschlag zu öffnen, als mich das Klingeln meines Handys unterbrach.

"Hallo?"

"Üüüüüberraschung!", entgegnete Bahars schrille Stimme .

"Was meinst du?", fragte ich verwirrt.

"Hast du den Brief nicht erhalten?"

"Ach der ist von dir?". Jetzt hatte ich es endlich geschafft den Briefumschlag zu öffnen und überlas die ersten Zeilen bis mir ein ausschlaggebendes Wort ins Auge sprang.

"VERLOBUNG??", schrie ich jetzt ungläubig in den Hörer. "Du feierst deine Verlobung?? ", fragte ich nochmal, obwohl ich die Antwort darauf kannte. "Du verlobst dich mit.." Ich nahm den Brief wieder in die Hand und las : "Burak??"
"Der aus dem fsj?"
Sie lachte : "Ich hab doch gesagt , wir sind füreinander bestimmt !"
"Aber wieso hast du es mir nicht vorher erzählt , ich meine die Verlobung ist in ...was? einer WOCHE?!"
Sie lachte erneut , in ihrer Stimme konnte ich auch etwas Nervosität heraushören : "Ach liebling, es war so spontan und ich wollte dich überraschen und ich wollte einfach mal meinem Herzen folgen und mir nicht deine Stimme der Vernunft anhören, die mich letztlich davon abhalten würde." Sie machte eine Pause und fuhr fort : "Manchmal... manchmal sollte man einfach mal nicht über irgendwelche "was ist wenns " nachdenken und einfach seinem Herz folgen ..bist du mir böse?"
Ich musste lächeln und schüttelte instinktiv den Kopf, obwohl ich wusste, dass sie das nicht sehen würde : "Ach quatsch , ich bin dir nicht böse , ich will, dass du glücklich bist und das bist du scheinbar , ich freu mich für dich !"
Ich stieg in den Zug.

***

"Amrani,da bist du ja !" , schrie Ahmed und lief mir auf dem Schulflur entgegen. "Frau Adler sucht nach dir ." ,sagte er kurz und lief weiter.
Was will sie von mir? Mein Eindruck von Frau Adler änderte sich von Sekunde zu Sekunde , ich konnte diese Frau einfach nicht einschätzen. Anfangs hielt ich sie nur für diese Grinsebacken, die ein Dauerlächeln aufsetzen, aber innerlich dich zerfleischen . Jetzt wurde sie mir immer sympathischer und ich fragte mich , ob sie vielleicht wirklich einfach nur nett ist.
Ich lief langsam in Richtung Sekretariat und klopfte vorsichtig am Türrahmen.
Als sie von ihrem Schreibtisch hochsah und mich erblickte , schenkte sie mir ein breites Lächeln : "Frau Amrani , ach ich meine Firdaus, ich hab sie erwartet !"
Sie deutete auf ein Stuhl und ich setzte mich.
"Ich wollte ihnen noch sagen ,dass ich es ganz große Klasse finde, dass sie sich Zeit für Cassie nehmen . Ich möchte , wenn sie Erfolge machen , das ganz klar in ihrem Praktikumszeugnis vermerken! "
Erfreut dankte ich ihr und verließ mit einem Freudenssprung das Zimmer.