Kapitel 7 : "Narben"

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Zeitraffung um ein halbes Jahr bzw. 6 Monate :

Meine Schritte waren langsam und auch etwas unsicher, ich musste zugeben ich war etwas ... okay ich war wirklich sehr nervös . Die Theorie ist die eine Sache, aber meistens sieht es in der Praxis ganz anders aus .
Ich sah nach oben und las die blaue Schrift auf dem Gebäude : "Konrad- Adenauer- Gymnasium".
Heute würde mein verpflichtendes Orientierungspraktikum, das ein Teil meines Studiums darstellte,beginnen. Jetzt war es an der Zeit das erlernte auch in der Praxis umzusetzen....

Als ich das zugegebenermaßen etwas altmodische Gebäude betrat, trat mir eine etwas zu kurz geratene Frau mit feuerroten Haaren entgegen. Sie blickte mich lächelnd an , richtete ihre etwas nach unten verrutschte Brille und streckte dann ihre Hand aus: " Frau Adler"
"Firdaus Amrani"
"Frau Amrani,sehr erfreut, sie sind einer der Praktikanten , richtig ? "
Ich nickte.
Sie wies mich darauf hin ihr zu folgen und klackerte eilig davon. Während ich ihr wie ein Schatten folgte, beäugte ich die , meine Meinung nach, viel zu dunklen Schulkorridore. Wie sollte man sich bei solchen dunklen Wänden wohlfühlen? Auch die WCs ,dessen Wände mit Graffiti und anderen Schirfzügen beschmiert waren, verhinderten den Wohlfühlfaktor.
Jetzt blieb sie vor einem Zimmer stehen und blickte auf ihre Uhr.
"Er ist zu spät...der andere Praktikant ,den ich betreuen sollte.", gab sie mir augenrollend zu verstehen. Ich nickte lächelnd und wusste nicht ob ich noch was sagen sollte. Die übliche unangenehme Stille brach ein und brachte mich dazu meine Finger nervös zu massieren.
Verflucht, wer kommt an so einem wichtigen Tag zu spät?
Von meinem Vater hatte ich gelernt , dass Pünktlichkeit das A und O ist und das man auch nur so im Leben einen guten Eindruck hinerlassen kann, denn das zeigt , dass man der Person oder dem Anliegen sehr viel Wichtigkeit beimisst. Ich war stolz auf ihn, denn wenn er mich nicht darum gebeten hätte, wäre ich heute nicht hier. Ich wollte nicht mehr studieren und sofort eine Ausbildung machen , um ihm aus den Schulden zu helfen, aber er bat mich..Nein er flehte mich an aufjedenfall mir meinen Traum zu erfüllen. Wir blieben die letzte Zeit sehr sparsam und meine Mutter suchte sich ebenfalls einen kleinen Job. Mein Vater hatte die Praxis aufgegeben, er ist zwar immernoch Arzt, allerdings kein selbstständiger mehr. Er war nun mit 3 anderen Ärzten in der Praxis tätig. Es hatte sich wirklich sehr viel in der Zeit verändert.
Unser Nachbar war auch umgezogen, weil er es wohl für unnötig hielt, alleine in einem solch großen Haus zu verweilen. Und womöglich auch weil ihn die Einsamkeit plagte.
Ich wusste bis heute nicht, was nun mit Anas war. Er meldete sich nicht und auch sein Vater blieb schweigsam.
Ich wusste noch nicht mal ob er lebt.
"Es sind sogar zwei Praktikanten.", riss mich die etwas zu hohe Stimme aus meinen Gedanken.
"Ja?", täuschte ich mein Interesse.
"Lukas und ehmm..." Frau Adler lächelte mir etwas beschämt zu ".. ach ausländische Namen konnte ich mir noch nie merken. "
Sie schien mir nicht besonders sympathisch, man sagt man kann Menschen in den ersten fünf Sekunden einschätzen oder zumindest hinterlassen diese einen gewissen Eindruck und ich glaubte, dass sie einer dieser Menschen war, die dich äußerlich mit ihrem schönsten Lächeln ablenkten aber im Inneren würden sie dir gerne an die Gurgel springen.
"Etwas mit A ...", fügte sie nun grinsend hinzu.
Ein Kribbeln im Bauch bahnte sich an.
Ich weiß, es klingt naiv aber wäre es möglich , ich meine oh mein gott,könnte es sein ....nein das geht nicht oder doch?
Ich meine..ich meine könnte der andere Praktikant mit dem ausländischen Namen , der mit A beginnt , Anas sein???
Ich glaubte sehr an das Schicksal und ich war auch davon überzeugt, dass ich Anas eines Tages wieder sehen würde.
War das möglich ? Ist der Augenblick jetzt nach 6 Monaten gekommen???

"Es tut uns so leid! Wir haben völlig verschlafen und.. ach Gott wo sind meine Manieren ."
" Lukas Hoffman "
Frau Adler streckte ebenfalls ihre Hand aus und bevor sie was sagen konnte, meldete sich nun auch die andere Stimme zu Wort.

"Und mein Name ist A.."

Ich drehte mich um und.... "Ahmed El qassem"
Enttäuschen blickte ich in ein mir fremdes Gesicht....
Was hatte ich mir nur dabei gedacht ? War doch klar, dass ich nicht jetzt einfach so aus heiterem Himmel Anas begegnen würde.
Ich musterte die beiden anderen Praktikanten . Beide waren ungefähr gleich groß und wie sich herausstellte, waren sie Freunde und hatten sich im Studium kennen gelernt. Der deutsche , ich meine Lukas, hatte dunkelblondes Haar und seine smaragdgrünen Augen gaben seinem ziemlich durchschnittlichen Gesicht den gewissen Pepp . Er war ziemlich schmal, vorallem wenn man ihn mit dem anderen Praktikant neben ihm verglich . Er hatte schwarzes Haar, an den Seiten kürzer als oben , wie es der Trend nunmal verlangte. Eine meiner Meinung nach viel zu enge Jeans versteckte seine Beine und ein längeres Shirt mit ,Gott bewahre Bilal davor, mit V- Ausschnit , seinen Oberkörper. Was War nur los mit den Jungs ? Sie werden uns Mädchen immer ähnlicher.....?
Bei dem Gedanken und bei dem Anblick der viel zu engen, durchrissenen Jeans, überkam mich ein Kichern .
Ahmed drehte sich nun genervt zu mir um :"Problem? "
Ich hob kapitulierend meine Hände und sah grinsend in die andere Richtung.
Jap Ahmed hat in diesem ersten fünf Sekunden nicht nur ein schlechten Eindruck bei Frau Adler hinterlassen, auch ich halte ihn für diese typischen Hobbygangstermachokanacken. Aber wieso in Gottes Namen wollte so einer Lehrer werden???
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Man hatte uns aufgeteilt. Jeder Praktikant wurde auf die verschiedenen 9. Klassen verteilt . Also war ich von Jungen und Mädchen umgeben, die sich noch in der Selbstfindungsphase befanden , sie waren alle 16 oder jünger.
Ich hatte das große Glück Frau Adlers Philosophieunterricht zu besuchen! Ironie lässt grüßen.

"Also heute möchte ich, dass ihr ein Essay über Glück schreibt . Ich möchte wirklich , dass ihr darüber nachdenkt und euch fragt , was Glück wirklich ist . Das wird anschließend benotet und..." Sie fuchtelte aufgeregt mit ihren Händen rum und hob nun einen Flyer in die Luft. "und den besten Essay reiche ich zur Teilnahme am Jugendliteraturwettbewerb ein."
Ich blickte in unbeeindruckte Gesichter und musste schnunzeln.
"Noch Fragen ?", seufzte Frau Adler enttäuscht.

Eine Hand fand ihren Weg in der Luft .
"Ja Burak?"
"Kriegt man wenn man den Scheiß gewonnen hat, auch Geld? "

Im Klassensaal erschallt lautes Gelächter und auch ich musste mir das Lachen verkneifen .
Ein schlankes Mädchen mit dunklem Haar erbat Frau Adlers Erlaubnis einen Toilettengang zu betätigen und erinnerte mich daran, dass ich auch mal für kleine Löwinnen musste . Also gab ich einige Minuten später Frau Adler Bescheid und wandelte auf den Schulfluren rum.
Ich hatte wirklich keine Ahnung, wo sich die Wc's für die Lehrer befanden und musste daher immer die WC'S , die auf meinem Weg lagen, abchecken. Gott die Toiletten waren sowas von dreckig , ich hoffte sehr ,dass nicht alle so aussahen.
Irgendwann hatte ich die Nase gestrichen voll vom Suchen und entschied mich einfach mein Ekel zu überwinden und mich auf einer der Schülertoiletten zu begeben .
Was für dreckige Wände! Und dieser Gestank könnte locker Tränengas ersetzten. Und oh gott was War denn das? Blut auf dem Boden! Ih gitt, hatte da etwa jemand seine Regel und ..was zum.. oh mein gott das ist frisches Blut und es kam aus der Kabine !!!
Hektisch klopfte ich an der Tür , aber niemand öffnete mir, also tat ich was sein musste und trat sie mit aller Kraft ein.
Ich hatte noch nie sowas Grauenvolles gesehen.
Blut . Blut. Blut. Das war das einzige an was ich denken konnte .
Der Arm ausgebreitet . Eine dicke Blutlinie auf dem vernarbten Arm.
Blut.
In der anderen Hand umklammerten die Finger mit den schwarz lackierten Fingernägel eine blutverschmierte Klinge.
Blut.
Sie würde sterben .
Ich muss helfen.
Hektisch drückte ich etwas Toilettenpapier auf die offene Wunde.
Mein Puls raste. Ich spürte wie eine unangenehme Hitze in mir aufstieg. Ich war überfordert. Ich prüfte ihren Herzschlag . Dem Himmel sei dank : es schlägt..ihr Herz ...langsam, aber es schlägt .
Ich konnte sie nicht hier alleine lassen, sie würde verbluten .Ich schrie um Hilfe so laut ich konnte . Meine Tasche war leider im Klassenzimmer und daher war es mir auch nicht möglich an zu rufen .
Oh gott Firdaus! Dieses Mädchen würde in deinen Armen sterben...
Ich schrie noch lauter .
Schnell riss ich mit viel Mühe ein Stück meines Kopftuchs und band es um die Wunde.
"Verdammt du darfst jetzt nicht sterben ! Du bist viel zu jung..." Ich strich ihr mit zitternden Händen die Strähnen aus dem Gesicht und erkannte , dass es sich um das schlanke Mädchen aus Frau Adlers Philosophieunterricht handelte....

"Scheiße!!! Was ist hier los?" , hörte ich nun eine Stimme hinter mir.
Ahmeds Augen weiteten sich . Er stand regungslos im Türrahmen .
"Hol Hilfe , schnell !", schrie ich .
Er stand für eine Weile immer noch wie eine Wachspuppe vor der Tür und starrte auf den blutenden Arm.
"Looos!"
Jetzt schüttelte er den Kopf und eilte davon...

☆☆☆

Soooo das War das Kapitel 7 und ich weiß ich weiß ihr fragt euch sicher was mit Anas ist etc aber alles zur seiner Zeit .
Und jetzt bitte ich euch wirklich, ihr alle Leser , wenn ihr Zeit habt , lasst doch feedback da , denn das ist so zusagen die Nahrungsquelle eines Autoren . Immer wenn ich genugwnd Feedback erhalte , kann ich es kaum erwarten weiter zu schreiben , und dementsprechend ist bei wenig Feedback der Gegenteil der Fall.
Naja jedenfalls freue ich mich auf eure Meinungen ! Ihr könnt mir gerne auch eure Meinung per Privatnachricht zu kommen lassen
Ganz viele bussies
- Orientblicke ♡

Möge Allah uns im Jenseits zusammenführen..Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt