"Ist alles okay?", flüsterte Ahmed besorgt, als wir unser Gepäck abholten. "Ja klar, wieso denn nicht ? Du bist doch derjenige, der in sha Allah seine Familie wiedersehen wird." ,erwiderte ich achselzuckend.
"Richtig." Er nickte. Allerdings war nicht alles okay, denn ich tat etwas, was eigentlich gegen meine Prinzipien verstieß. Außer Bahar wusste niemand, wo ich war. Ich wollte abends wieder zurück sein und hatte mich daher nach dem Fajr-Gebet rausgeschlichen. Die Gewissensbisse plagten mich auf der einen Seite , aber gleichzeitig war der Drang zu helfen und die Neugier zu groß. Vielleicht versuchte ich mir auch ständig in den Kopf zu rufen, dass ich ja jemandem helfe , um zu verdrängen, dass ich tief im Inneren wusste, dass es eventuell andere Wege gegeben hätte. Vielleicht hätte ich mich nicht rausschleichen müssen? Vielleicht hätte ich Ahmed einfach beschreiben sollen, wie Anas und sein Vater ausschauen und ihn alleine fliegen lassen? Vielleicht hätte ich meinem Vater davon erzählen sollen, so dass Baba womöglich Ahmed hilft? Aber da gab es einen anderen Grund , wieso ich mitwollte: Ich wollte, nein ich musste ihn einfach wiedersehen...
"Was soll ich sagen...ich meine, wenn ich ihnen begegne?", fragte Ahmed.
"Ich glaube es werden in diesem Moment keine Worte nötig sein."
Seine Lippen formten ein kleines Lächeln : "Danke Firdaus, für alles."
Nickend verließ ich den Flughafen und er folgte mir stumm.
Eine alte kopftuchtragende Dame schenkte uns ein Lächeln und versuchte uns was auf arabisch zu sagen. Ratlos blickte ich zu Ahmed. Er schien ihr jetzt auch was auf arabisch zu erklären und sah etwas beschämt auf dem Boden. Ich wusste garnicht,dass Ahmed der arabischen Sprache mächtig ist. Das zeigte mir mal wieder, wie sehr man Menschen unterschätzte. Die Frau sah uns nun,wie mir schien, enttäuscht an und verabschiedete sich.
"Was hat sie gesagt?", wollte ich wissen und sah zu ihm nach oben, da er gut ein Kopf größer als ich ist. "Nicht so wichtig. ", antwortete er mit einer abwinkenden Handbewegung.
"Spucks schon aus!"
"Ist wirklich nicht der Rede wert, nur ein Missverständnis!"
"Ahmed, du schuldest mir was!",presste ich mit einem drohenden Finger hervor.
"Also gut, also sie hat uns Glück für unsere Ehe gewünscht ..sie hat geglaubt , wir machen sowas wie Flitterwochen." Peinlich berührt kratzte er sich an den Hinterkopf und versuchte jetzt irgendwie das Thema zu wechseln : "Wer macht denn schon seine Flitterwochen in Palästina? Ich meine es ist ein wunderschönes Land , aber ...ist ja auch egal. Hast du die Adresse des Krankenhauses?"
Als Antwort hob ich einen Zettel in die Luft und nickte.
"Also gut gehen wir." Seine Stimme klang zittrig und wenn ich jetzt auch was würde, würde er schnell merken, dass er nicht der einzige war.
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Wie erwartet konnte man überall gestresste Ärzte , Krankenschwester,Helfer , Studenten und leider Gottes auch viele Verletzte entdecken. Geschreie hier und da, Verzweiflung , Hilflosigkeit , überall . Ich warf einen Blick auf Ahmed neben mir. Sein Gesicht war kreidebleich , die Augen geweitet. Plötzlich drehte er sich um und lief zurück in Richtung Ausgang ."Hey , was tust du da? ", schrie ich ihn jetzt nach. "Ich kann das nicht Firdaus, ich kann das einfach nicht. " In einem überdurchschnittlichen Tempo bewegte er sich weiter auf den Ausgang zu.
"Was meinst du? "
"Hey! Stopp! Ich rede mit dir . Ahmed!!"
Jetzt blieb er endlich vor mir stehen : "Ich bin nicht darauf vorbereitet , ich weiß nicht was ich sagen soll, was ich tun soll? Und was ist..ich meine was ist , wenn ihnen schon was zugestoßen ist und ...weißt du wie schwer es ist, wenn plötzlich Hoffnung aufkommt und sie dann doch zu Nichte gemacht wird? Was soll ich dann tun Firdaus? "
"Wieso machst du das? Wieso malst du dir das Schlimmste aus ? Natürlich ist es schwer und irgendwo auch leichter in der Ungewissheit zu leben , aber das ist auch die feigere Variante! Und außerdem bin ich da, ich werde dir helfen die wichtigen Worte zu finden, wenn es sein muss. Okay? Ich bin da. Ich bin da Ahmed." Ich gab ihm einen freundschaftlichen Schlag auf den Oberarm und auf das Kommende war ich wirklich nicht vorbereitet,denn plötzlich schlung er seine Arme um mich :"Du bist das Beste, was mir passieren konnte. Danke Firdaus. " Noch nie war ich verwirrter gewesen . Was hatte das zu bedeuten ? Doch bevor ich wirklich darauf reagieren konnte, wurde meine Aufmerksamkeit auf etwas anderes oder besser gesagt auf jemand anderen gelenkt : "Da ist er", flüsterte ich Ahmed nun zu. "Imad Al qassem, dein Vater."
Er löste sich langsam von der Umarmung und sah verängstigt in die Richtung des kleinen freundlich aussehenden Mannes. Jetzt sah er auch in unsere Richtung :" Firdaus?"
Ich lächelte ihn an : "Hallo Herr al qassem."
"Was machst du denn hier ? Ich freue mich dich zu sehen! Wo ist dein Vater?"
"Also es ist so, dass...""Baba?",flüsterte jetzt eine zitternde Stimme hinter mir. "Nein nein...ist das möglich ?" Imads Augen füllten sich mit Tränen. "Das kann nicht sein.." Langsam liefen sie aufeinander zu , bis sie sich gegenüber standen . "Ahmed?" . Imad umfasste Ahmeds Gesicht . Ahmed nickte. "Du hast die Augen deiner Mutter..mein Sohn, du lebst alhamdulillah, alhamdullilah!"
"Mein Sohn , mein Fleisch und Blut..mein kleiner Ahmed!"
Jetzt brachen beide zusammen in Tränen aus , ein lautes Geschluchze beiderseits und auch mir bildete sich ein Kloß im Hals . Die Art wie die beiden sich umarmten, wie sie sich inmer fester aneinander krallten, brachte mich dazu an meinen Vater zu denken. Plötzlich vermisste ich ihn und hatte das Gefühl, ich hätte meine Eltern hintergangen.Warme Tränen flossen über meine geröteten Wangen. In solchen Momenten begreife ich immer wieder , wie viel Wert Eltern, die Familie, das Zuhause haben. Ich sehnte mich nach meiner Familie. Jetzt sah mich ein verweinter Imad an : "Danke Firdaus, danke! "
Diesen Moment nutzte ich aus , um die Frage zu stellen, die schon den ganzen Tag in meiner Brust brannte : "Wo ist denn ihr Sohn, ... ehm Anas?"
"Er ist in dem Zimmer mit der Nummer 04 und...",antworte er und wollte noch was hinzufügen. Doch ich hatte mich schon auf den Weg gemacht. Mein Herz pochte . Es war als hätte sich mein Gehörssinn verdoppelt, denn plötzlich nahm ich jeden meiner Schritte in hoher Lautstärke wahr. In einem kleinen Fenster blickte ich kurz meinem Spiegelbild in der Fensterscheibe entgegen und versuchte etwas mein Kopftuch zu richten. Ein Blick nachhinten, ob mich jemand gesehen hatte? Dann ein weiterer Schritt.
Zimmer 01.
Zimmer 02.
Zimmer 03.
Da war es Zimmer 04. Eine braune Tür trennte mich davon Anas wieder zusehen . Diese Tür könnte allerdings alles verändern ? Jetzt fiel mir wieder ein, dass er Vater , ein verheirateter Mann ist. Ich sollte umkehren. Firdaus kehr um ! Aber ich muss ihn einmal sehen, nur einmal , kurz mit ihm sprechen und Gewissheit gewinnen, wer der Junge auf dem Foto ist, wie es ihm geht , ob er sich überhaupt an mich erinnert? Nur einmal sein Lächeln, seine Grübchen sehen .
Meine zitternde Hand klopfte vorsichtig an die braune Tür mit der Nummer 04...----
Sooo das wars, ich muss euch leider sagen, dass ich absofort nur kürzere Kapitel schreiben kann , weil es zur Zeit etwas stressig ist , aber ich euch trotzdem noch immer mal wieder pro Woche ein Einblick in Firdaus Welt gewähren möchte .
Ich hoffe es hat euch gefallen , lasst doch Meinungen da ihr süßen!♡♡♡
Nun zu den typischen Fragen:
-Glaubt ihr Firdaus hat das richtige getan?
-Was glaubt ihr, was Ahmeds Umarmung zu bedeuten hat?
-Wie glaubt ihr geht es weiter ?
-Irgendeine emotionale Stelle ?
-Habt ihr irgendwo mitgefiebert?
-Und natürlich wie hat es euch gefallen ?
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Möge Allah uns im Jenseits zusammenführen..
SpiritualIch versuchte stark zu bleiben , gefasst, aber der Gedanke , dass er nun wegfliegen würde um sich in Gefahr zu begeben , verursachte einen Kloß in meinem Hals. Langsam bahnten sich meine Tränen ein Weg aus meinen Augen und ich spürte wie die salzige...