Kapitel 21:" Vergessen"

172 16 11
                                    

Ich deckte mit gemischten Gefühlen den Tisch. Einerseits freute ich mich auf Farida, da wir uns eigentlich schon immer sehr nah standen , aber andererseits war da diese eine Person, die ich am liebsten nie wieder sehen wollte. Noch hatte ich die Hoffnung, dass auch er keine Lust auf diesen Trip hat und daher Zuhause bleiben wollte. Aber dann hätte er mir nicht diese merkwürdige Ankündungsnachricht geschrieben ? Und woher hatte er überhaupt meine Nummer ? Ich sollte ihn dringend blocken, denn im Grunde war es nicht richtig mit ihm zu schreiben oder sonstiges... Mama war noch nie so gut gelaunt , wie zur Zeit. Sie machte alles mit Schwung und Energie, summte überall ein Lied und verteilte immer mal wieder Küsse oder Umarmungen an ihre Kinder. Deshalb wollte ich meine Laune zurückhalten, um ihr nichts zu verderben, denn wer würde sich denn nicht freuen, wenn die Freundin nach fast einem Jahr sie besuchen kommt. Die Familie war für ein Jahr nach Dubai gezogen, da Omar, Walids Vater dort eine Jobmöglichkeit erhalten hat, die scheinbar einmalig gewesen ist oder ähnliches. Jedenfalls habe ich gestern erfahren , dass es sie vermutlich doch wieder nach Deutschland zieht. Aber fürs Erste wollten sie uns eben für eine Zeit besuchen.
Bilal rannte ins Wohnzimmer und platzierte seine Spielzeugautos auf dem Boden . Neugierig setzte ich mich auf die Couch und fragte, was das werden soll.
"Heute besucht uns doch endlich mal ein Junge, vielleicht will er ja mit mir Autorennen spielen! "
Lachend drückte ich ihm einen Kuss auf die Wange und setzte mich zu ihn auf den Teppich : "Wie wärs ,wenn wir eine Runde spielen?"
"Du bist doch ein Mädchen, ihr mögt doch keine Autos!", rief er und hob seinen kleinen Zeigefinger hoch.
"Das ist aber nicht wahr, magst du Schokolade?"
Er nickte.
"Ich habe gehört , nur Mädchen mögen Schokolade ..", erwiderte ich in einer ermahnenden Stimme.
"Oh, das habe ich noch nie gehört!",rief er erstaunt.
Ja ich auch nicht, dachte ich schmunzelnd.

"Also wenn du Schokolade magst, du aber kein Mädchen bist , haben dann alle anderen Menschen recht , die sagen , dass nur Mädchen Schokolade mögen?"
Er schüttelte den Kopf.
"Siehst du genauso ist das mit den Autos, vielleicht sagen zwar viele , dass nur Jungs gerne mit den Autos spielen , aber das heißt nicht , dass es auch so sein muss, verstehst du Bilal?", sprach ich langsam und fuhr ihm durch sein weiches Haar.
"Jaa! Wollen wir jetzt...", setzte er an , als er von der Türklingel unterbrochen wurde und in rasendem Tempo zur Tür rannte.

Mama war ihm da aber meilenweit voraus , sie konnte es kaum erwarten ihre beste Freundin wieder zu sehen. Schnell öffnete sie die Tür und ich konnte lautes Lachen hören und ganz viele Küsse. Mit einem unangenehmen Gefühl bewegte ich nun auch mich in Richtung Haustür . Farida sah mich mit großen Augen an und lächelte : "Ma sha Allah wie groß und hübsch du geworden bist! Du bist eine richtige Frau geworden!" Sie drückte mich ganz fest und auch ich empfang sie fröhlich und flüsterte ein kleines Dankeschön. Baba war jetzt nun auch im Eingangsbereich und umarmte Omar lachend : "Endlich lasst ihr euch mal wieder blicken, ich hatte schon Angst, dass euch das Leben in Dubai überheblich gemacht !"
Ich muss gestehen, dass Baba, Mama, Farida und Omar einer der schönsten Geschichten hatten . Omar und Baba waren beste Freunde und Mama und Farida ebenfalls, dann hat es sich so ergeben , dass sich zuerst Farida und Omar kennen gelernt hatten und durch die Beiden haben sich auch meine Eltern kennengelernt. Ist das nicht wundervoll?
Nun trat auch die achtjährige Asma ins Zimmer und beäugte alles neugierig , ich gab ihr ein Kuss und begrüßte sie . Sie lächelte verlegen , wir kannten uns nicht wirklich , da ich früher selten mitgegangen bin, wenn wir von ihnen eingeladen wurden . Zum einen , weil ich in dieser Zeit viel um die Ohren hat und ich mich für die ganzen Endklausuren vorbereiten musste und zum Anderen, auch wenn ich es mir nicht eingestehen wollte, versuchte ich damals Walid aus dem Weg zu gehen. Jedenfalls wollte ich das ändern und nahm mir vor mit Asma eine Bindung aufzubauen. Als ich ein Räusper vernahm , sah ich auf und konnte die unangenehme Stimmung schon kommen sehen. Walid begrüßte zunächst Baba in einer Umarmung und grüßte dann Mama mit einem freundlichen Händeschütteln.
Dann richteten sich seine Augen auf mich und anfangs wussten wir nicht, ob wir uns die Hand reichen sollen oder ob ein" Salam " ausreicht, daher entstand ein unangenehmes Handstreck und Zurückziehspiel, was leider keinem entgangen war. Erst hatte er mir die Hand hingehalten,aber ich war davon ausgegangen einfach "Salam" zu sagen , als er das bemerkte nahm er seine Hand zurück , doch ich hatte zu dem Zeitpunkt ihm nun auch meine Hand hingehalten und dann wieder zurückgenommen. Schließlich sagten wir uns einfach Salam , er kratzte sich peinlich berührt an den Hinterkopf und ich zupfte an meinem Kopftuch.
Man war das unangenhem .

Möge Allah uns im Jenseits zusammenführen..Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt