Kapitel #1

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Eleanor

"El... Ellie... Och jetzt komm schon. Ich weiß genau, dass du mich hörst." 

Ich ignoriere die empörte Stimme meiner besten Freundin und stelle mich stur weiterhin schlafend, mit dem Wissen, dass heute jener Tag ist, vor welchem ich mich bereits seit Wochen fürchte und wünschte, diesen bereits hinter mir zu haben. Jedoch ist das mit den Wünschen so eine Sache. 

"ELEANOR JANE CALDER!" 

Plötzlich und ohne jegliche Vorwarnung wird mir meine warme Decke entzogen und ich lande mit einem lauten Rums auf dem harten Boden.
Aua!
Stöhnend versuche ich mich aufzurappeln. Jedoch scheitert jeglicher Versuch, da sich mein Fuß scheinbar in der Decke fest verfangen hat. 

Das darf doch jetzt echt nicht wahr sein. 

Lani scheint meine Lage zu erkennen und macht einen kurzen Prozess. Sie zieht die Decke nun endgültig von mir weg und schmeißt diese zurück auf das Bett. Das sie dabei meinen Fuß nicht mit abgerissen hat, ist ein halbes Weltwunder. Schmunzelnd stemmt meine beste Freundin ihre Hände in die Hüften und blickt von oben auf mich herab.

"Na dann. Happy Birthday, Ellie! Jetzt hast du noch... warte lass mich kurz nachdenken." Gespielt nachdenklich reibt sie sich über das schmale Kinn, ehe sie mit ihrem Finger schnippst und auf mich zeigt. "Jetzt hast du noch sieben gute Jahre, bis es mit dir endgültig bergab geht." - "Sehr nett." Grummelnd gleiten die Worte über meine Lippen, während ich mir meine Hände vor das Gesicht schlage und langsam meine Augen schließe. 

"Können wir den Tag nicht einfach vergessen?" Frage ich nach einer Weile und luge vorsichtig, durch meine gespreizten Finger, zu Lani. Diese schüttelt jedoch nur grinsend ihren Kopf und zieht mich ohne Umschweife ruckartig nach oben, so dass ich erst einmal gegen sie pralle. 

Langsam komme ich mir wirklich vor wie eine Puppe, die man einfach durch die Gegend schubsen kann, ohne dass sie sich wehrt.
Gut. Vielleicht ist das etwas theatralisch und übertrieben. Doch ich möchte diesen Tag einfach nur so schnell wie möglich hinter mich bringen. 

Das Schlimme ist dabei nicht einmal mein Alter. Denn dreiundzwanzig ist nicht gerade eine hohe Zahl. Ich meine, ich habe mein ganzes Leben noch vor mir. Beklagen kann ich mich mit sechzig.

Aber... Heute ist seit vier Jahren mein erster Geburtstag, welchen ich ohne Louis verbringen werde. Kaum zu glauben das unsere Trennung inzwischen schon fast vier Monate her ist. Vier Monate, die ich erstaunlich gut über mich gebracht habe. 

Doch jetzt ist es, als würden alle negativen Gefühle wieder hochkommen. Besonders der Schmerz, den ich die Zeit über erfolgreich verdrängt habe.

Mein Geburtstag war einfach immer das Highlight für mich - in jedem neuen Jahr. Nicht wegen der vielen Geschenke oder den lieben Glückwünschen.
Louis hat einfach alles dafür getan, dass dieser Tag etwas besonderes wird.

Und das war es auch. 

Jedes Mal aufs Neue. 

Das Einzige was Louis nie so richtig begriff, war die Tatsache, dass er das Besondere an meinem Geburtstag war. Er und nichts anderes. 

Langsam beginnen meine Augen zu brennen und ich schlucke schwer, um die eigentlich schon längst überfälligen Tränen zu verdrängen.
Nicht heute.
Nicht jetzt.
Nicht nach all den Monaten. 

Alles was ich in diesem Moment möchte, ist, mich einfach nur tief in meinem warmen Bett zu verkriechen und dort den ganzen Tag über zu bleiben. Vergessen und verdrängen. Das ist der Plan. Jedoch scheint meine beste Freundin anderer Meinung zu sein und als könne sie meine Gedanken lesen, schüttelt sie den Kopf und legt ihre Hände auf meine Schultern. 

The end of usWo Geschichten leben. Entdecke jetzt