Mein Plan war fies. Ich gab es nur ungern zu, aber er passte nicht wirklich zu meinem Wesen. Wie lange ich mir auch einredete, dass daran nichts falsch war und ich niemanden hinterging, das Gefühl wurde ich trotzdem nicht los.
Um hinter Bethanys Geheimnis zu kommen, musste ich Nachforschungen anstellen. Und da ich sie schlecht mal eben googeln konnte - oder noch besser - ihr hinterher spionieren konnte, war ich drauf und dran ihre Freunde zu befragen.
Daran war nichts falsch. Falsch wäre aber, zu Pamela zu gehen und sie zu erpressen, um mit ein paar Infos rauszurücken. Obwohl...Nein, nicht mal das wäre wirklich falsch. Es war allerdings hundertprozentig und unwiderruflich falsch, ihr für die Antworten, die sie lieferte, ihr Jerik als Ballpartner zu versprechen.
Nicht, ohne dass er wirklich zugestimmt hatte. Ich tat es trotzdem.
Ich fing Pam vor dem Speiseraum ab und bat sie höflich um ein paar Minuten. Na ja, so höflich man eben in ihrer Anwesenheit sein konnte. Sie grummelte zustimmend und einen Moment lang war ich mir nicht wirklich sicher, ob das Gegrummel aus ihrem Mund oder aus ihrem Bauch kam. Wenn sie wegen mir gerade ihr Mittagessen verpasste, hatte die Sache schon mal einen Pluspunkt und zumindest für diese Tatsache würde es sich lohnen. Wow, ich wurde immer gemeiner.
"Deine Freundin weint", sagte ich nüchtern und beobachtete, wie sie den Kopf schief legte und die Augenbrauen verwirrt hochzog. Oder genervt, das könnte auch gut sein.
"Ach was." Sie war der erste Mensch, der zwei einsilbige Wörter so lang und herablassend sagen konnte. Ich stellte mir vor, wie sie Sachen sagte wie "Nicht jetzt" oder "Lass es" auf die gleiche Art sagte und hoffte, dass es niemals dazu kommen würde.
"Ist ja auch nicht so, als hätte das die ganze Schule bemerkt", fügte sie hinzu.
"Ähm...ja, wäre wahrscheinlich schlauer gewesen, sich in einer Toilette zu verschanzen. Hätte zumindest weniger Aufsehen erregt." Ja, so hätte ich es sicherlich gemacht, aber dazu musste man mich auch erstmal zum weinen bringen.
"Bist du nur hier, um über die Dummheiten zu sprechen, die Beth heute begonnen hat?", fragte sie unbeeindruckt und bevor ich überhaupt antworten konnte, redete sie schon wieder los:"Oder hast du es dir nochmal anders überlegt? Verkuppelst du mich?"
Ich musste ein Lachen unterdrücken. "Ähm nein. Ich wollte fragen, ob du den richtigen Grund für Beths Heultriade weißt", meinte ich ausweichend.
Schützend verschränkte sie die Arme vor der Brust. "Ja, aber ich hab nicht vor, es dir zu verraten." Seit wann war 'dir' eine Beleidigung? Bei ihr hörte sich das nämlich ganz danach an.
"Auch nicht, wenn ich dir ein Angebot unterbreite?"
"Ein Angebot. Wir sind nicht beim Drogenhandel", spottete sie augenverdrehend.
"Bei dir komm ich mir aber immer so vor", murmelte ich, worauf mir nur ein misstrauischer Blick zugeworfen wurde.
"Ich frage mich, was ein Mädchen wie du dafür geben würde, mit Jerik Leech auf den Moonlight Ball zu gehen", gab ich gespielt neugierig von mir und tippte mir unnötigerweise auch noch mit dem Finger gegen die Lippe. Ich merkte zufrieden, wie sich ihr Blick bei meinen Worten aufhellte. Oh Mann, jetzt gab es kein Zurück mehr.
Insgeheim wusste ich ja schon, dass ich spätestens, wenn ich Jerik davon erzählen müsste, das Ganze bereuen und vermutlich in der Kirche beichten gehen würde, aber Konsequenzen waren noch nie etwas, über das ich mir bevor sie eintraten groß Gedanken machte. Dass ich damit aber mehr Konsequenzen als nur einen wütenden Jerik hervorrief, konnte wirklich keiner ahnen.
Keine Sekunde später wurde aus dem intensiven Ausdruck in Pamelas Augen ein finsteres Funkeln.
"Und ich frage mich, warum diese Info über Beth so wichtig für dich wäre, dass du mir den Platz als Jeriks Ballpartnerin kampflos überlassen würdest." Erwartungsvoll neigte sie den Kopf zur Seite, während ich sie nur verständnislos ansah.
"Ich hatte nie vor, mit Jerik zum Ball zu gehen", erklärte ich ihr langsam, "Ich hatte nicht mal vor, überhaupt zum Ball zu gehen." Mit ihr zu sprechen, wenn man etwas von ihr wollte, war wie mit einem scheuen Tier Annäherungsversuche zu wagen - lästig, nervenaufreibend, zeitverschwendend und mit einer falschen Entscheidung könnte man alles wieder zunichte machen. Noch dazu wäre Pamela ein sehr nerviges Tier und alles andere als scheu (Wahrscheinlich eine Mücke, die waren ja so schön aufdringlich und hinterlistig) und normalerweise würde ich auch keine Annäherungsversuche bei ihr starten.
Ihr absolut menschliches Schnauben erinnerte mich wieder daran, dass Pamela als eine durchaus menschliche Gestalt vor mir stand. Zu schade, sonst wäre ich sie durch eine einfache Fliegenklatsche losgeworden.
"Beth erzählt aber andere Sachen", eröffnete sie mir schulterzuckend und ihr Satz veranlasste mich dazu, einen Entschluss zu fassen. Oder besser gesagt zwei: 1. Bethany war so etwas wie die Bienenkönigin unter den fiese Mücken und 2. Ihr stand ein Gespräch mit einer gereizten Jill bevor.
"Hat sie dir auch von den Leichen in meinem Keller erzählt?", fragte ich mit zuckersüßer Stimme, während ich süffisant vor mich hingrinste.
"Du hast also Leichen im Keller?" Ihre nun hochgezogenen, gezupften Augenbrauen waren gerade mal ein Strich.
"Nein, aber das könnte sich bald ändern", schleuderte ich ihr entgegen.
Ich kam mir vor, als hätte ich meine imaginäre Fliegenklatsche rausgeholt und das war nichts Gutes. Besonders nicht, wenn man auf einem Gang in der Schule stand. Kurz keimte Hoffnung in mir auf, dass dieser Gang etwas unbesuchter war, als andere, aber das war natürlich Quatsch. Ich meine, wir standen auf dem Gang vor dem Speisesaal und es war Mittagspause.
Essen war etwas Heiliges.
"Pam", sagte ich deshalb ruhig,"was genau hat Bethany über Jerik und mich erzählt?"
Sie stöhnte genervt auf und rollte mit ihren Augen. Den Wunsch, dass ihre Augen so stehenblieben, konnte ich nicht unterdrücken.
"Bei dir klingt das so, als würde sie euch eine Affäre andichten. Sie hat doch nur gesagt, dass ihr beide zusammen zum Ball geht."
Bockig verschränkte ich die Arme vor der Brust. "Schön, tu ich aber nicht und hatte ich auch nicht vor."
Zögerlich nickte sie."Gut." Das war ihre ziemlich magere Antwort und ich konnte ihr ansehen, dass sie jetzt endlich verschwinden und etwas essen wollte.
" 'Gut, ich liefere dir deine Antworten und gehe dafür mit dem wohl tollsten Kerl der Schule zum Ball' oder 'Gut, schön zu wissen, darf ich jetzt gehen'?", wollte ich mit stechendem Blick wissen. Langsam wurde ich echt ungeduldig. Als würde es einem Mädchen wie ihr so schwer fallen, seine Freundin zu verraten. Pamela benahm sich wie die beste Freundin einer Mörderin, die das ganze Desaster vertuschen wollte.
"Wir haben einen Deal", seufzte sie und ich musste Jubelschreie unterdrücken. "Aber vergiss nicht, zu einem Deal gehören immer zwei Dinge. Ich erzähle dir von Beth und dafür erwarte ich Jerik dann am Ballabend um sieben und im Smoking." Und schon wollte ich keine Jubelschreie mehr auslassen. Wie sollte ich Jerik das nur erklären? Würde er mich wohl eines qualvollen Todes sterben lassen?
"Ich spreche zwar nicht die Schluchz-und-Heul-Sprache - besonders nicht die von Bethany - aber meine Kenntnisse haben dazu gereicht, um zu verstehen, dass Chase geht. Wie du das zu verstehen hast, ist eine andere Sache." Als ich Chase Namen hörte, nickte ich wie mechanisch und tat einen Schritt zurück, um dann in der Menge zu verschwinden. Ich machte mir nicht mal Gedanken, dass Pams Infos ziemlich dürftig ausgefallen waren und ich im Gegenzug nur einen Streit mit Jerik entfachte. Jetzt war es an mir, Chase auszuquetschen.
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Amor? There's just me, but it's actually the same
Fiksi RemajaJill Erikson ist bekannt dafür, die Schüler auf ihrer Highschool zu verkuppeln. Sie gibt Tipps und schmiedet Pläne, wie man Herzen für sich gewinnt. Schon ziemlich verrückt, wenn man bedenkt, dass sie selber noch keine ernste Beziehung geführt hat...