Kapitel 9

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Überfordert mit der Situation sah ich ihm schweigend in die Augen. Er war für mich ein Fremder und doch fühlte es sich nach diesem Gespräch nicht mehr so an.. Sollte ich...?
„Bitte", sagte er noch einmal mit etwas festerer Stimme. In ihr war etwas, eine unvorhersehbare Leidenschaft, die mich meine Bedenken vergessen ließ.
Ja, er war ein Fremder. Aber er war immer noch mein Mann! Langsam beugte ich mich zu ihm und nahm sein Gesicht in eine Hand. Fast wirkte er von meiner Berührung überrascht, als hätte er nicht damit gerechnet, dass ich seiner Bitte nachgehen würde. Sein Atem begann schneller zu werden, als ich mich ihm noch mehr näherte. Wir waren nur noch Zentimeter voneinander entfernt, bis ihn endlich liebevoll küsste.
Die Spannung, die noch Minuten zuvor zwischen uns geherrscht hatte, verschwand mit unserem Kuss. Seine Lippen waren erstaunlich weich und sein Kuss so sanft. Und dieses Gefühl kam mir so unheimlich vertraut vor. Er versuchte, sich so nah an mich zu drücken, wie es die Zwangsjacke zuließ.
Doch so schnell ich die Entscheidung traf, ihn zu küssen, ließ ich auch wieder von ihm ab. Wenn ich ihn jetzt nicht los ließ, würde ich nicht mehr gehen wollen und das versuchte ich ihm mit einem liebevollen Blick zu erklären. Er schien zu verstehen, lehnte sich seufzend wieder gegen die Wand und lächelte mich traurig an. Und trotzdem sah ich, dass er glücklich war. Und auf eine seltsame Art und Weise fühlte auch ich mich glücklich.

Sanft streichelte ich ihm noch einmal über die Wange und merkte, wie er sein Gesicht an meine Hand schmiegte. Er ließ seinen Blick nicht von mir los, als wollte er sich mein Gesicht einprägen, bis ich zur Tür ging und schweren Herzens meinem Arzt folgte.
Dieser schloss die Tür und zeigte mir den Weg zurück in sein Behandlungszimmer. Schweigend gingen wir nebeneinander her doch ich bemerkte, dass er gereizt zu sein schien.
In dem Zimmer angekommen setzten wir uns wieder gegenüber auf die Stühle und sah mich an.

„Ich hoffe Ihnen ist klar, dass mich das ganz schön in Schwierigkeiten bringen könnte, wenn ich zulasse, dass ihr euch küsst."
„Es... es tut mir leid", versuchte ich mich zu entschuldigen doch er unterbrach mich.
„Schon in Ordnung. Ich habe euch ehrlich gesagt aus einem bestimmten Grund nicht unterbrochen."
Seine Stimme klang schon wieder viel einfühlsamer.
„Aber lassen Sie uns von vorne anfangen. Wie geht es Ihnen?"
„Gut... sehr gut."

„Konnten Sie gut schlafen?", forschte er weiter.
„Ja und ich... ich habe etwas geträumt. Ich weiß nicht, ob es etwas mit dem zu tun hatte, was mit mir geschehen ist oder nicht aber..."
„Was haben Sie geträumt?", fragte er mich ruhig.
„Ich träumte davon, zwei Personen gegenüber zu sitzen, die sich mit mir unterhielten... und die Umgebung kam mir irgendwie bekannt vor. Als wäre ich schon einmal da gewesen..."

„Wissen Sie, wer die Personen waren?"
„Nein."
Ich schüttelte meinen Kopf und sprach dann weiter.
Ich kann nur sagen, dass sie beide männlich waren. Ich sah außerdem alles ziemlich verschwommen... Wir unterhielten uns kurz und im nächsten Moment befand ich mich in einer Schwimmhalle."
Mein Arzt hörte mir immer noch schweigend aber mit einem sehr interessierten Gesichtsausdruck zu.
„Etwas weiter von mir weg konnte ich drei Personen erkennen..."
„Waren die Beiden Personen von vorher anwesend? Die, mit denen Sie sich auf dem Sofa unterhalten haben?"
„Ich weiß es nicht. Ich konnte sie nicht erkennen. Ich konnte nur sehen, dass einer von ihnen eine Waffe auf jemanden gerichtet hatte. Eine große Waffe. Mehr weiß ich nicht."
„War das Ihr Mann? Der mit der Waffe?"
Ich konnte nur wieder meinen Kopf schütteln um die Frage zu beantworten.
„Es tut mir leid, ich weiß es nicht."
„Schon in Ordnung. Reden wir weiter. Über was haben Sie mit Ihrem Mann gesprochen?"
„Er hat mir nur ein bisschen was über mich erzählt. Mehr nicht."#
„Und was hat er Ihnen erzählt?", fragte er mich freundlich.
Ich schloss meine Augen und überlegte angestrengt.
„Also soweit ich weiß sagte er mir, dass ich aus Bayern komme. Meine Eltern haben sich getrennt als ich 17 war und mit 18 bin ich mit ihm zusammen gezogen..."
„Interessant."
Er schrieb wieder ein paar Worte an seinem Computer und sah mich dann wieder an.
„Habt ihr über den versuchten Mord gesprochen?"
Ich nickte zustimmend.
„Ja. Aber nur kurz. Ich fragte ihn, ob es war sei, dass er jemanden töten wollte und ich ihm dabei geholfen habe."
„Und? Was hat er geantwortet?"
„Er sagte es sei wahr. Dann kamen Sie in den Raum."
„Gut. Dann kommen wir jetzt zu dem Kuss. Ich habe es zugelassen, aber dafür möchte ich, dass Sie mir jetzt genau erzählst was Sie dazu veranlasst hat ihn zu küssen obwohl sie ihn nicht kennen und wie Sie sich währenddessen und danach gefühlt haben. In Ordnung?"
Ich nickte kurz und begann zu berichten.
„Ich weiß nicht, was mich dazu veranlasst hat. Er war einfach... er kam mir so bekannt vor. Auch wenn ich mich nicht an ihn erinnern kann. Verstehen Sie?"
Der Arzt nickte mich verständnisvoll an und deutete mir dann an weiter zu sprechen.
„Jedenfalls wusste ich einfach, dass ich es wollte. Ich wollte ihn küssen. Ich weiß nicht warum. Und... als ich es dann getan habe... es kam mir so bekannt vor. So vertraut. Ich hätte am liebsten nicht mehr aufgehört. Ich weiß, dass ich diesen Mann liebe. Ich weiß es zu hundert Prozent und es ist völlig egal ob ich mich an ihn erinnere oder nicht. Mein Herz sagt es mir."
Mein Arzt lehnte sich leicht über den Tisch und sah mir tief in meine Augen.
„Wissen Sie, vielleicht ist er der Grund warum Sie sich an nichts erinnern können. Gehen wir einfach mal von der Szene aus, dass etwas passiert ist, das Sie mit aller Kraft zu verdrängen versuchen. Was ist, wenn es der versuchte Mord an diesem anderen Menschen war? Was ist, wenn Sie es einfach nicht können mit einem Mörder zu leben?"
Ich saß stocksteif da und in meinem Kopf bildeten sich klare Worte, die ich aussprechen wollte, doch alles was ich wirklich sagen konnte waren vier mit zittriger Stimme geflüsterte Worte. „Wieso sagen Sie das?"
„Wissen Sie, er ist ein Mörder. Sie werden ihn nicht mehr zu sehen bekommen und das ist auch besser so. Sie sollten sich von ihm trennen, solange es Ihnen noch leicht fällt weil Sie ihn nicht erkennen. Dann wäre alles viel einfacher für Sie."
Mit offenem Mund saß ich da. Ballte meine Hände so fest zu Fäusten, dass ich den Verdacht hatte zu bluten wegen meiner Fingernägel. Ich wollte etwas sagen, wollte ihn anschreien. Wollte Jim vor ihm beschützen, doch dann fiel mir ein, was letztes Mal mit mir geschehen war, als ich ihn angegriffen hatte...
„Nathalie, glauben Sie mir. Es wird Ihnen danach besser gehen. Sie werden wieder ein normales Leben führen können, wenn Sie sich wieder an sich selbst erinnern können und diese Therapie hier hinter sich haben. Aber dafür müssen Sie loslassen was Sie festhält!"
Ich überlegte kurz und sah ihn dann fragend an. Ich versuchte meinen Gesichtsausdruck so neutral wie nur möglich zu lassen.
„Wissen Sie. Vielleicht haben Sie Recht. Aber wie soll ich es ihm sagen?"
„Wenn Sie sich für den richtigen Weg entscheiden, kann ich nochmal ein Treffen mit ihm arrangieren. Aber nur dann. Wenn Sie Ihn loslassen, könnten wir vielleicht auch Ihre Therapie verkürzen. Das kommt ganz auf Sie an. Einverstanden?"
... „Okay."

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Huhuu! :D Das mit dem 'ein Kapitel täglich' klappt tatsächlich besser als ich dachte! :) Ich hoffe euch hat das neue Kapitel gefallen! ;P<3 

✔Captured (Eine etwas andere Sherlock FF Teil 1) [Moriarty x OC]Where stories live. Discover now