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"Die Drachen waren häufig auf den Wiesen nahe des großen Walds zu sehen, sie kamen aus dem Diamant-Gebirge und nutzten den großen Wald und die Wiesen als Jagdgebiete. Seit dem Zeitalter des fünften Königs der Rubinfamilie verschwanden die Drachen nach und nach. Ob es wahr ist oder nicht ist nicht bewiesen, doch es wird gesagt, dass die Rubinfamilie eine Dynastie der Drachenjäger hervorbrachte.
Drachenjäger existieren seit dem Zeitalter des fünften Königs der Rubinfamilie. Drachenjäger bewahren das Reich und sein Volk vor den Drachen"

Lilith schaute von dem Schriftstück auf, in der Bibliothek war es ruhig, aber nicht ganz ruhig. Ein leises Rascheln war zu hören, ein normaler Mensch hätte dieses Rascheln wahrscheinlich nicht wahrgenommen, doch Lilith war darauf getrimmt selbst die kleinsten Geräusche zu hören. Außerdem hatte sie die Veranlagung dazu. Ihre Familie hatte seit Generationen diese Veranlagung und brachte pro Generation mindestens einen Drachenjäger hervor.
Wieder war dieses Rascheln zu hören, jetzt war ihre Aufmerksamkeit endgültig nicht mehr bei dem Text, denn sie bestimmt schon hundert Mal gelesen hatte. Vorsichtig, ohne viele Geräusche von sich zu geben stand sie auf, die Kerze die ihr das Lesen erleichtert hatte, nahm sie in ihre Hand.
Eigentlich bräuchte sie keine Kerze, kein Feuer, kein Licht um im Dunkeln zu sehen, doch würde sie es nicht wagen Feuer in der heiligen Akademie der Drachenjäger unbeaufsichtigt zurück zu lassen. Natürlich, wer auch immer hier war würde sie auf Grund der Kerze viel leichter sehen, doch ein anderer Drachenjäger hätte auch so kein Problem sie wahr zu nehmen.
So leise sie konnte schlich Lilith durch die Bibliothek, sie musste automatisch die richtige Richtung eingeschlagen haben, denn nach wenigen Schritten hörte sie jemanden Atmen. Auch wenn dieser Unbekannte sie durch das Licht sehen würde, versuchte Lilith noch leiser zu sein, für ungeübte, nicht Drachenjäger-Ohren war sie nicht zu hören.
Sie musste noch um ein weiteres Regal laufen, bis sie diese Person sah. In diesem Moment verfluchte sie das Institut innerlich. Eine der Regeln besagte, dass man keine Waffen bei sich tragen durfte, außer in besonderen Situationen. Diese Situationen waren zum Beispiel besondere Trainingseinheiten, Prüfungen und der Aufbruch zu einem Einsatz, oder die Rückkehr von ebenso einem.
Wie gerne hätte sie jetzt ihren Bogen gehabt oder wenigstens ihr Langmesser, lieber noch ihr Schwert.
Die Person musste sie ohne jeden Zweifel bemerkt haben, schon alleine das Licht verriet sie.
Ihre Vermutung wurde bestätigt als der dunkle Schatten sich zu ihr umdrehte. Lilith konnte nun das Gesicht ihres Gegenübers erkennen. Die Züge waren fein, eindeutig die einer jungen Frau, eine schwarze Strähne warf ihren Schatten auf das Gesicht. Ebenso die Kapuze, die die Augen des Mädchens im Schatten verbargen. Sie war eindeutig kein Mitglied der Drachenjäger, sie war von einer fremdartigen, mächtigen Aura umgeben. Und kaum einer in den Städten des Südens, kein Mitglied der Drachenjäger, hatte schwarzes Haar. Sie musste aus dem Norden stammen.
Sie musterte Lilith ebenso neugierig wie sie von Lilith gemustert wurde, Lilith fragte sich ob ihre Gegenüber Waffen bei sich trug.
"Wer bist du?" fragte Lilith leise, in der Hoffnung, dass die Fremde die gemeine Sprache sprach.
"Willst du meinen Namen wissen? Nur wenn ich deinen Namen ebenfalls erfahre!" sie hatte einen starken nördlichen Akzent, doch sprach sie die gemeine Sprache fehlerfrei.
"Mein Name ist Lilith, Tochter des Nurien."
"Ich heiße Nuy."
Lilith wartete, doch mehr gab die Fremde, Nuy, nicht von sich Preis.
"Woher kommst du?"
"Aus dem Norden, aber das müsste dir ja klar gewesen sein." Ihre Stimme hatte einen spöttischen Unterton.
"Was willst du hier? Der Zugang der Bibliothek ist für unbefugte, nicht Mitlieder des Ordens der Drachenjäger strengstens untersagt."
"Wer sagt, dass ich kein Mitglied bin?"
"Das lässt sich sehr leicht feststellen. Ich bringe dich zum Großmeister, er wird wissen ob du zum Orden gehörst oder nicht." Nuys Reaktion konnte man in keinster Weise falsch deuten, sie wollte nicht zum Großmeister gebracht werden.
"Nein, bitte nicht!" In ihrer Stimme schwang Angst mit.
"Es wird aber von mir verlangt, wenn jemand erfährt, dass ich dich nicht zu ihm gebracht habe, dann habe ich ein sehr großes Problem."
"Keiner wird etwas von mir erfahren und ich werde nicht gesehen wenn ich das nicht will." Sie versuchte spöttisch zu klingen, doch die Angst war deutlich in ihrem Gesicht zu lesen.
"Die Bibliothek ist aber kein Ort wo dich keiner bemerken wird. Jetzt sag mir was du hier willst oder ich sehe mich gezwungen dich sofort zu melden." Liliths Stimme war kalt, gegen ihre eigenen Vorsätze und ihr
Gemüt versuchte sie die Maske einer gefühlslosen Person zu wahren.
Lilith war ein herzliches, herzensgutes Mädchen gewesen bevor sie im Alter von sieben Jahren ins Institut gebracht worden war. Sie hatte von klein auf Geschichten über Drachen geliebt, die Fähigkeiten der Drachenjäger waren ihr mit in die Wiege gelegt worden. Trotzdem hatten sich ihre Eltern geweigert, sie ins Institut zu bringen, doch schließlich blieb ihnen keine andere Wahl. Die meisten Kinder aus Drachenjägerfamilien kamen im Alter von vier oder fünf Jahren ins Institut, Lilith war ihren Altersgenossen bei ihrer Ankunft um mehr als zwei Jahre hinterher gewesen, doch sie hatte erstaunlich schnell aufgeholt. Sie hatte mit einem Ehrgeiz gelernt und gekämpft, dass sie nun sogar noch weiter als die anderen in ihrem Alter war. Der Großmeister hatte beschlossen, sie in wenigen Tagen, noch vor Beendigung ihres sechzehnten Lebensjahres mit auf eine Drachenjagd zu schicken. Es kam nicht gerade oft vor, dass ein Schüler unter achtzehn Jahren für Fähig erklärt wurde und an einer Jagd teilnehmen würde.
"Nun ich bin wegen dir hier, Lilith Tochter des Nurien. Erbin der begabtesten Drachenjägerfamilie." Sie unterbrach sich kurz als sie bemerkte, dass Lilith ihr widersprechen wollte. Doch sie wischte den unausgesprochenen Widerspruch mit einer schnellen Handbewegung weg. "Sie haben von deinem Talent gehört und hoffen, dass du eines Tages genug Macht hast um ihnen zu helfen." Diesmal ließ sie Lilith zu Wort kommen.
"Wer sind sie?"
"Das werde ich in diesem Institut nicht aussprechen."
Langsam aber sicher wurde Lilith misstrauisch. "Ich vertraue dir nicht und glauben werde ich dir erst recht nicht. Ich werde dich melden, der Großmeister soll entscheiden was mit dir geschehen wird." Lilith bewegte sich schnell auf Nuy zu und packte ihren Arm. Im ersten Moment war Nuy zu erstaunt um zu reagieren, doch dann befreite sie sich schnell von dem Griff.
"Versuch es gar nicht erst, ich lasse mich nicht so einfach, gegen meinen Willen, zu jemandem bringen. Und wenn du mich nicht anhören willst und mir auch keinen Glauben schenken wirst, so merke dir wenigstens die Botschaft des Mächtigen! 'Wir erwarten dich Lilith Tochter des Nurien und du wirst zu uns kommen. Eines Tages bringt die Schicksalsgöttin Elaisa dich zu uns.' Vergiss diese Worte nicht und selbst wenn du versuchst sie zu vergessen wird es dir nicht gelingen." Kurz verstummte Nuy. "Ich verschwinde jetzt, wenn keiner mich bemerkt musst du auch keinem von mir erzählen." mit diesen Worten verschwand sie so plötzlich wie sie aufgetaucht war und ließ Lilith vollkommen erstaunt zurück.
Was hatten diese Worte zu bedeuten? Und warum kam ihr der Name der Schicksalsgöttin Elaisa so bekannt vor? Zu welcher Religion und somit zu welchem Volk gehörte diese Göttin?
"Zu so später Stunde noch hier Lil?" Die ihr nur zu bekannte Stimme riss sie plötzlich aus ihren Gedanken.
Wie aus dem Nichts war ihr früherer Mentor und heutiger Trainingspartner und engster Vertrauter aufgetaucht. Er war fast zwanzig Jahre alt und hatte die letzten sechzehn Jahre im Institut verbracht. "Musst du mich immer so erschrecken? Sei froh, dass ich keine Waffe bei mir trage, sonst hätte ich dich aufgeschlitzt." Innerlich war Lilith froh einen vertrauten Menschen zu sehen, er nahm dem ganzen Geschehen das Irreale.
"Davor hätte ich dich getötet. Wenn wir draußen sind solltest du nicht so in Gedanken versunken sein, das könnte den Tod für dich bedeuten." Freundschaftlich legt er seinen Arm um ihre Schultern und mustert sie besorgt. "Sagst du mir was los ist Lil? Du bist bleich wie ein Betttuch!"
"Es ist nichts. Zumindest nichts von großer Bedeutung. Ich bin nur müde und habe seit Stunden nichts mehr gegessen." Sie hoffte ihr überzeugen zu können und es war nicht einmal gelogen. Seit Tagen war sie bis spät in der Nacht auf den Beinen und verpasste die eine oder andere Mahlzeit weil sie die Zeit vollkommen vergaß. Kurz vor dem Beginn ihrer ersten Jagd wollte sie so viel wie möglich trainieren.
"Das ist nicht gesund was du machst, du brichst noch zusammen und dann darfst du nicht mit. Komm Lil, wir holen dir noch etwas zu Essen und dann gehst du schlafen." Sein Arm war immer noch um ihre Schultern gelegt, doch jetzt wirkte er eher wie ein großer Bruder der sie beschützen wollte. Auf diese Weise dirigierte er Lilith vorsichtig aber bestimmt aus der Bibliothek.

***

Hallo ihr Liebe,
ich nehme mit diesem Buch am Wettbewerb "Erzaehl es uns 2" von Piper teil, deshalb würde ich euch bitten vor allem für dieses Kapitel zu voten. Die Votingphase ist vom 20. Oktober bis zum 18. November, also zählen vor allem die Stimmen die in dieser Zeit abgegeben werden. Die Votes vom ersten Kapitel zählen, der Rest ist nicht so wichtig.
Außerdem würde es mich wirklich freuen wenn ihr dieses Buch teilt, damit mehr Leute es sehen.

Schon mal ein großes Dankeschön an alle.
Sommerblumenwiese

Und ich danke CountxngStars für das wundervolle Cover

DrachenfeuerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt