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„Lilith." Jemand schüttelte sie leicht an der Schulter. „Kleiner Drache." Dieser jemand hörte nicht auf damit. Lilith öffnete ihre Augen nur ein kleines Stückchen, dann fiel sie der Person um den Hals. Beruhigend legte er seine Arme um dich.
„Theo, ich dachte schon er wird gewinnen. Bring mich hier weg, bring mich von ihm weg!" Lilith fing wieder zu schluchzten an.
„Beruhig dich kleiner Drache, so kann ich dich nicht wegbringen. Wir beide verschwinden noch heute Nacht, zusammen mit Jack und fünf anderen. Der Rest der Gruppe folgt uns kurz nach Sonnenaufgang." Er flüsterte die Worte nahe bei ihrem Ohr.
Noch einen Moment verharrte Lilith in der schützenden Umarmung ihres Großcousins, dann drückte sie ihn ein bisschen von sich und wischte sich die Tränen vom Gesicht. „Habt ihr meine Waffen?" fragte sie dann.
„Ja, die Pferde müssten schon gesattelt sein und unser Gepäck ist sicher auf ihnen verstaut. Der Meister wird uns durch die Tür in der Mauer lassen, wir bringen dich hier weg." Er half Lilith vorsichtig beim Aufstehen, stütze sie als sie im ersten Moment strauchelte. „Geht es?" Lilith nickte, atmete einmal tief durch, dann liefen sie schnell und leise aus dem Raum. Den Turm zu verlassen war leichter als gedacht. „Die Wachen werden noch bis morgen Mittag schlafen." Flüsterte Theodor als sie an zwei schlafenden Wachen vorbeikamen.
Draußen im Hof war es nahezu still, natürlich brannten an manchen Stellen Fackeln oder kleine Feuer, doch sie konnten ihn unbemerkt überqueren.
An der kleinen Tür in der Mauer warteten schon sieben Drachenjäger mit acht Pferden. Jack reichte ihnen wortlos zwei Mäntel, diese waren auch Teil ihres Gepäckes gewesen. Aufgrund ihrer schwarzen Farbe, würden sie sie noch besser verstecken. Lilith zog sich die Kapuze des Mantels über ihre hellen Haare.
„Wir treffen uns an der vereinbarten Stelle." Der Meister sah Theodor streng an, dieser nickte nur.
Dann gingen sie einer nach dem anderen durch die Tür, Theodor ritt vorne, die anderen folgten ihm schweigend. Auch sie näherten sich dem Wald, wandten sich aber noch am Waldrand nach Westen. Versteckt unter den Bäumen ritten sie in diese Richtung, bis sich vor ihnen ein breiter baumfreier Streifen auftat. Dort wandten sie sich nach Norden.
Nach dem sie eine ganze Weile geritten waren, gab Theodor das Zeichen für einen kurzen Stopp. „Wir müssen noch ein Stückchen nach Norden, dann kommen wir zu einer Furt, nahe der Furt ist es sehr felsig, dort liegen viele Findlinge, das ideale Versteck für uns. Wir werden dort warten, bis der Meister uns morgen, durch ein Vereinbartes Signal mitteilt, dass die anderen da sind." Die anwesenden nickten oder brummten zustimmend.
Dann gab Theodor seinem Pferd wieder die Sporen, die anderen folgten seinem Beispiel.

„Ihr beide übernehmt die erste Wache, Jack, du folgst mit mir in der zweiten Wache. Ich denke, dann sollte es zu dämmern beginnen. Ihr anderen versucht zu schlafen." Sie waren auf einer versteckten Wiese angekommen, sie war zwar nicht groß, bot aber genug Platz für die Drachenjäger und ihre Pferde.
„Lil, ich verlange nicht, dass du mir erzählst was war, doch wenn du darüber reden möchtest, dann kannst du jederzeit zu mir kommen." Theodor hatte sich neben das junge Mädchen auf den Boden gesetzt.
„Danke, aber ich glaube ich versuche erstmal zu schlafen." Lilith sah zu ihm auf, sie hatte sich unter ihren Mantel gekuschelt, wollte einfach nur in den Arm genommen werden doch wagte es nicht dies zu sagen.
„Bis zu meiner Wache pass ich auf dich auf, weder ein Mensch, noch ein Drache, noch ein böser Traum kommt an mir vorbei." Mit diesen Worten legte Jack beide Arme von hinten um sie. Dankbar entspannt Lilith sich, ohne vorher überhaupt gemerkt zu haben, dass sie sich angespannt hatte.
Die restliche Nacht verlief ruhig und traumlos, Lilith war in einen tiefen Schlaf gesunken, sie merkte nicht einmal, dass Jack sie los lies als seine Wache begann.
Am nächsten Morgen wurde sie von einem warmen Sonnenstrahl geweckt, die Welt sah so friedlich aus, sie ließ den vergangenen Abend unecht wirken. Wenn man so einen Morgen erlebte, konnte man kaum glauben, dass etwas Böses passiert war, passierte oder passieren würde.
„Ich habe Brot und etwas Obst, ich glaube die Fürstin hat uns auch noch etwas Kuchen aus der Küche eingepackt." Theodor durchsuchte angestrengt seine Satteltasche und hielt dann triumphierend ein Päckchen in der Hand. Lasst uns Frühstücken, wir haben höchstens noch eine Stunde bis die anderen da sind.
„Lil." Jack war zu ihr getreten und drehte vorsichtig ihren Kopf. Die Gesichtshälfte, die am Vorabend zwei Schläge abbekommen hatte zeigte nun zu ihm.
„Arg schlimm?" fragte Lilith, obwohl der Schmerz immer noch durch ein leichtes Pochen präsent war. Auch hatte sie das Gefühl, dass eine Schwellung unterhalb ihres Auges ihre Sicht minimal verringerte.
Jack strich vorsichtig über die Wange. Lilith verzog leicht das Gesicht. Theodor war ebenfalls zu ihnen getreten. „Es ist angeschwollen und wird wohl noch einige Tage zu sehen sein. Hat er dich noch irgendwo hin geschlagen?" er klang besorgt.
Lilith nickte und legte eine Hand auf ihren Bauch. „Aber das tut nicht mehr weh, ich glaube die Montur hat mich dort vor dem schlimmsten bewahrt."
Theodor nickte. „Das hätte nicht passieren dürfen, meine Arme kleine Großcousine." Wieder nahm er sie in den Arm. „Aber wir können froh sein, dass er dich nicht länger in seiner Gewalt hatte. Ich will mir gar nicht vorstellen, was er mit dir gemacht hätte, wenn du ihm nicht gehorcht hättest."
„Wenn er mir das nächste Mal zu nahe kommt werde ich bewaffnet sein. Da werden ihm seine Wachen nicht mehr helfen können und seine eingerosteten Drachenjägerreflexe erst recht nicht." Lilith lehnte ihren Kopf an die Schulter des jungen Mannes.
„Das nächste Mal beschütze ich dich kleiner Drache. Aber jetzt sollten wir erst einmal essen, wir sollten Aufbruch fertig sein, wenn der Meister eintrifft." Diese Worte galten jetzt allen, aber da ausnahmslos alle schon auf den Beinen waren, schien dies kein ernsthaftes Problem zu werden.

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