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Am Morgen trennten sich die Gruppen ohne viele Worte voneinander, sie würden das Revier von verschiedenen Richtungen betreten, wer etwas bemerkte würde ein Signal von sich geben. Die Pferde versteckten sie unweit des Platzes wo sie geschlafen hatten, zwei Drachenjäger würden sie bewachen. Zu laut wären die Hufe, zu auffällig. Wieder gingen Lilith und Jack mit Theodor, auch Anna und Carlo waren bei ihnen. Damit die Gruppe nicht nur aus jüngeren Drachenjägern bestand, hatte der Meister zwei der älteren zu ihnen beordert. Nur Theodor und einer der älteren waren bereits bei einer Jagd dabei gewesen.
Sie würden das Revier des Drachen von Westen betreten, Theodor führte die Gruppe an. Sie alle hatten ihre Bögen gespannt in der Hand, die Hälfte von ihnen hatte einen Drachenpfeil in die Sehne gelegt, die andere Hälfte normale Pfeile. Nun wagte es keiner mehr zu sprechen, sie verständigten sich mit Gesten, darauf bedacht so leise wie möglich zu sein. Und das konnten Drachenjäger wahrlich. Sie hatten den Bergsattel überquert, vor ihnen lag ein Wald, von oben konnten sie eine Lichtung in der Mitte des Waldes entdecken, sie war mit Sicherheit durch das Feuer eines Drachen entstanden. Sehen konnten sie den Drachen allerdings nicht, wenn er hier war, so versteckte er sich.
Da alle Gruppen noch recht nah beieinander waren, bedeutete der Meister einer zweiten Gruppe, dass sie zu ihm kommen sollten. Sie würden die Umgebung um den Wald absuchen, vielleicht würden sie eine Höhle in einem der Berge finden. Die anderen beiden Gruppen würden den Wald aus verschiedenen Richtungen betreten.
Schnell umfing das gedämpfte Licht des Waldes sie, die Bäume standen teilweise dicht beieinander, die Baumkronen sahen aus, als wären sie miteinander verwachsen. Theodor führte die Gruppe an, er bewegte sich vorsichtig, rechnete immer damit, dass etwas sich ihnen nähern würde.
Sie waren schon ein ganzes Stück in den Wald gegangen, als sie ein Rauschen hörten. Es klang so, als würde über ihnen etwas fliegen. „Ein Drache." Formte Theodor lautlos mit seinen Lippen, die anderen nickten, sie hatten den gleichen Gedanken gehabt.
Jetzt waren sie noch angespannter, versuchten durch die Blätter den Himmel zu sehen, rechneten mit einem Schatten der über sie hinweg glitt. Doch sie sahen nichts, sie versuchten noch leiser zu sein als sie weiter gingen.
Ein lautes Brüllen brachte sie wieder zum Anhalten, sie suchten das Blätterdach nach einem Schatten ab, konnten aber nichts entdecken. Auch hatte der Schrei nicht so geklungen, als wäre der Drache genau über ihnen gewesen. Wieder ein Brüllen, dann ein Schrei, eindeutig Menschlich.
„Er greift eine Gruppe an, ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube die andere hier im Wald." Jetzt wagte es Theodor laut zu sprechen, die anderen nickten. Auch störte es sie nun nicht mehr, dass man sie hören konnten. So schnell es mit gespannten Bögen in einem Wald möglich war, rannten sie in Richtung des Brüllens.
Als eine Flamme den Himmel über ihnen erhellte, wussten sie, dass sie es fast geschafft hatten. Theodor bedeutete ihnen leiser zu sein, nach wenigen Schritten sahen sie die Lichtung zwischen den Bäumen. Auf der Lichtung waren einige Drachenjäger wie viele der Gruppe noch da waren, konnten sie nicht erkennen. Ein Schatten legte sich über sie, eine Flamme schoss in ihre Richtung. Als das helle Licht verschwunden war, sahen sie zwei brennende Kadaver, sie waren nicht schnell genug gewesen. Lilith musste Schlucken, wie sollte sie so einen Pfeil schießen können? Ihre Hände zitterten, vor Angst und vor Scheck. Das was sie gesehen hatte, war alles andere als angenehm gewesen.
Theodor lief weiter, unter den Bäumen am Rand der Lichtung hob er seinen Bogen an, spannte ihn und zielte. Der Drachenpfeil schoss leise summend in die Luft, das Brüllen das kurz darauf folgte, lies sie vermuten, dass er sein Ziel getroffen hatte. Schnell ging er einige Schritte zurück, doch die erwartete Flamme blieb aus. Zögerlich folgten die jüngeren Drachenjäger seinem Beispiel, wohingegen die älteren ohne zu zögern Pfeile in die Luft schossen.
Lilith trat unter die Bäume am Rand der Lichtung, nur schemenhaft sah sie ihn, ihren ersten Drachen. Er flog über die Lichtung, suchte nach seinen Angreifern. Seine Schuppen funkelten im Licht, grün und gelb. Die blauen Schuppen an seinem Bauch konnte man nur schwer erkennen. Lilith reagiert fast von selbst. Sie spannte ihren Bogen, zielte auf den Drachen, eine seiner Schwachstellen waren die Flügel, sie konnte man mit genug Kraft auch mit einem normalen Pfeil durchbohren. Ihre Hände zitterten nicht mehr, sie war dabei das zu tun, wozu sie Jahrelang ausgebildet worden war. Das Jagen von Drachen lag ihr im Blut, sie war eine Drachenjägerin aus einer der alten Drachenjägerfamilien. Der Pfeil flog schnell, für einen Moment hatte Lilith Angst, ihr Ziel verfehlt zu haben. Der nächste Pfeil wanderte schon an seine Position. Als sie erneut zielte, sah sie Pfeil im Flügel des Drachen, sie musste getroffen haben.
„Beeilt euch, er wird jeden Moment weg fliegen." Theodor rief laut, ungeachtet der Gefahr die dies mit sich brachte.
Ein weiteres Brüllen, der Drache flog über die Lichtung, präsentierte sich Lilith in seiner ganzen Größe. Ihr Pfeil flog durch die Luft und bohrte sich durch den anderen Flügel. Auch die Pfeile der anderen flogen in diese Richtung, die meisten trafen ihr Ziel, nur die wenigsten flogen vorbei oder wurden vom Schwanz des Drachen aus der Bahn geworfen. Nun flog der Drache einen Bogen, er drehte sich zu ihnen um.
„Lauft." Schrie Theodor noch, Lilith rannte, stolperte über eine Wurzel und landete unsanft auf dem Boden. Sie spürte die Hitze des Feuers, sah das helle Licht über sie hinwegfegen.
„Jack?" Ihre erste Sorge galt ihrem Kampfpartner, sie hatte ihn aus den Augen verloren. Wo war er hingerannt? Hatte er die Flamme überlebt?
„Geht es dir gut Lil?" erleichtert atmete sie auf als sie eine Stimme hörte.
Keine Minute später tauchte er in ihrem Blickfeld auf. „Bist du verletzt? Die Flamme ist direkt über dich drüber, ich hatte solche Angst um dich." Jack musterte sie besorgt.
„Ich glaube mit mir ist alles in Ordnung, aber ich bin mir nicht ganz sicher." Lilith setzte sich auf.
„Hast du Schmerzen?"
„Nein, alles scheint in Ordnung zu sein. Jack, wir dürfen nicht hier rumsitzen, wir müssen den anderen helfen." Jack stand auf und streckte ihr die Hand entgegen. Kaum das Lilith stand, hob er ihren Bogen auf und reichte ihn ihr.
„Sei froh, dass kein Pfeil in der Sehne war." Meinte er dann.
Lilith nickte, sie hatte mehr Glück als Verstand gehabt. Die anderen ihrer Gruppe waren verschwunden. „Sie sind über die Lichtung gelaufen, der Drache hat den Wald verlassen." Lilith nickte.
So schnell sie konnten rannten sie durch die Bäume, vorbei an verkohlten Grasflecken.

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